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  • Day 127

    2 Wochen im 5 Sterne Golf-Resort

    June 15, 2020 in New Zealand β‹… 🌧 11 Β°C

    Nach einer kurzen Fahrt πŸš™ erreichen wir Arrowtown, ein wohlhabender Nachbarort von Queenstown. Standesgemäß durchkreuzen wir bei der Ankunft abends ein Golfresort und fahren bis zum Ende der letzten Straße auf dem Hügel ⛳️ Da steht eine ausgebaute Scheune, in der wir Lee antreffen sollen. Sie ist allerdings noch nicht da, ihr Audi A6 steht nicht vor der Tür, die Laternen sind ausgefallen und wir stehen im Dunkeln πŸ‘€ Lee verspätet sich, wie wir nach einem Anruf erfahren. Kurz darauf stellt sich ein Handwerker-Auto in unsere Nähe, das Licht geht aus und wie in unserem Auto: keine Regung 🀨 Ein paar Minuten später kommt Lee und wir begrüßen sie und ihren Sohn Cameron, der in dem Handwerker-Wagen auf seine Mutter wartete (Schlüssel vergessen) πŸ™‹πŸ»‍♂️

    Lee empfängt uns super freundlich πŸ™‹πŸΌ‍♀️ und verbietet uns ihr in der Küche bei der Vorbereitung des Abendessens zu helfen. Sie beordert uns auf die Couch, schenkt uns einen Wein ein und erzählt uns über alle möglichen Dinge aus ihrem Leben 🍷 πŸ—£ Lee ist eine begnadete und begeisterte Köchin und zaubert nach ca. 2 Stunden erzählen, kochen, trinken ein großartiges Abendessen πŸ₯˜ Ihr Sohn Cameron ist 19 Jahre, wollte eigentlich nach Australien zu seinem Onkel für ein Praktikum, aber Corona hat ihm da einen Strich durch die Rechnung gemacht (wie auch uns). Nun arbeitet er Vollzeit als Überwachungskamera-Installateur zur Überbrückung der Zeit bis zu seinem Ingenieursstudium 🧰 Die Tochter ist in Christchurch im Internat, wo auch Cameron war, weshalb wir sie nicht kennenlernen. Ehemann Trevor ist vor ca. 10 Jahren an den Folgen von Multipler Sklerose gestorben 😐

    Lee zeigt uns unser Zimmer, und somit auch unser eigenes Apartment. Früher hat hier das Kindermädchen gewohnt, später wurde es vermietet, jetzt stand es frei, also haben wir es bekommen - was ein Luxus für uns! 🀩 Großes Schlafzimmer mit riesigem und bequemen Bett, eigene Küche, Wohnzimmer, Bad. Nur an der Temperatur müssen wir noch arbeiten. Der Heizlüfter gibt sich aber größte Mühe die Bude warm zu bekommen πŸ₯΅

    Am ersten Tag steht kaum Arbeit an. Lee will erst mal, dass wir uns ausruhen. Wir trauen dem ganzen Frieden noch nicht so ganz, lassen es aber ruhig angehen 😌Wir schleifen Messer, harken ein paar Blätter und pflücken die drei Apfelbäume leer; 🍎 am frühen Nachmittag ist Lee auch schon wieder da. Große Aufgabe unserer Zeit bei Lee ist das Blätterharken πŸ‚ Die Pappeln haben über die letzten Wochen ganze Arbeit geleistet und ordentlich abgepappelt. Die Massen an Blättern wollen wir nun mit Harken, Rechen, Laubbläsern und dem Golfbuggy aus dem Weg schaffen. Das wärmt uns bei leicht frostigen Temperaturen am Morgen ein wenig auf πŸ˜… Golfbuggies begegnen uns auch auf der anderen Seite des Zaunes, da hier ein großes Golfresort ist 🏌️‍♂️ Wir sind in guter Gesellschaft.

