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  • Tag 2 gemeistert

    June 25, 2019 in Spain ⋅ ⛅ 21 °C

    Allgemeine Definition vom Jakobsweg: „Pilgerweg als Bestandteil eines (historischen) Systems europäischer Pilgerwege, die in Santiago de Compostela (Spanien) enden.
    Meine Definition vom Jakobsweg: „Entschuldigung, diese Route konnte leider nicht gefunden werden || Es tut uns sehr leid Ihnen mitzuteilen, dass unsere Herberge bis auf weiteres geschlossen hat“
    Aber eins nach dem anderen. Heute war der große Start meiner Reise. Mit dem Zug machte ich mich auf nach Hendaye und von Hendaye soll es nun ca 830 km bis nach Santiago de Compostela gehen. Bei mir sind es schon nicht mehr „nur“ 830 km, ich habe die Zahl auf mindestens 840 km erhöht. Warum? - das erfahrt ihr später. Schon als ich aus dem Bahnhofsgebäude rauskam, stand ich mit meinem Reiseführer auf Kriegsfuß „bitte biegen sie halb rechts ab“ - WAS ist halb rechts? Warum werden rechts und links noch einmal geteilt? (Denn schon als Ganzes sind sie schwer zu verstehen. )
    Beim Jakobsweg soll man sich doch eigentlich Gedanken um sich selber machen und seine eigene Sicht auf das Leben. Die einzigen Gedanken die ich heute hatte waren:
    „Hier soll eine Kapelle kommen... wo ist die Kapelle? Besteht eine Möglichkeit, dass sie gestern Abend abgebrannt ist...?“
    „Was guckst du mich so komisch an?! Noch nie ein schwitzendes Mädchen gesehen du alter Opa?!“
    „Ist das mein Achselschweiß der hier so riecht oder doch meine Käsefüße?“
    „Nicht schon wieder halbrechts - neeeein“
    „Hoffentlich muss ich nicht bald kacken, hier sind keine Toiletten in Sicht“
    „Hab ich meine Schuhe eigentlich imprägniert?? (Wahlweise noch dazu: soll ich diese Frage wirklich auf findpenguins schreiben, obwohl Mama sie dann lesen kann?“)
    Mit diesen Gedanken lief sich mein Weg für heute schnell weg und trotz vielen Pausen, 100 mal umkehren weil ich falsch gelaufen bin und Google Maps befragen, sah ich irgendwann meine Herberge vor mir. So schnell wie meine Freude war, verging sie aber auch (kommt euch dieser Satz noch bekannt vor?): „Es tut uns leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass unsere Herberge bis auf weiteres geschlossen hat“
    Die ganzen tiefgründigen Fragen in meinem Kopf stagnierten und das einzige an was ich jetzt noch denken konnte war: SCHEIßE, SCHEIßE, SCHEIßE! Weitergehen konnte (und wollte) ich nicht: die nächste Herberge wäre dann nämlich erst in 12 km zu erreichen gewesen. Und meine Uhr zeigte mir schon stattliche 16:45 an.
    Was macht man also in Krisensituationen? Genau - erstmal eine Tüte Selbstmitleid auf. Nachdem diese verspeist war, rief ich Mama an. Statt Mitleid von ihr gabs erstmal ein schallendes Lachen. „Ach Lauri, das wird Dir bestimmt noch etliche Male passieren, der Weg ist halt nicht einfach zu meistern!“ (danke, das motiviert ungemein in so einer Situation)
    Schnell fanden wir eine Lösung und buchten ein Hotelzimmer, dass aber 2.9 km entfernt von mir lag, also blieb mir nichts anderes übrig als den Weg noch einmal zum Teil zurückzulaufen.
    Aber hey: doppelt hält besser. Und jeder Gang macht schlank 😄
    Laut meinem Reiseführer sollte ich heute ca 10 km laufen, dank meines Talentes habe ich aber 17 km geschafft!
    Auf den 17 km bin ich aber schon einigen sehr netten Leuten begegnet, die mich darauf hingewiesen haben, (auch ohne das ich gefragt habe) dass ich grad in die falsche Richtung laufe. Hätte es die nicht gegeben, wäre mein Kilometerzähler heute bestimmt schon bei 23 km gewesen.
    Morgen kommen die ersten großen Höhenkilometer zu bewältigen, deshalb werde ich jetzt meine Wanderstöcke schleifen, ausgiebig duschen und dann schlafen gehen.
    Bis irgendwann & euch eine schöne Rest Woche!
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