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  • Day 73

    Shap Shap

    November 16, 2018 in South Africa ⋅ ☀️ 31 °C

    'Shap shap!' - mit diesen zwei Wörtern kann man in Südafrika eine gesamte Konversation führen. Sie dienen unter anderem als Begrüßung, als Verabschiedung, als Danke und vor allem als 'Alles ist easy!'. 'Shap shap!' ist einfach positiv. Zwar waren uns diese Worte schon vorher bekannt, doch wurde uns die Bedeutungen erst während unseres nächsten Stopps richtig bewusst.

    Eigentlich wollte Etienne uns nach der Woche im Cheetah Centre abholen, doch hatte er seine Angelegenheiten in Johannesburg noch nicht vollständig regeln können und versetzte uns. Schnell musste ein neuer Plan her. Die aufmerksamen Leser unseres Blogs werden sich an Tomas erinnern, den wir in den Drakensbergen kennengelernt haben. Er hatte uns von seiner Tante erzählt, die ein Faible für Backpacker hat und diese gerne bei sich aufnimmt. Kurzerhand kontaktierten wir unseren Wanderkumpanen, um zu fragen, ob seine Tante Lust auf spontanen Besuch habe. Das Glück war auf unserer Seite - nicht nur hatten wir eine kostenlose Bleibe gefunden, sondern bestand Tomas auch darauf, uns höchstpersönlich einzusammeln und zu seiner Tante zu chauffieren. Toller Typ!

    Mehr als herzlich wurden wir zwei Tage später in einem kleinen Ort in der Nähe Pretorias, von Eloise, Peter und ihren Söhnen Alan und Sam(uel) begrüßt. Der Beginn einer entspannten und glücklichen Zeit. Wir konnten einfach die Seele baumeln lassen und uns mit Dinge beschäftigen, die schon mal zu kurz kommen: Blogeinträge schreiben, ein gutes Buch lesen, mit Tieren kuscheln, Fitnesstraining, Kochen, Gärtnern und Kreativarbeiten.

    Peter und Eloise arbeiten als freiberufliche Bühnenbildner und haben zu diesem Zweck eine riesige offene Werkstatt auf ihrem Gelände. Sam hilft seinen Eltern aus und ist außerdem ausgebildeter Goldschmied. Ohne einen besonderen Anlass fertigte er uns zwei wunderschöne Gepardenanhänger aus Silber.

    Die Familie hat ein großes Herz für Tiere. So bietet sie einem Taubenschlag, zwei Truthähnen, zahlreichen Hühnern und Gänsen sowie vier Hunden ein Zuhause. Besonders angetan hatten es uns die treudoofen Augen von Sunny, einem Pitbull-Bullterrier-Mix, der kaum noch Zähne besaß, da er statt eines Balles lieber Steine apportierte. Immer wieder hatten seine Besitzer versucht es ihm abzugewöhnen, es jedoch schließlich resigniert aufgegeben. Auch das verwaiste Küken Sparkles, das denkt es sei ein Papagei, gewannen wir sehr lieb. Zu gerne machte es sich auf der Schulter eines menschlichen Freundes bequem und piepste dabei unermüdlich in den höchsten Frequenzen laut in dessen Ohr.

    An einem Tag entschieden wir uns für eine kleine Wanderung zur Spitze des Berges, der auf dem Grundstück der Familie gelegen ist. Auf der Hälfte der Strecke begannen wir fröhlich darüber zu philosophieren, was im Falle eines Schlangenbisses zu tun sei. Schließlich war die felsige Landschaft ein Paradies für Kobra und Co. Nach einigen Hin- und Herüberlegungen kamen wir zu dem Ergebnis, uns besser nicht beißen zu lassen, da wir es je nach Spezies eh nicht rechtzeitig zum Krankenhaus schaffen würden. Oben angekommen genossen wir die Aussicht über Wälder, Berge und Seen. Es sollte die Ruhe vor dem Sturm sein, denn plötzlich sahen wir aus unseren Augenwinkeln etwas Gelb-Braunes direkt an unseren Füßen vorbeikriechen: eine Puffotter! Statt Contenance zu bewahren, sprangen wir kreischend auf und begaben uns in sichere Entfernung. Zwar hat eine ausgewachsene Puffotter laut Wikipedia einen Giftvorrat, der ausreicht, um vier bis fünf Menschen zu töten, jedoch ist sie von Natur aus nicht angriffslustig. So kamen wir noch einmal mit dem Schrecken, viel Adrenalin und einem weiteren Abenteuer davon.

    Die Abende bei der Familie verbrachten wir oft unter sternklarem Himmel am Lagerfeuer mit diversen Musikinstrumenten, Gesang und dem ein oder anderen Bierchen. Gelegentlich sorgte Alans Feuershow für ein besonderes Highlight.

    An einem Samstagabend machten wir uns mit den Söhnen, deren Cousin Jean und den Nachbarn Zander und Jan auf nach Pretoria, um ein Konzert von Tomas zu besuchen. Nach dem gelungenen Auftritt, wollten wir uns noch ein Rugbyspiel in einem Pub ansehen. Auf dem Weg dorthin, gerieten wir in eine Polizeikontrolle. Alan, unser Fahrer, musste ins Röhrchen pusten. Die zwei kleinen Bier, die er intus hatte, überstiegen laut des Verkehrspolizisten die Promillegrenze. Zum ersten Mal wurden wir mit der Korruption im Land direkt konfrontiert. Um einem unmittelbaren Gefängnisaufenthalt übers Wochenende zu entgehen, bot der Ordnungshüter Alan netterweise an, ihm einfach alles Bare, was sich in seinem Portemonnaie befand, zu überlassen. Für ca. 50 Euro drückte der Uniformierte noch einmal ein Auge zu und ließ Alan alkoholisiert weiterfahren.

    Eine von uns (Lisa) erlebte einen absoluten Adrenalinrausch, indem sie sich mit Zander auf sein Motorcrossbike begab. Mit rund 60 kmh über kurvige, rutschige Sandwege zu brettern und über felsige Landschaften einen Berg hoch und runter zu heizen war extremer als jede Achterbahn. Juhu, überlebt!

    Bei Eloise, Peter, Alan und Sam haben wir uns wie zu Hause gefühlt. Wir bedanken uns und sagen auf Wiedersehen: Shap Shap!
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