    Lee und Trevor stammen aus dem Süden der Südinsel, beide im ländlichen Raum auf Farms aufgewachsen und nach einigen Jahren in Auckland, haben sie sich ein großes Stück Land von einem Bauern in Arrowtown gekauft πŸ‘¨πŸ»‍🌾 Lees Grundstück ist mittlerweile nur noch einen Bruchteil so groß, weil sie gewinnbringend immer wieder einzelne Teile an bauwillige Familien verkauft haben. Sie hatten sogar selbst sich ein Traumhaus gebaut 🏑Nach Trevors Tod haben sie jedoch das Haus verkauft und sind in den ausgebauten Schuppen gezogen. Ihr altes Haus (nur 5 Jahre alt) haben die Neubesitzer ohne Zögern wieder abgerissen und einen doppelt so großen Palast darauf angefangen zu bauen πŸ’° Die 20 Handwerkerautos schieben sich jeden Morgen in einer Karawane den Berg hoch πŸ‘·πŸΌ‍♂️

    Auf dem jetzigen Grundstück hat Lee aber speziell im Herbst noch genug zu tun, wofür sie jeden Herbst Workawayer bei sich hat. Dieses Jahr kam Corona dazwischen und dann hat sie kurz vor Wintereinbruch doch noch eine Anzeige aufgegeben. Zufälligerweise hatten wir nur wenige Stunden später sie schon angeschrieben und sie nahm ihre Anzeige wieder raus πŸ€ Lee ist eine sehr umtriebige und energiegeladene Mitfünfzigerin, die seit einigen Jahren schon über Rückenprobleme klagt und daher Unterstützung im Garten braucht. Lee hat auch vor einiger Zeit 2 wilde Katzen, wovon es einige in Neuseeland gibt, aufgenommen und gezähmt 🐈 Die Katzen „Ziffer“ und „Minny“ freuen sich auch über unsere Anwesenheit 😊

    Wir merken beim Blick in den Garten und Schuppen schnell, dass hier nicht viel passiert ist, seitdem die letzten Workawayer da waren - über ein Jahr her. 😬 Nachdem der Vorgarten geharkt ist, machen wir die Regenrinnen sauber, die vollkommen verstopft sind und teilweise schon hüfthohes Gras steht 🌾 Später wird neben dem fast täglichen Blätter harken, auch der Geräteschuppen ausgemistet, gesäubert und neu organisiert πŸ€“ 🧽 Jessy nimmt sich zudem noch die mittlerweile krumm und schiefen Gehwegplatten vor. Diese müssen wieder ordentlich ausgerichtet werden, nachdem Baumwurzeln und der Hochdruckreiniger diese verschoben haben. Philipp tobt sich in der Zeit mit der elektrischen Motorsäge an den Pappelzweigen aus und verarbeitet dabei ein Trauma vom alljährlichen Pappellaubharken im elterlichen Garten πŸ€ͺ

    Lee ist tagsüber viel unterwegs, am telefonieren und im Haus herumwuseln. Sie ist Koordinatorin für eine Wohltätigkeitsorganisation (Baskets of Blessing), die speziell in der Corona-Zeit Familien mit gespendeten Lebensmitteln und gekochtem Essen beschenkt πŸ₯° Das Konzept ist einfach: Eine Person nominiert eine andere Person oder Familie, denen es gerade finanziell nicht so gut geht und diese bekommt dann einen Essenskorb πŸ’ Die Nachfrage nach diesen Körben wie auch die Spendenbereitschaft sind mit Start der Corona-Krise sprunghaft gestiegen. Lees Freiwilligen-Team aus Köchen, Fahrern, Packern etc. ist ebenfalls rasant gewachsen πŸ™‹πŸΌ‍β™€οΈπŸ™‹πŸ»‍β™‚οΈπŸ™‹πŸΌπŸ™‹πŸ½‍♂️Wir sind beigeistert von der Idee und unterstützen Lee an mehreren Tagen vor Ort; u.a. packen wir Essenskörbe, streichen einen neuen Lebensmittelcontainer und räumen viel hin und her. Eine tolle Erfahrung und liebenswerte Gemeinschaft 🀩
    Zudem kann nicht alles an Essen an bedürftige Haushalte ausgeliefert werden bzw. ist weit über dem Haltbarkeitsdatum hinaus abgelaufen. So finden diese übrigen Lebensmittel häufig den Weg in die Küchen der Helfer und auch in Lees Küche πŸ₯¬πŸ§…πŸ₯‘πŸŽπŸ‡ In der Zeit bei Lee grenzt unsere Ernährung an Völlerei, da es bei ihr alles im Überfluss gibt, inkl. gluten-freien Lebensmitteln 🀀 Ein Schlaraffenland, was uns neben der Herzlichkeit von Lee und unserem tollen Apartment auch zu tüchtiger Arbeit motiviert πŸ’ͺ🏻

