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  • Day 146

    City by the bay: San Francisco

    January 30, 2020 in the United States ⋅ ☁️ 13 °C

    San Francisco ist wunderschön, unbezahlbar und gleichzeitig eine Stadt der Armut. Mich erwartete zunächst einmal ein Kulturschock, den ich so nicht erwartet hätte: Obdachlosigkeit war mir bereits auf O'ahu aufgefallen - die enormen Ausmaße in San Francisco allerdings bleiben beispiellos. Mitten im Zentrum sind ganze Zeltstädte mitten auf den Fußwegen, kaum eine Straße beherbergt nicht mindestens einen Obdachlosen. Doch diese haben in der Regel nicht einfach nur kein Dach über dem Kopf, sondern sind mental jenseits von Gut und Böse. Was teilweise lustig anmutet, wenn seltsam angezogene Menschen zu imaginären Melodien in ihren Köpfen durch die Straßen tanzen oder Gespräche mit ebenso wenig anwesenden Personen führen, ist in Wirklichkeit traurige Realität von massivem Drogenmissbrauch. Denn wenn sie nicht gerade ihrer eigenen Stimme hinterherjagen, laufen sie nicht selten eingenässt oder gar ohne Hose durch die Straßen, liegen noch mit der Nadel in der Hand am helllichten Nachmittag mitten in San Francisco oder sind auf der Suche nach Essbarem, Kleidung oder irgendetwas, das sich zu Geld machen lässt. Gleichzeitig ist San Francisco aber auch mit die teuerste Stadt der USA, bedingt durch die Nähe zum Silicon Valley und die geographische Begrenztheit der Halbinsel, was das Preisniveau v. a. von Immobilien ins Unermessliche steigert.
    Raus aus Downtown über die berüchtigten Hügel der Stadt stilecht mit einem echten "cable car" gleicht es fast einer Befreiung, der beklemmenden Stimmung in der Stadt zu entkommen und die Weite des Pazifiks am "Lands End" vorzufinden. Die natürliche Hafenbucht nebenan, die die meiste Zeit mit Nebel verhangen ist rund um die Golden Gate Bridge, ist nämlich definitiv ein Highlight, ebenso wie ein Spaziergang darüber auf die andere Seite oder die, wenn auch sehr touristisch überstrapazierte, Promenade rund um den Pier 39, der mehr an einen Jahrmarktrummel erinnert als an ein authentisches Hafenviertel.
    Für mich überzeugt die weltoffene und liberale Stadt, in der scheinbar alles erlaubt zu sein scheint, leider nicht im Inneren, dafür in den Randgebieten durch schöne Natur kombiniert mit geschickter Architektur. Seit dem Beginn meiner Reise habe ich mich kaum irgendwo unsicherer gefühlt als in den ach so fortschrittlichen Staaten - wo der Fortschritt nur dem privilegierten "funktionierenden" Teil der Bevölkerung gilt, der Rest wird herzlos zurückgelassen und ohne jede Absicherung sich selbst überlassen.
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