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  • Day 174

    Pichincha

    February 27, 2010 in Ecuador ⋅ 12 °C

    Wow! Einfach nur wow!

    Ich ärgere mich ja schon ein bißchen, dass ich jetzt doch nicht mehr so viel von Ecuador sehen kann, wie ich möchte. Auch wenn es eines der kleinsten Länder Südamerikas ist, hat es doch so viel zu bieten. Ok, ich kann nicht klagen: Meer, Dschungel, Quito. Das ist schon was, wenn man nebenher noch einen Sprachkurs macht UND arbeitet. Meine heutige Tour beweist, wie viel allein in bzw. um Quito zu sehen ist.

    Ich schließe mich einer Gruppe von 9 Studenten an. Wir wollen, wie 1802 bereits Alexander von Humboldt, auf den "Pichincha", dem 4.690 m hohen "Hausberg" Quitos klettern. Auf der Fahrt zur höchsten Seilbahn Südamerikas, der "TeleferiQo" (das Wort ist ein Mix aus dem spanischen Wort für Seilbahn, "Teléferico", und "Quito") werden wir vom Taxifahrer gelinkt. 5 $ will er haben für die Fahrt, die normal nur 3 $ kostet. Auch das viele Diskutieren hilft nichts und so zahlen wir zähneknirschend. Dann noch 8.50 $ für die Seilbahn - Ecuadorianer zahlen hier nur 3 $. Auch gut.

    Nach etwa 8 Minuten Fahrt von 2.950 m auf 4.050 m brauch ich erst mal Zucker - Coca Cola wird hoffentlich ihren Dienst tun. Nach 1 Woche auf 300 m Höhe merke ich den Höhenunterschied schon wieder. Es war sicher auch nicht hilfreich, die Nacht davor erst um 3.30 ins Bett zu gehen. Aber Yvet, eine andere Studentin, und ich haben, wie berichtet noch unseren Geburtstag nachgefeiert und beim Salsatanzen vergesse ich einfach die Zeit....

    Ich überlege also noch, ob ich überhaupt mitwandere oder es mir einfach hier bequem mache und die Aussicht genieße. Nach der Cola fühle ich mich aber schon viel besser und so laufe ich erstmal mit.

    Nach einer halben Stunde Fußmarsch treffen wir auf ein paar Pferde und ich verliebe mich gleich in "Cariñosa" (= liebevoll, herzlich, zärtlich o.ä.). Unsere Gruppe beschließt, den 20-minütigen Ausritt zu einem kleinen und wirklich unspektakulären Wasserfall zu machen. (Ehrlich gesagt hab ich den Wasserfall fast übersehen, so klein war der!!) Weitere 5 $. Das ist eine ganz schön kostspielige Wanderung!

    Im Anschluss, es war bereits kurz vor 11, laufen wir endlich weiter. Unterwegs frage ich ein ecuadorianisches Paar, wie weit es bis auf den "Pichincha" ist. "Etwa 4 Stunden von hier - einfache Strecke." Na das sind ja Aussichten! Wir müssen ja auch noch zurück. Wir wollen aber nicht gleich umkehren und beschließen, noch ein Stück zu laufen - bis zum nächsten Hügel. Dort treffen wir auf weitere Wanderer. "Etwa 1,5 Stunden bis zum Aussichtspunkt, dann muss man klettern" meinen diese, als ich sie nach der Dauer der Wanderung frage. Das hört sich schon besser an und bis dahin wollen wir es jetzt doch noch schaffen.

    Unsere Gruppe hat sich zwischenzeitlich geteilt. Vier, zu denen auch ich gehöre, bilden die Vorhut, die anderen lassen es langsamer angehen. Wir 4 Freunde "spurten" los. Als wir kurz darauf auf einen weiteren Wanderer treffen, sagt dieser abermals, es wären 1,5 Stunden und dann müsste man klettern, man wäre dann aber schon am unteren Kraterrand. Dann ginge die Kletterei los und er spüre deswegen seine Finger nicht mehr, weil der Nebel so kalt ist. Im übrigen würde man eh nichts sehen, weil es so eine Suppe hat. Ok, wir haben also ein neues Etappenziel, das wir erreichen wollen. Wir müssen ja nicht ganz rauf.
    Wir laufen weiter und die Wanderung wird immer schöner: der Blick über Quito, die abwechslungsreiche Vegetation und kleinen Pfade vorbei am Vulkanmassiv machen diese Wanderung zu einer der schönsten, die ich je gemacht habe.

