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  • Day 303

    Rio de Janerio Teil 1-Karneval

    February 20, 2020 in Brazil ⋅ 🌙 27 °C

    Unser nächster Stopp in Brasilien ist die weltberühmte Großstadt Rio de Janeiro. Besonderes Augenmerk hat die Stadt in den letzten Jahren vor allem durch die Fußball-WM 2014 (bei der Deutschland im Maracana-Stadion Weltmeister wurde) und die olypmischen Sommerspielen 2016. Da bisher fast alle Leute nur von Rio geschwärmt hatten war ich voller Vorfreude auf das was uns alles erwartet. Denn wir sind in Rio nicht nur “klassische“ Touristen auf der Jagd nach den Hauptattraktionen sondern auch Besucher des diesjährigen Karnevals. Der brasilianische Karneval und vor allem der in Rio de Janeiro sollen einzigartig sein!
    Die Fahrt nach Rio war allerdings alles andere als schön. Schon bevor wir überhaupt mit dem Fernbus losgefahren sind standen wir mit dem Linienbus in Florianopolis im Stau. Und es ging nur sehr schleppend voran. Die Zeit lief und lief- es sah nicht so gut aus, dass wir unseren Bus noch pünktlich erreichen. Doch wir haben es tatsächlich just in time geschafft- allerdings nur mit einem Sprint vom nationalen Terminal. Zum Glück lagen die beiden Terminals diesmal nicht weit voneinader entfernt!
    Die Nachtfahrt verlief dann ohne weitere Zwischenfälle und wir erreichten Sao Paulo pünktlich. Nach einem 2h Aufenthalt ging es dann mit einem neuen Bus nach Rio. Nach der Mittagspause begann dann das Chaos. Zuerst gab es einen ewig langen Stau wegen eines Unfalls und dann, kurz vor Rio, begann der Vorkarnevalsverkehr. Für 11km haben wir 1 1/2-2h gebraucht-soo crazy. Eigentlich sollten wir nachmittags um 3 ankommen, letztendlich erreichten wir das Busterminal um 8. Die Fahrt hatte also mehr als 24h gedauert...
    Natürlich war es auch schon dunkel, als wir ankamen- der erste Tag in einer der gefährlichsten Städte und es ist Nacht. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren hatte sich schnell erledigt, wir nahmen ein Taxi und waren sehr froh als wir endlich in der Unterkunft waren!
    Am nächsten Tag war dann erstmal die Besorgung unserer Tickets für den Sambadrome angesagt. Da wir uns sonst nichts vorgenommen haben für den Tag liefen wir etwas ziel-und planlos an der Copacabana entlang. Das Wetter war leider nicht besonders schön um sich gemütlich an den Strand zu setzen. Ziellos in Rio herumzuirren ist leider aber auch keine besonders gute Wahl, da man jeder Zeit in ein Fawela (Armenviertel) laufen und ausgeraubt werden kann. Das war also auch keine Wahl. So fuhren wir nach Downtown auf der Suche nach Straßenparaden, denn heute war offiziell Karnevalsbeginn. Da wir aber nicht genau wussten was wir suchen und uns die Stadt noch nicht so geheuer war beschlossen wir dann doch recht früh wieder ins Hostel zu fahren. Die Entscheidung war auch goldrichtig, da sich das Wetter änderte und es aus Kübeln geschüttet hat als wir aus dem Zug stiegen.
    Die nächsten Tage wollten wir aber mehr mit einem Plan angehen. So recherchierten wir im Internet nach guten Blocos (wie die Paraden hier genannt werden) und fanden eine für den nächsten Morgen. Jamie und Alex, unsere Zimmerpartnerinnen aus Australien kamen mit uns mit, was sehr cool war.
    Karneval in Rio/Brasilien hat leider nicht viel mit Paraden etc. zu tun sondern es geht einfach nur ums eskalieren und saufen. Da die Südamerikaner ja aber sowieso eher ein extrovertiertes Volk ist sind sie von Grund aus lockerer und können ohne viel Alkohol direkt eskalieren. Bei uns Deutschen gestaltet sich das leider etwas schwierig- wir brauchen schon einiges intus um auf das brasilianische Level zu kommen. Wenn du es dann aber geschafft hast ist es ganz cool und du kannst Spaß haben, aber in der Zeit davor ist es ganz schön anstrengend und auch etwas verstörend. So bekommt Basti direkt am Anfang einen Lapdance angeboten und wird schön von zwei Brasilianerinnen im Gesicht abgeschleckt...
