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  • Day 60

    Vom Meer in die Wüste

    March 12, 2021 in Mexico ⋅ ☁️ 17 °C

    Wir könnten uns über die abgebrochene Seereise ärgern, finden aber schnell daran Gefallen wieder an Land unterwegs zu sein. Ganz zu schweigen, wie sehr wir uns über den Luxus einer Innendusche, einen festen Untergrund und fast kontinuierlich gutes Internet freuen 🤗 Der Abschied der Sierra Wind wirkt noch nach; Kapitän Eitan ziert sich die Rechnungen 🧾 für unser teuer erstandenes Sicherheits-Equipment zu senden und dann haben wir auch noch Anspruch auf ein paar Tage Überzahlung auf dem Boot 😡 War eben keine günstige Angelegenheit 💸

    Egal, wir sind in Hermosillo, aber so schön (“hermoso” auf spanisch bedeutet schön) ist der Ort gar nicht 😕 obwohl wir im Stadtkern ein paar nette Gebäude 🏘 mit Wandmalereien entdecken 🎨 Wir achseln also mit Sack und Pack durch dreckige und kaputte Straßen, an dreckigen und kaputten Leuten vorbei bis wir nach gut einer Stunde „leicht“ entnervt bei unserem Airbnb ankommen 🚶🏼‍♀️🚶‍♂️ Die Nacht auf der Bettie von John steckt uns da noch in den Knochen 😖 Der Airbnb-Host empfängt uns jedoch sehr freundlich und die Wohnung ist nett, aber sehr spärlich eingerichtet 😅 Er bringt später noch, einen Stuhl und Tisch sowie eine Minimal-Ausstattung für die Küche und selbstgeerntete Datteln. Eine gute Bewertung hat er hier schon sicher 😌

    In den nächsten drei Tagen in Hermosillo sind wir viel am Rechner 👩🏼‍💻 erkunden die Stadt 🌃 machen Yoga 🧘🏼‍♀️ gehen Joggen 🏃‍♂️ und entscheiden uns für die nächsten Reiseziele 🗺 Das große Thema Yoga-Ausbildung ist ja auch noch offen. In Mexikos Süden gibt es interessante Angebote. Den über 3.000 Kilometern in Überlandbussen die dazwischen liegen, sehnen wir noch nicht entgegen 😒 Wir machen uns also auf den Weg durch die Wüste 🏜 Erstes Ziel ist der von Dj Bobo-besungene und für seine Miniatur-Hunde bekannte Ort „Chihuahua“ 🐕 Hier finden wir schnell einen Couchsurfing-Host 🛋 und freuen uns mal wieder mit Einheimischen in Kontakt zu kommen 🇲🇽

    Am Tag der Abreise stapfen wir also, wie ein paar Tage zuvor, den elendigen Weg zurück, um beim Busbahnhof zu erfahren, dass unser Bus nur noch einen Platz frei hat 😭 Wir hatten zuvor mit verschiedensten Kreditkarten versucht, das hinterhältige, mexikanische Buchungssystem zu bezwingen, aber ohne Erfolg 💳 Es ist 19 Uhr und der nächste Bus kommt 02:30 Uhr morgens. Also machen wir es uns „bequem“, streben unseren Weiterbildungen nach und schauen Netflix oder beobachten die anderen Leute in der Wartehalle 👀 Sie schlafen auf Fußböden, schauen sich überlaut Youtube- oder Facebook-Videos an oder starren mit Chips und Cola im Arm in die Gegend 😶 Irgendwann machen unsere Rechner schlapp und wir freuen uns auf den Schlaf im Bus 😴 🚌 Denn wir sind genauso schlapp und freuen uns auf die 14-stündige Fahrt bei zumeist Tageslicht. Als der Tag langsam anbricht, kommen wir an der Grenze des Bundesstaates in eine Militärkontrolle 🛑✋ Das heißt: alle raus, alles Gepäck raus und einzeln in den Scanner, wie am Flughafen 😩 Wir sind nämlich noch immer in Richtung Norden und damit zur Grenze der USA unterwegs. Hier werden viel Drogen, Waffen und Menschen geschmuggelt. Unser geschnippeltes Obst fällt aber nicht negativ auf 😜 Zu unserer letzten Mexiko-Reise in 2015 fällt uns negativ auf, dass nun jeder in Mexiko ein Handy und unbegrenzt mobile Daten besitzt 📱 Auf denen jedoch weder die Lautstärke noch die Tasten- oder Nachrichtentöne eingestellt werden können 🤯 Die Ohrenstöpsel sind Gold wert 🙉 Währenddessen fliegt das Wüstenpanorama am Fenster vorbei und schon bald fahren wir in Sichtweite zu Trumps Grenzzaun 🇺🇸 Ein absurdes Bild. Gut, dass wir auf der besseren Seite der Mauer sind 😅

