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  • Day 1

    Aufwärmrunde

    September 21, 2020 in Germany ⋅ ☀️ 25 °C

    Weingeruch empfängt mich in der Garage. Eine Flasche ist aus dem Regal gepurzelt und zersprungen. Vorsichtig kehre ich die Scherben auf und schiebe das Rad in die Sonne. 19,3 Kilo landen heute Vormittag an meinem neuen Trekkingrad. Ich bin aufgeregt und kann es kaum erwarten los zu fahren. Ein letzter Kaffee im Stehen, dann starte ich mein kleines Abenteuer direkt vor der Haustür.

    Ich brauche ein paar Meter, um mich an das Gewicht des Rades zu gewöhnen. Abends werde ich noch mehr Druck auf die Reifen geben müssen. Ich brauche keine Karte, der Weg heute ist einfach. Schnell lasse ich die ersten Straßen hinter mir und gelange in den Bochumer Westpark. Jetzt geht es immer geradeaus. Das neue Rad fährt sich trotz Zuladung super. Was für ein Unterschied zum 40 Jahre alten Carrera-Rad! Mit 29 km/h fahre ich über die Erzbahnschwinge bis zur Zoom-Erlebniswelt in Gelsenkirchen. Von hier aus geht es über trockene Kieswege immer am Rhein-Herne-Kanal entlang nach Datteln. Die Taschen sitzen noch nicht optimal und wackeln. Ich justiere ein paar Mal nach, dann wird es besser. Eine schlecht ausgeschilderte Umleitung führt mich durch die Reeser Mark bis ich wieder auf den Kanal stoße.

    Ich habe viel Zeit und trete langsam vor mich hin. Zweimal setze ich mich am Wasser in die Sonne. Ich übe Langsamkeit. Entspannte 70 Kilometer werde ich die nächsten Tage jeweils zurücklegen. Coronabedingt habe ich alle Campingplätze vorgebucht.

    Am Wasser gibt es immer wieder Biergärten, montags bleiben sie alle dicht. Nach 45 Kilometern bin ich warm gefahren und bekomme gegen halb zwei doch noch ein alkoholfreies Weizen direkt am alten Schiffshebewerk in Henrichenburg. Das Museum ist aber geschlossen.

    Noch ein Stück an der Bundesstraße entlang, schon ist die heutige Etappe geschafft. Das Zelt bleibt noch in der Tasche. Ich bekomme ein Bett bei Tina in einem gemütlichen Zechenhaus direkt unterm Dach.

    Heute war das Wetter super, aber es soll wechseln. Ich habe die Hoffnung, dass ich in dem großen Outdoorladen noch eine lange Radhose bekommen, aber er ist wie leergefegt. Räder und Zubehör seien nur noch schlecht zu bekommen... Wir gönnen uns ein Eis und verquatschen den Nachmittag unter einem großen Maulbeerbaum am Teich. Gegen 19 Uhr beginne ich in meinen kurzen Sachen zu frösteln und ich frage mich, ob ich gut genug ausgestattet bin für die nächsten Tage im Freien. Ich bin froh die dicke Jacke eingepackt zu haben.

    Um 22 Uhr 30 krabble ich die Stiege zu meinem Bett hoch und kuschel mich mit den ersten Anzeichen von Muskelkater in Armen und Beinen ins Bett. Die dicke Decke würde ich gerne mit auf meine Reise nehmen, aber der Schlafsack wird bestimmt auch ausreichen. Hoffe ich.
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