Satellite
  • Day 18

    Anhängsel

    July 29, 2020 in Switzerland ⋅ ☀️ 17 °C

    Es ist noch ruhig im Zelt. Ausser mir schlafen alle noch. Draussen hört man die frühen Vögel zwitschern und die ersten Sonnenstrahlen treffen auf das Zelt. Zum Glück wird es bald wärmer. Die Matte auf der ich liege isoliert nur mässig und ist zu hart. Eine halbe Stunde später ist es angenehm warm, alle sind wach und das tägliche Prozedere beginnt. Das Zelt habe ich bereits verlassen, es ist in seiner Hülle und die anderen Sachen liegen verstreut um mich herum. Wie jeden Morgen wird nun alles in mich hineingestopft und mein Bauch wächst und wächst. Am Schluss werde ich von allen Seiten fest verschnürt. Dieser Moment ist etwas unangenehm, aber durch die Vorfreude auf den neuen Wandertag, lasse ich dies ohne Gemurre über mich ergehen. Ich werde mühsam angehoben und auf den Rücken meines Tragtiers gehieft. Mit meinem Bauch schmiege ich mich an den Rücken des Lastenträgers, schlinge zum Halt meine Beine um dessen Hüfte und halte mich mit den Armen an den Schultern fest. Es geht los. Und zu meiner Freude starten wir direkt mit dem Aufstieg zum Augstbordpass. Ich liebe es, wenn es nach oben geht. Dann mache ich mich immer besonders schwer, dass ich länger Zeit habe das tolle Panorama zu geniessen. Wenn ich mein Deckelfach ein wenig strecke, sehe ich über den Kopf meines Lastentiers wo wir hinwandern. Ansonsten neige ich mich einfach etwas nach rechts oder links und schaue über dessen Schulter. Es geht bis auf 2800m.ü.M. So hoch war ich noch nicht oft in meinem Leben. Nun kommt der unangenehmere Teil - der Abstieg. Ich fühle mich immer etwas unwohl, wenn ich von hinten oben nach unten schauen muss. Deshalb nutze ich mein Gewicht, um den Träger mit Hilfe der Gravitation so schnell wie möglich nach unten zu schieben. Normalerweise gibts irgendwann ein Halt und ich kann mich endlich erleichtern (Früchte, Brot, Käse, Trockenfleisch usw.), aber heute ist das anders. Die Lastentiere essen in einem Restaurant je ein Stück Fleisch vom Grill mit Salat. Und eines vertilgt im Anschluss sogar noch einen Bananensplit! Danach folgt ein zweiter Aufstieg. Anfangs geht es durch einen schönen Bergwald, danach sehe ich links und rechts von mir schwarze Kampfkühe und im Anschluss überqueren wir Bergmatten und -rampen mit Bächen und Seen. Bei einem See werde ich abgesetzt, aufgerissen und das Equipment wird wieder aus mir herausgeholt. Kurze Zeit später liege ich im Vorraum des Zelts, während die Lastenträger noch baden, essen und sich für die Nacht vorbereiten. Starke Windböen sind aufgezogen und rupfen am Zelt. Ich schlafe ein und träume von meiner Zeit in Patagonien.Read more