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  • Day 7

    Mumbai (25.02. - 01.03.)

    March 1, 2016 in India ⋅ 🌫 25 °C

    Die ersten Tage in Indien gingen wirklich schnell vorbei und wir können - auch wenn es hier zweifellos wunderschöne Ecken gibt - verstehen, dass manche Leute sagen, Mumbai könne man bei einer Indienreise getrost auslassen: Reichtum und Armut liegen so dicht beieinander, wie man es wohl in wenigen anderen Städten der Welt sieht. Im größten Slum wohnen eine Million Menschen zusammengepfercht auf wenigen Quadratkilometern, waschen Wäsche und sortieren Müll, wenn sie überhaupt eine Art Arbeit haben, und ein paar Minuten mit dem Taxi weiter steht Antilia, das 27-stöckige (verdammt hässliche) Privathochhaus des reichsten Mannes Indiens.
    Bisher haben wir diese Gegensätze jedoch gut verdaut, da wir uns im Vorfeld intensiv mit den Zuständen hier beschäftigt haben, und die Stadt erscheint uns auch nicht so voll, wie wir erwartet hatten. Nachts hört man teilweise gar nichts von draußen, obwohl wir nahe des Colaba Causeways eigentlich an einer recht lauten Stelle unser Zimmer haben.
    Man wird hier als Europäer häufig angesprochen: Einerseits von unfassbar freundlichen Männern, die dir einen heißen Tipp zu Unterbringung, Weiterreise o.ä. geben wollen, dich aber dann doch nur zu einem Laden schleppen, bei dem sie dann eine Provision bekommen würden, solltest du ihnen auf den Leim gehen. Andererseits gibt es die tatsächlich freundlichen, die sich aufrichtig interessiert mit dir unterhalten, weil du aus einem anderen Land kommst (ähnlich wie in Neuseeland und leider undenkbar in Deutschland). Und in die dritte Kategorie fallen Leute, die einfach nur ein Foto mit einer hellhäutigen und blonden Person haben wollen. Wir sind mittlerweile dazu übergegangen, in diesen Situationen dann auch immer selbst eins mit den Leuten zu schießen. Schließlich wollen wir auch etwas davon haben!
    Cricket ist ein riesen Ding in Indien. Wo bei uns Fußball gespielt wird, ist es hier Cricket. Egal, ob zusammen mit über zehntausend anderen im riesigen Oval Maidan (eine Art Park neben der Uni), mitten auf der Straße zwischen fahrenden Autos oder in der Hitze einer freien Fläche in den Slums - gefühlt spielt es hier jeder.

    Neben kleineren Ausflügen zu Fuß in unsere unmittelbare Umgebung am Freitag, Samstag und heute, bei denen wir die von den Briten geprägte, wunderschöne Architektur der älteren Gebäude der Stadt (Victoria Terminus, High Court, University of Mumbai) bewundern konnten, haben wir gestern eine Stadtrundfahrt mit Gufran (www.youtube.com/watch?v=ubHTj4yGO4A) unternommen. Er hat uns den Fischmarkt, Ghandis Haus in Mumbai, verschiedene Heiligtümer und - besonders eindrucksvoll - sein Zuhause in einem der großen Slums hier gezeigt.
    Die Slums sind wie eigene kleine Städte in der Stadt und nur zu Fuß zu erkunden. Mit ihnen hängt auch zusammen, dass in Mumbai fast niemand seine Wäsche selbst wäscht: Stattdessen gibt man sie morgens jemandem im Hotel oder einem sogenannten Dhobi und danach werden sie zu einem der "Dhobi Ghats" gebracht. Von Dutzenden Händen wird dort die Wäsche der ganzen Stadt - säuberlich nach Farben getrennt - gewaschen, geschlagen, getrocknet, gebügelt und gefaltet und abends oder am nächsten Tag erhält man sie zurück. Wir haben es heute ausprobiert und von zwei Tüten Wäsche ist nur ein Paar meiner Socken verloren gegangen. Keine schlechte Bilanz für so eine riesige, vollständig analoge Logistik.
    Heute Abend waren wir noch am Chowpatty Beach, haben den Sonnenuntergang hinter den Hochhäusern der Stadt beobachtet und das "Queen's Necklace" gesehen, so nennen sie es hier, wenn die Aneinanderreihung der Straßenlaternen der sichelförmigen Bucht aussieht wie eine Perlenkette. Zugegeben, um das zu sehen benötigt man ein bisschen Phantasie, aber schön ist es trotzdem. Auch, weil man dort am Strand ausschließlich ausgelassene Menschen sieht, die mit den Füßen im Wasser planschen, Fotos schießen, mit den Kindern spielen - oder einfach ihre Wäsche im Meer waschen.

    Unsere Fahrt zu Hasmukh, unserer "Arbeitsstelle", haben wir auf heute verschoben, da wir erst einmal verlässliche Informationen finden mussten, wo wir wann sein müssen, um den fünf Stunden dauernden Bustrip anzutreten. Die haben wir hoffentlich jetzt und gleich um zehn geht's dann endlich los :-)

    PS: Das YWCA of Bombay, wo wir die ersten Tage verbracht haben, können wir übrigens uneingeschränkt empfehlen. Falls mal jemand von euch nach Mumbai fliegt und ein sauberes Zimmer mit leckerem Essen und unglaublich netter und zuvorkommender Belegschaft sucht, bucht hier :-)

    Bild 1: Gateway of India, das Wahrzeichen der Stadt
    Bild 2: Blick auf Chowpatty Beach und Marine Drive
    Bild 3: Slum im Süden der Stadt
    Bild 4: Dhobi Ghat
    Bild 5: Cricket im Oval Maidan
    Bild 6: Abends am Chowpatty Beach
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