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  • Day 57

    Die Torres ⛰

    December 5, 2017 in Argentina ⋅ ⛅ 12 °C

    Für unseren zweiten Tag im Nationalpark haben wir uns die achtstündige Wanderung zur Lagune vor den Torres, den drei Granittürmen, die dem 242.000 ha großen Nationalpark den Namen geben, und zurück vorgenommen.
    Recht motiviert und für jede Eventualität ausgerüstet starten wir bei Sonnenschein und für Patagonien eher mäßigem Wind. Die ersten Kilometer laufen wir fast unbemerkt weg. Doch bereits die erste, als gemächlich ansteigende Serpentinen beschriebene, Passage am Berg wird deutlich anstrengender als wir erwartet hatten. Der Wind nimmt zu und peitscht uns immer wieder Sandverwehungen um die Ohren. Der Weg ist zwar nicht steil, anstregend ist es aber allemal und der Boden dann doch so uneben, dass man die Aussicht kaum genießen kann. Nach nicht einmal 1,5 h hinterfragt zumindest Conny laut fluchend die Sinnhaftigkeit von dieser Wanderung, wenn man die Torres doch auch ohne Anstrengungen schon von unten sehen kann. Wir entschließen uns, bereits jetzt einen Teil unserer Vorräte zu vernichten und stellen danach fest, dass diese Stärkung dringend nötig war und dass sie uns für die weitere Strecke einen wichtigen Energieschub gibt. Der Weg fällt uns nun deutlich leichter. Lediglich die langen Abschnitte, die immer wieder bergab verlaufen, nerven uns, wissen wir doch, dass wir diese auf dem Rückweg mit müden Beine wieder erklimmen müssen.
    Nach ca. zwei Stunden erreichen wir ein Refugio, in dem wir uns am liebsten vor dem Kamin eine Weile aufgehalten hätten, zulang ist aber noch die Strecke, die wir noch vor uns haben. Die nächste Stunde führt der Weg mit nur wenigen steilen Steigungen durch einen Buchenwald, der uns vor dem einsetzenden Regen schützt. Ungefähr einen Kilometer vor der Lagune erreichen wir die Baumgrenze und ein Schild kündigt an, dass wir für diesen Kilometer eine Stunde einplanen müssen. Der Regen schlägt nun in Schnee um und bald schon gleicht der Weg eher einem gigantischen Geröllfeld, auf dem einzelne gelbe Sticks den ungefähren Weg markieren, den man über die Felsbrocken nehmen soll. Es ist kalt, nass und windig, der Schnee peitscht einem nun ungehindert ins Gesicht und gleichzeitig kommt man durch die Anstrengung ordentlich ins Schwitzen. Unter diesen Voraussetzungen werden wir es nicht lange an der Lagune aushalten, ohne auszukühlen.
    Oben angekommen bewahrheiten sich unsere Befürchtungen. Die Wolkensuppe, die zwischen den Bergen hängt, ist so dicht, dass wir die Türme nicht sehen können. Mehrere Wanderer, die mit uns oben ankommen, drehen schnell enttäuscht um. Andere fotografieren den zumindest zum Teil sichtbaren Nachbargipfel "Nido del Condór" in dem Glauben, einen der Granittürme erahnen zu können.
    Aus der Sprache der Aonikenk-Indianer übersetzt bedeutet der Name "Torres del Paine" „Türme des blauen Himmels". Sie mussten einen guten Tag gehabt haben, als sie den Bergen diesen Namen gaben... 🤔
    Wir beschließen, eines Schicht Klamotten zuzulegen, uns mit einer Empanada zu stärken, uns in den Windschutz eines Felsbrockens zu kauern und etwas auszuharren. Die Rechnung geht auf, zwar erleben wir die Türme nicht vor strahlend blauem Himmel, es reißt aber zwischenzeitlich soweit auf, dass wir alle drei Türme sehen können. Der Moment hat dann in der Tat etwas Magisches und lässt einen die Strapazen fast vergessen.
    Beschwingt treten wir den Rückweg an. Es fängt wieder stärker an zu schneien, aber das ist uns vorübergehend egal. Nach der ersten Stunde über das Geröllfeld kommen wir dann auch recht gut voran. Dennoch benötigt man doch 4 Stunden, bis man wieder am Ausgangspunkt ist. Insbesondere die letzten Kilometer ziehen sich sehr und die Knie fangen an zu schmerzen. Gelohnt hat es sich aber, aller Widrigkeiten zum Trotz!
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