    Am Nachmittag gibt es eine ausgedehnte Mittagspause in einem sandigen und windigen Wüstenort 🏜 Wir lassen uns gerade die Bohnen mit Reis und kleinem Salat schmecken, als der Busfahrer schmatzend mit der Hiobsbotschaft aus der Küche kommt 👨🏻‍✈️ Es gab einen Unfall auf der Strecke aufgrund eines Sandsturms mit Toten und nunmehr einen kilometerlangen Stau 🌪 Unsere Ankunft verspätet sich also um ein paar Stunden, aber Gerson, unser Couchsurfing-Gastgeber ist tiefenentspannt und eh noch bis spät auf Arbeit 😌 Er ist selbständig und arbeitet in Privatkliniken als Kinderarzt/-chirurg 👨🏻‍⚕️ Wir erreichen Chihuahua gegen 20 Uhr und werden kurz danach schon von Gerson mit dem Auto abgeholt 🙋🏻‍♂️ Welche ein Luxus denken wir, als er uns offenbart, dass er uns in seiner aktuell freien Airbnb-Wohnung die nächsten Tage unterbringt. Wow! 🤩 Er selbst hat seine Mutter und seinen Bruder während der Pandemie (seit März 2020) bei sich im Haus untergebracht und wohnt selbst bei seiner Freundin 🏡 Sie ist auch Ärztin und so arbeiten beide in Kliniken und hatten auch schon beide Corona vor einem halben Jahr 🦠 Wie zweitrangig das alles wird, merken wir glücklicherweise, als ein befreundetes Pärchen uns fast mit Live-Schalte bei den letzten Stunden vor der Geburt mitfiebern lässt. Ein tolles Gefühl, den Lieben so nah zu sein 🥰🤰🏻

    Die Wüste ist sonnig und trocken, nicht weiter verwunderlich 🤓 Unsere Haut schrumpelt vor sich hin und selbst drei Mal täglich eincremen hält unsere Haut nicht davon ab, im Zeitraffer zu altern 🧟‍♂️ Selbst die Orangen vertrocknen von innen 🍊 Da wird uns schnell klar: wir sollten schleunigst Richtung Golfküste 🏝 Der Ort Chihuahua hat eine schöne Innenstadt und Gerson gibt sich alle Mühe uns bestens zu versorgen und zu unterhalten. Tagsüber ist er auf Arbeit, wir nutzen die Gelegenheit mit Freunden und Familie zu telefonieren und ein Yoga-Training auszusuchen 👨🏼‍💻 📞 Unweigerlich kommt es zu dem Punkt, dass wir uns gegenseitig eingestehen, dass es vielleicht Sinn macht, vor Jahresende wieder nach Deutschland zurückzukehren 🙃 Die Reise ist ja dann noch nicht vorbei. Aber dazu später mehr 🔜

