Satellite
  • Day 274

    New walls, new words, new world

    October 31, 2017 in Germany ⋅ ☁️ 8 °C

    Es gibt unzählige Reiseblogs. Und unzählige Menschen, die Reiseblogs lesen. Aber warum eigentlich? Möglicherweise möchten sie wie bei einem guten Roman kurzerhand in das Abenteuer des Reisenden eintauchen. Mit ihm ums Great Barrier Reef und durch zu volle Straßen Bangkoks tauchen. Vielleicht wollen sie so dem Reisenden nah sein, oder der Welt🌎 Denn möglicherweise hat sie schon immer mal interessiert, wie australische Kids erzogen sind, wie die Leute in Malaysia den Po apputzen (gar nicht ;) oder das es in Amerika keine ordentlichen Döner gibt. Zumal sie in absehbarer Zeit selbst nicht dorthin kommen✈️
    Doch warum haben insbesondere Reiseblogs eine so große Anziehungskraft? Und was sind die ehemals Reisenden, Schreibwütigen, wenn sie plötzlich digital inexistent zu werden scheinen, in der Absenke verschwinden und einen Alltag aufnehmen, der es nicht mehr wert ist, darüber zu berichten. Ich denke, viele Lebensphasen sind es wert, davon zu erzählen...
    Erinnert ihr euch noch an eure erste richtige Wohnung oder WG?
    Der anfangs schleichende und sich plötzlich überstürzende Prozess, seit der Entscheidung ich werde zu Kumpel Tim ins uninahe Königstor in Kassel ziehen übers alleinige Tragen von gefühlt 200 Paletten (eig. 10;) bis hin zur ersten Nacht mit der eigenen Bettwäsche erlebte ich als äußerst spannend.
    Wenn man in diese anfangs so anonyme Wohnung, in dieses leerstehende bestenfalls nach Tapete und frischen IKEA Möbeln riechende Zimmer tritt und es immer mehr zu seinem eignen macht.
    Auch, wenn die anfängliche Unsicherheit, die diese weißen Wänden, welche mich à la Manier "Mal mich bunt" anzuschreien scheinen, immer auf mich und meinen unentschlossenen Geist bewirken zu Beginn schwer auszuschalten ist sprudeln doch nach längerem Wirken der Wände auf einen die Ideen. Ideen zu Gestaltungmöglichkeiten. Hier eine Lampe, da ein Bett, Teppich dort, was Ausgefallenes an dieser Stelle, ihr kennt das Spiel. Shabby Chic Look mit urbanen indie ethno graffity style lautet der von mir entschiedene Einrichtungsstil. Passt perfekt zu mir!
    Ähnlich der Ideen sprudelt die Euphorie bei Umsetzung der Überlegungen. Hätte nie gedacht, dass einfache Hochtragen von Europaletten bis zur letztich 10., das Bett vervollkommenden Palette könnte eine so tiefe Zufriedenheit in mir auslösen.
    Und am Besten ist es doch, wenn man sich nicht zu viel Konzept überlegt. Wenn man einfach mal los legt.
    Und vor allem wenn man eine große Schwester, mit herausragendem Einrichtungs- und Dekorationsgeschmack hat, die zufällig zur selben Zeit gerade aus ihrer Wohnung in ein kleines Zimmer zieht (und irgendwann leider wider in eine Wohnung, aber his dahin.... :) und einiges abzutreten hat💕 So konnten wir uns detailliertere Gedanken an einen Teppich oder die Kissen- und Kissenbezugwahl ersparen, zumal Zerdenken der unbegrenzten Möglichkeiten ja sowieso meist in Handlungsunfähigkeit münden. Stattdessen hatten Mom, Sina und ich eines Abends etliche Bettsachen erst in Mom's Transporter und kurzerhand auf mein künftiges Palettenbett geschmissen. Das simple Einstecken einer Lichterkette vervollständigte die Glücksgefühle auslösende Tat😊
    Nach und nach richte ich mich nun mehr ein und freue mich über jedes bisschen Selbstbestimmung, jedes bisschen Kreieren und Personalisieren, sich in den eigenen 4 Wänden wiederfinden und darin verlieren.