    Der Nervenkitzel soll aber auch nicht zu kurz kommen und wir beschließen dem kürzlich wieder gestarteten Bungee Jumping finanziell etwas unter die Arme zu greifen πŸ™ŒπŸ» Das Re-Opening-Special war aber auch verführerisch. Der erste kommerzielle Bungee-Jump wurde nahe Queenstown Ende der 1980er an einer Brücke über einem Fluss durchgeführt. Wir nehmen die Alternative mit Hüftgurt und über Queenstown, vom selben Anbieter. Beim Sprung rutscht das Herz in die Hose, auch wenn man, wie Jessy, schon einen Fallschirmsprung hinter sich hat 😱 πŸͺ‚

    Kurz nach dem Adrenalin-Rausch werden wir wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, als das Finanzamt Wedding noch ein paar Belege zu Jessys Steuererklärung einfordert und zudem Philipps Steuererklärung im Februar gar nicht erst angekommen ist 🀯 Kurzer Rückblick: Philipp hatte noch in der Nacht zur Abreise (Ausgangsstempel 02:15 Uhr) die Steuererklärung für 2019 fertig gemacht. Naja, shit happens ☹️
    Zudem wird unser gemeinsam geplanter Urlaub mit Nadia und Daniel auf Bali im September durch die Corona-Lage gecancelt 😩 Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben πŸ˜‰

    Während des Blätterharkens, lernen wir an einem Tag Jan kennen, der uns auf Deutsch anspricht. Jan ist Schwede und langjähriger Freund der Familie von Lee πŸ™‹πŸΌ‍♂️ πŸ‡ΈπŸ‡ͺ Er besitzt ebenfalls ein großes Anwesen am Anfang der Straße, obwohl seine Familie in Sao Paulo, Brasilien, wohnt πŸ‡§πŸ‡· Dahin will er aber zur Zeit nicht, da Corona dort gerade richtig wütet und seine Familie nun auch noch die Großeltern und den Schwager in der 3-Zimmer-Wohnung während der Ausgangssperre zu Besuch hat 🀦🏼‍♂️ Jan bietet uns Hilfe bei der Gartenarbeit an und möchte auch, dass wir seine Fahrräder mal wieder über die Berge ausführen. Dem kommen wir gern nach. Berg auf, Berg ab ist für Flachländer etwas ungewohnt, macht aber mit Mountainbikes echt Spaß πŸš΅πŸΌ‍β™€οΈπŸš΅πŸΌ

    Wir stellen fest, dass viele Leute mittleren Alters hier Rückenbeschwerden haben, egal ob Lee, Jan, Helfer bei Baskets of Blessing. Hier gibt es kaum jemanden, der schwere Dinge heben darf oder locker mal ein Blatt Papier vom Boden aufheben kann. Aber dafür gibt es ja uns πŸ‹πŸΌ Obwohl Jessy dem in Arrowtown bekannten Physiotherapeuten ebenfalls einen Besuch abstatten muss. Sie hat sich vor ca. 6 Wochen den Fuß gezerrt und dies wurde schnell mit drei Akupunktur-Nadeln gelöst. 🀸🏼‍♀️ Dank des tollen Versicherungssystems in Neuseeland sogar fast kostenlos πŸ‡³πŸ‡Ώ Wir haben unsere Bandscheibenvorfälle mit Yoga erfolgreich bekämpft. Mal schauen, was das Alter bringt...🧘🏼‍β™€οΈπŸ§˜πŸΌ‍♂️

    Wir kommen natürlich nicht wie geplant nach einer Woche los bei Lee πŸ“† Dafür geht es uns hier auch viel zu gut... Lee hat immer noch reichlich Aufgaben für uns und zudem gibt es noch so viele Dinge in der Umgebung zu entdecken β˜€οΈ Wir schauen uns z.B. noch Glenorchy an, genau gegenüber von Queenstown am anderen Ende des Sees gelegen. Klein und verschlafen, aber ganz nett 🏞
    Zum dann wirklich letzten Abend kommt Jan noch mal vorbei, wir essen fein und viel 🀀 Irgendwann reißen wir uns von den tiefgründigen Gesprächen los und starten zu packen πŸŽ’

    Der Abschied am nächsten Morgen nach dem Frühstück fällt uns wie Lee schwer πŸ₯Ί bei uns unter anderem weil die nächsten Wochen für uns eher ungewiss sind. Wir starten jedoch mit einem Couchsurfing-Gastgeber an der Westküste der Südinsel, wo wir für 2 Nächte bleiben wollen πŸ›‹
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