    Die australischen Mädels können sich viel schneller fallen lassen als wir und knutschen auch schon rum was das Zeug hält... mamma mia wo bin ich denn da reingeraten?
    Bei einer Bloco gibt es einen Wagen auf dem eine Band steht und Musik spielt (allerdings immer nur ein Lied und das fast pausenlos) und die Leute entweder tanzend hinter dem Wagen herlaufen oder am Straßenrand stehen und dann anfangen zu tanzen. Wir waren meist immer in der Gruppe dabei, die der Musik hinterhergelaufen ist. Oft wurde man selbst angesprochen (Gringo, Gringo) oder wir haben andere Gringos (Weiße) angesprochen. So richtig kommt man aber nicht ins Gespräch wenn man der Musik folgen will.
    Das machen wir also zwei Tage lang mit (Samstag und Sonntag), der zweite Tag war besser als der erste, weil man sich etwas dran gewöhnt hatte-trotzdem ist es so ganz anders wie in Deutschland. Überhaupt nicht organisiert, alles irgendwie chaotisch und naja es geht hauptsächlich eben ums Betrinken. Das Motto bei den Kostümen lautet: je freizügiger desto besser- fast jedes Mädel läuft im Bikinoberteil und Tütürock herum, auf dem Kopf meist noch ein paar Öhrchen oder Blümchen. Auch viele Männer sieht man im Bikini, was allerdings sehr verstörend ist...nunja so ist das wohl, wenn Karneval im Sommer ist!
    Das Wetter spielt zum Glück mit, denn es ist meist bewölkt und dadurch nicht so heiß!
    Am Sonntagabend geht es für uns zum Abschluss dann in den Sambadrome, zur Parade der besten Sambaschulen des vorherigen Jahres. Jedes Jahr gibt es hier einen Wettkampf- Freitag und Samstag treten die Sambaschulen der 2.Liga auf (das sind glaub ich ebenfall 14, 7 an Tag 1 und 7 an Tag 2) von denen die zwei besten in die erste Liga aufsteigen, die eben ihre Paraden am Sonntag und Montag haben. Die Schule die dort am meisten Punkte von der Jury erhält gewinnt, die zwei schlechtesten steigen ab.
    Eine Sambaschule hat 80min Zeit den Sambadromo zu durchqueren. Der Sambadromo ist ein 700m langes Stadion, besser gesagt eine Tribünenstraße.
    In diesen 80min präsentieren die Schulen die Kostüme und riesigen Wägen, die einzig und allein für den diesjährigen Karneval angefertigt wurden. Jede Schule hat ein bestimmtes Thema zu welchem sie ihre Kostüme und Wägen schmücken. Es ist sehr eindrucksvoll, wie tausende von Sambatänzern den Sambadromo entlanglaufen, auch die Wägen, bei denen einer größer ist als der andere lassen einem oft den Mund offen stehen. Was man mit einem Wagen alles machen kann- einmal zum Bespiel öffnet sich die “schale“ und der Mond bzw. die erste Mondlandung wird dargstellt, oder ein Becken kommt zum Vorschein, in dem eine Meerjungfrau schwimmt usw. Da lassen sich die Wagenbauer ordentlich was einfallen! Besonders politisch wirkt das alles aber nicht. Nervig ist leider, dass während des gesamten Auftritts nur ein Lied gespielt wird- man hört also eine Stunde ununterbrochen das gleiche Lied...
    Jede Schule hat zwar ihr eigenes, so hat man immerhin stündlich eine Abwechslung aber ist doch irgendwie ganz schön lahm. Und so richtig Samba tanzen die Tänzer auch nicht, sie trippeln nur etwas mit den Füßen herum (kam mir zumindest so vor). So wird die ganze Veranstaltung mit der Zeit doch ganz schön zäh, weshalb wir auch nach der vierten Schule gehen. Am beeindruckensten fand ich die Gruppe, die die Leidensgeschichte Jesu nachgespielt/getanzt/gebaut hat (vielleicht auch weil ich das am besten verstanden habe). Gewonnen hat allerdings eine andere Gruppe (die mit der Meerjungfrau)- war jetzt nicht so mein Fall aber es ist trotzdem cool, die Schule gesehen zu haben die gewonnen hat!
    Alles in allem war der Karneval eine eindrucksvolle Zeit: es war schön das mal erlebt zu haben und ein Teil des Geschehens gewesen zu sein, trotzdem muss ich das jetzt nicht jedes Jahr haben und freue mich schon auf den geregelten Fasching in Deutschland nächstes Jahr :).
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