    Ich wundere mich über meine Kondition. Wir wandern wirklich zügig aber ich habe keinerlei Probleme - ganz im Gegenteil. Es wird immer einfacher. Nur das letzte Stück über den Vulkansand ist sehr anstrengend, weil man ständig einsinkt und es dabei steil nach oben geht. Aber die Mühe lohnt sich! Wir sind zwar etwas entäuscht, daß wir im Krater nur die neblige Suppe zu sehen bekommen, aber eine kleine Fotosession machen wir trotzdem. [Bilder sind noch in Ecuador] Und als wir so am Bilderknipsen sind, lichtet sich der Nebel und wir können immer tiefer in den Krater blicken. Toll! Tom, einer unserer Truppe ist noch weiter geklettert und wir können ihn oben auf der Spitze sitzen sehen. Er ruft herunter, dass es da oben noch toller sei. Also hinterher! Da gerade kein Nebel das Klettern erschwert, macht das auch richtig Spaß und wir kommen bald am Gipfel an. Und tatsächlich: es hat sich gelohnt, die Aussicht ist atemberaubend. Noch schnell ein paar Fotos knipsen und schon sind wir vom Nebel eingehüllt. Jetzt sollten wir aber schleunigst nach unten, es wird sehr ungemütlich hier oben - kalt-naß und nach unten klettert es sich schwerer als rauf.

    Ich bin froh, dass meine Schwester und ich als Kinder ständig wie von den Wepsen gestochen durch die südtiroler Bergwelt gesaust sind, so bin ich (relativ) trittsicher - ein paar Steinlawinen trete ich dennoch los. Hoffentlich ist da unten grad keiner! Die anderen tun sich teilweise sehr schwer. Wir folgen einem ecuadorianischen Pärchen, was wir besser hätten bleiben lassen - der Typ sucht ständig die umständlichste Route raus, was oft schon fast lebensgefährlich ist. Durch den dichten Nebel sehen wir auch keine 5 Meter weit und es gibt keinen Pfad, nach dem wir uns richten können. Nach einigen fast verusachten weiteren Lawinen und zahlreichen Rutschpartien, erreichen wir endlich wieder den Wanderweg.
    Zügig marschieren wir zurück. Der Weg kommt mir endlos vor, aber wir sind alle überglücklich und stolz, dass wir es gemeistert haben und dabei so viel Glück mit dem Wetter hatten. Auf dem Rückweg sehen wir auch noch Kondore und Hasen. Ein schöner Abschluss. Und als wir endlich am "TeleferiQo" ankommen, stellen wir fest, dass wir für die Wanderung insgesamt nur 5 Stunden gebraucht haben - und wir wollten fast umdrehen wegen der Fehlinformation der Ecuadorianer*. Jetzt aber heim! Wir sind alle hungrig und durchgefrohren und so gönnen wir uns nach einer heißen Dusche eine Essen beim Mexikaner. Lecker!

    Am Abend gehen wir noch aus. Es ist Abschied eines der Mädels. Diesmal kann ich es aber nicht wirklich genießen. Ich bin müde und fertig. Meine Beine wollen sich nicht zum Takt der Musik bewegen, aber sitzen geht auch nicht - da schlafe ich fast ein. Also heim. Ich mache noch einen Abstecher in meiner Salsaschule, wo, wie jeden Freitag und Samstag, eine Party steigt. Aber ich halte nicht mal einen Tanz durch und so gehe ich schließlich hundemüde aber glücklich ins Bett.
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    * Hatte ich von einer der typischen Eigenschaften der Ecuadorianer schon erzählt? Nein? Dann wird es Zeit. Ecuadorianer wissen alles. Das glaubt ihr nicht? Dann fragt mal einen Ecuadorianer nach dem Weg. Man bekommt niemals die Antwort "Ich weiß es nicht!" Wenn man also einen Ecuadorianer nach dem Weg fragt, wird man IMMER aber auch IMMER eine Antwort bekommen: "In diese Richtung 4 Blocks". Wenn man dort dann ankommt und die Adresse nicht findet und sich bei einen weiteren Ecuadorianer erkundigt wird dieser sagen: "In diese Richtung 3 Blocks" und ggf. in eine ganz andere Richtung deuten. Wenn man das weiß ist es ja ok, dann frägt man einfach gleich mal 3 Leute unabhägig voneinander und wenn alle drei in die gleiche Richtung deuten, kann man es mal wagen. Wenn man das nicht weiß... na ja, dann könnte man sich ganz schön über die Ecuadorianer ärgern... Diese ärgern sich allerdings auch über uns, wenn wir so gar nicht hilfsbereit sind und "Ich weiß es nicht" sagen.
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