    Das im Hinterkopf möchten wir schon noch ein weiteres Land sehen außer Mexiko 🇲🇽 Lateinamerika gefällt uns sehr gut, und ein Glück, sind die Einreisebeschränkungen hier wesentlich geringer als woanders in der Welt 🌎 Das liegt vielleicht auch an den hohen Infektionszahlen, wobei Mexiko sich erstaunlich gut hält. Nach einiger Recherche schießen wir uns auf Ecuador ein 🇪🇨 Ein tolles Yoga-Training am Strand gibt es dort auch 🧘🏼‍♀️

    Zunächst müssen wir aber unser liebgewonnenes Airbnb wieder verlassen, weil Gäste kommen, und ziehen in ein anderes Haus von Gerson, dass allerdings komplett leer steht 🏠 Nicht schlimm, denn am nächsten Tag wollen wir mit einem seiner drei Autos zur Kupferschlucht fahren 🚗 Er bringt uns ein kleines Reisebett, allerdings ohne Pumpe 😶 Mit mehr oder weniger hilflosen Gesten, macht er uns klar, dass wir entweder wie die Weltmeister pusten oder damit zur nächsten Tankstelle laufen. Also pustet Philipp weltmeisterlich eine halbe Stunde bis ihm die Augen aus dem Kopf quellen und wir machen es uns gemütlich 🥵 Die Heizkörper mit offener Gasflamme sind auch Relikte aus einer anderen Zeit 🔥 In der Wüste ist es nämlich nicht nur trocken und sonnig, sondern auch kalt in der Nacht 🥶 Im Februar waren hier sogar 20cm Schnee ❄️ Wir treffen uns abends mit Gerson (44 Jahre) und seiner 15-Jahre jüngeren Freundin, Ana, in einer Bar 🙋🏻‍♀️ Gerson kommt mal wieder zu spät, dieses Mal über eine Stunde. Wir sind zwar in Urlaubsmodus aber wollen/ sollen früh aufstehen für die Fahrt in die Kupferschlucht 🌄 Ein schöner Abend mit den beiden in einer coolen Bar 🍹 Das ist das erste und einzige Mal, dass wir Gerson ohne Mund-Nase-Schutz sehen 😷

    Die Großzügigkeit und das Vertrauen ist schon unglaublich, dass Gerson uns sein Auto für das Wochenende überlässt 🙏 Ein Glück, haben wir noch unseren internationalen Führerschein von letztem Jahr Neuseeland 🇳🇿 Als ob jemand diesen Papier-Lappen Ernst nehmen würde... 😅
    Wir fahren durch beeindruckende und grüner werdende Landschaften, u.a. durch eine Region, wo vorrangig Amish-Leute wohnen, die einst aus den USA kamen und sehr viel und gut Landwirtschaft betreiben 🧑🏼‍🌾 Angekommen in der „Barranca del Cobre“ (Kupferschlucht), sind wir die Einzigen, die den Weg entlang der beeindruckenden Schlucht gehen 🚶‍♂️🚶🏼‍♀️ Alle anderen fahren mit dem Auto etwas versetzt die Schotterstraße entlang. Wir gönnen uns eine große Corona-Dose (765ml) und testen unsere Höhentauglichkeit 🍺 Ziemlich tolle Aussicht! ⛰ Dieses Picknick entscheidet auch darüber, dass wir anstelle eines Hochseilgartens mit Zip-Lines, den ultimativen Zip-Rider ausprobieren: 2,7km, gut 100km/h an einem Drahtseil über die Schlucht! 😃 Ziemlich aufregend, aber auch ziemlich schnell wieder vorbei. Wir sehen hier in den Bergen sehr viele indige Leute, meist mit Kind und Kegel 👨‍👩‍👧‍👦 Alle verkaufen das Gleiche, oder betteln und leben in einfachsten Hütten in den Wäldern 🏚 Ein komisches Bild mit den wohlgenährten mexikanischen Touristen, denen sie auch gern mal ein Klinkind in die Hände drücken, um ein Foto zu machen 📸 Mit der Seilbahn geht es wieder an den Rand der Schlucht 🚠 Der Nationalpark schließt auch bald. Gerson hat uns eine Unterkunft in der Nähe gebucht 🏨 Über eine abenteuerliche Straße kommen wir auch dort an. Der Herbergsvater empfängt uns sehr freundlich und wir wechseln unsere große Hütte mit Platz für 6 zu einem Zimmer mit Gemeinschaftsküche 😅 Nachdem der Besitzer Topf, Messer und Brettchen aus seinem Eigenheim geholt hat, machen wir uns eine große und reichhaltige Suppe 🍲 Das tut gut. In den letzten Tage gab es nur Salat und der Bauch protestierte etwas 😣 Die Nacht war erholsam. Endlich 🙏 denn in Gersons Airbnb und sowieso in dem leerstehenden Haus haben wir eher gar nicht oder schlecht geschlafen 🛏 Morgens werden wir von den anderen Gästen geweckt, die sich um 6 Uhr auf die Reittour durch die Berge vorbereiten 🐎 Ach ja, und der Zug, der gefühlt durch unser Zimmer fuhr und jede 30 Sekunden getutet hat, da nirgends an der Strecke Bahnschranken sind 🚂