    Von besonderen Glück kann ich auch von Mitbewohner Tim sprechen, mit dem ich wohl fortan eine rein platonische Beziehung führen werde, der genauso gut im Kochen von Tiefkühlkost ist, wie ich und durch seinen hervorragenden Musikgeschmack zu jeder Lebenslage die passende Stimmung in die Bude spielt. Euphorische, Motivierende momentan. Ach, und der denselben Rhythmus hat wie ich, Indem er auch unter der Woche mal bis in die Puppen seine virtuellen Videospiel Puppen tanzen lässt, oder selbst tanzen geht - klar, mit mir! -, sodass morgens um 7 nur Aktivität in der Wohnung ist, wenn man NOCH wach ist und nicht schon 😁 um nur einige vorteilhafte Gemeinsamkeiten zu nennen.

    Abgesehen von Tims Musikgeschmack und der sich tagtäglich höher stapelnden Pfand- und Gasflaschensammlung gibt es auch sonst allerlei zu entdecken. So zum Beispiel die Möglichkeit, mein Zimmerfenster, welches offenbar so verklebt war, dass ich es als nicht aufmachbar und als Suizidsicherungsfenster deklariert hatte, dass man es doch öffnen kann, was wir dank Sinas Fensteröffnenskills feststellten. Ja man kann es öffnen. Und sogar durchgucken, wenn es geputzt ist. Ach, à propos Putzen zu diesem Thema äußerte ich doch tatsächlich in einem denkbar lustigen, stillen Moment inmitten einer geselligen Runde aus Kommilitonen bei uns, wie toll ich es finde, "dass es hier so verdammt dreckig ist!" Bevor Tim das in den falschen Hals kriegen konnte, verabreichte ich ihm einem Drink zum in den Hals kippen sowie rauchbare Kippen, um zu erklären, wie es gemeint war. Denn tatsächlich empfinde ich es als äußerst erfüllend, eine verstaubten Oberfläche zu wischen oder während dem sonst unproduktiven Toilettengang sämtliche durch Staub grau wirkenden Möbel und Gegenstände in Toilettenreichweite wieder weiß werden zu lassen🚽🚿 Damit das hier niemand falsch versteht, mein Mitbewohner und die Bude ist an sich super sauber, nur das Bad neigt, vermutlich aufgrund der Lüftung zu schnellem Einstauben und dass der Kühlschrank von der Seite, die Dunstabzugshaube von oben oder die Fläche, auf die sich die Flaschensammlungen türmen geputzt ist, kann man in einem Single Haushalt eines Mannes (entschuldigt die sexistische Kack💩) ja nicht voraussetzen😉
    Naja, bevor das hier zum Haushaltsratgeber abdriftet, wollte ich noch erwähnen, dass Tim übrigens ein Typ des Kalibers "Du kochst Spaghetti OHNE Fleisch? Ouh, danke... Dann musst du nichts für mich mit kochen" ist und folglich auf meine Frage, ob ich Salatbesteck kaufen solle mit einem entsetzten "Nein!?!?" antwortete und meine anschließende, fast unnötig gewordene Frage: "Also, haben wir welches? ;)" auf gleiche entgeisterte Weise verneinte😁

    Ihr seht, wir ergänzen uns auf der einen Seite und sind auf der anderen komplementär!
    Nun freue ich mich auf die nächsten Tage und Wochen, das nächste Mal Fenster putzen, der baldigen Existenz von Obstkisten und Duftkerzen und einem vollem Kühlschrank, der mehr zu bieten hat, als ein Abteil voll Cola, eins voll Bier und einer Packung Sandwichkäse. Dann trau ich mich wohlmöglich auch mal, Euch einzuladen! 😜😘
    Read more