    Morgenstund hat Gold (oder etwas später schlechte Laune) im Mund 😏 Wir ziehen frühzeitig von dannen und frühstücken an einem See in der Nähe. Ein wenig erinnert das an unsere Zeit in Neuseeland. Wir müssen dann nur unseren Frühstücksplatz mehrere Male ändern, weil ein paar Indigenen-Familien ihre Kinder auf uns hetzen und diese nach Essen und Geld betteln ☹️ In der Nähe gibt es beeindruckende Steinformationen, an denen wir über Schotterstraßen vorbeifahren 🏞 Das kommt Neuseeland auch schon ziemlich nahe. Der Eintritt geht dafür völlig in Ordnung. Hier, wie auch in der Kupferschlucht, trägt kaum jemand eine cubreboca (Mundschutz), anders als in den Städten 😷 Wir versuchen wieder mehrmals, einen Bus online zu buchen, was wieder nicht klappt. 🤬 Wir wollen es nämlich vermeiden, noch eine Nacht in dem leeren Haus von Gerson zu schlafen und nehmen lieber eine Nacht im Bus nach Monterrey in Kauf 🚌 Am Busbahnhof holen wir uns also Tickets für diesen Abend, ohne 10% Online-Discount, aber dafür mit Sicherheit 😉 Schnell noch eine Runde Yoga im leeren Haus vor den 12 Stunden Bus 🧘🏼‍♂️ dann verabschieden wir uns von Gerson, der uns noch schnell seine Mutter und seinen Onkel durch das Fenster vorstellt 👨🏻‍🦳👩🏻‍🦳 Auf der Busfahrt können wir ganz gut schlafen. Dieses Mal gibt es keine Militäkontrolle, da wir Richtung Süden unterwegs sind. Morgens werden nervige Kinder um uns herum wach, deren desinteressierte Eltern sich nicht um deren Lautstärke kümmern 🤯 Eine werdende Mutter spuckt noch die letzten Minuten vor Ankunft hochgewürgtes Wasser in den Flur, was sich beim Bremsen den Weg nach vorn zwischen unsere Beine bahnt 🤮 Ansonsten sind wir aber angetan von dem ersten Eindruck Monterreys, von Bergen umrahmt 🌇 Wir kommen an, machen uns auf den schäbigen Bahnhofstoiletten frisch, die immer zu bezahlen sind, und frühstücken ein wenig 🍌☕️ Dann bestellen wir uns ein Uber und es geht zu Hector, unserem Couchsurfing-Host. Wir hatten nur drei Leute angeschrieben, weil wir uns noch nicht sicher waren, haben aber gleich 2,5 Zusagen erhalten. Gutes Omen 😊
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