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  • Day 99

    Silvester und Neujahr in Jerewan

    January 2, 2020 in Armenia ⋅ ⛅ 2 °C

    Als wir im Taxi immer tiefer ins Zentrum fahren, merken wir schon, dass wegen Silvester Ausnahmezustand herrscht. Auch unsere Taxifahrt endet ein bisschen früher, weil der zentrale Platz, wo wir uns mit Sarah und Grant verabredet haben, gesperrt ist. Wir laufen das letzte Stück und sind überrascht von dem immensen Polizeiaufgebot. Dann stellen wir fest, dass der Platz momentan komplett gesperrt ist und wir gar nicht zum Treffpunkt können. Ein paar Nachrichten und Meter später treffen wir die anderen, die an anderer Stelle nicht weiterkamen. Wir erfahren, dass auf dem Platz der Republik später die große öffentliche Silvesterfeier sein wird und der Einlass gegen 21 Uhr aufmachen soll. Da wir eh erst Essen gehen wollen, machen wir uns auf den Weg durch die Fussgängerzone zu einem Restaurant, wo Sarah und Grant die letzten Tage öfters waren (Die zwei sind sehr kulinarisch interessiert unterwegs und wir haben schon einige Tipps von ihnen genutzt). Im Lavash sind zwar viele Touristen und der Andrang ist groß, aber wie wir später schmecken, lohnt es sich. Wir bestellen wieder viele Gerichteund teilen sie miteinander. Die Stimmung ist auch bei der Belegschaft ausgelassen und die Weihnachtslieder im Hintergrund werden plötzlich laut gedreht und alle Kellner tanzen zusammen. Trotzdem läuft irgendwie alles weiter und wir kriegen eine leckere Speise nach der anderen. Wegen Silvester schließt das Lokal bereits um 21 Uhr und wir begeben uns zum Hauptplatz. Dort gibt es Einlasskontrollen, unter anderem auf Alkohol. Wir haben extra eine Flasche Champagner, die Kathi schon lange besitzt, für diesen Anlass dabei und die Australier haben mehrere Flachmänner mit Cognac. Zum Glück haben die beiden ihr Hotelzimmer sehr zentral nur 3 Gehminuten entfernt und wir lagern unsere Vorräte dort - schade! Diesmal werden wir eingelassen (Sarah schmuggelt trotzdem Cognac mit rein) und laufen über den riesigen Platz. Sehr viele Menschen sind schon da und auf der einen Seite steht ein riesiger Weihnachtsbaum mit zigtausenden Lichtern u d auf der anderen Seite eine große Bühne mit seitlichen Bildschirmen.
    Grant erzählt, dass armenische Bekannte erwähnt haben, dass Goran Bregoviç kommen könnte. Maurice ist völlig aus dem Häuschen und hofft, dass die Info sich als wahr herausstellen wird.
    Wir erkunden das Gelände und gehen über eine Art Weihnachtsmarkt, wo es tatsächlich Glühwein gibt. Mit dem heißen wohlschmeckenden Getränk aus der Heimat in der Hand unterhalten wir uns und holen ab und zu Nachschub. Interessant ist ein kurzes Gespräch mit einer armenischen Familie, in der alle Englisch sprechen und die uns über den Regierungswechsel im letzten Jahr informiert und von den positiven Effekt dadurch berichtet.
    So vergeht vergnügt die Zeit bis es Mitternacht ist und wir wieder zum Hauptplatz eilen, wo gerade das Feuerwerk losgeht. Kathi kannte solch öffentliche Silvesterfeiern aus Berlin, Maurice ist beeindruckt von der Stimmung und dem krassen Feuerwerk.
    Nachdem eine Frau mit Band (vermutlich berühmt in Armenien) auf der Bühne orientalische Rockmusik zum Besten gegeben hat, kommt dann wirklich Goran Bregoviç mit seinem Wedding and Funeral Orchestra auf die Bühne und spielt die für ihn typische Balkan-Brass-Musik, unter anderem auch "Gas Gas Gas". Wir feiern mit Musik und Glühwein, bis uns irgenwann doch zu kalt ist und wir noch in das Hotelzimmer der Australier weiterziehen. Dort gibt es noch den Champagner und Snacks und irgendwann suchen wir uns ein Taxi zu Louie. Trotz Müdigkeit kochen wir noch Nudeln mit Pesto, verputzen den ganzen Topf und schlafen schließlich zufrieden ein. Hallo neues Jahr - ein guter Start!

    Am ersten Januar machen wir nicht viel außer ausschlafen und rumgammeln, wie es sich für Neujahr doch gehört und Filme gucken passt auch wunderbar. So lernt Maurice "Sissi" kennen, was Kathi schon lang ein Anliegen war.
    Kathi geht es nach so eine Feier-Nacht mit ihrer Kränkelei natürlich eher schlechter und sie will nicht mal Tomatensuppe essen, während Maurice die restlichen Fische vom Sewan-See zubereitet und verputzt. Den Bus verlassen wir an dem Tag
    nur 1 bzw. 2 mal, um ins Bad zu gehen und dabei den zahlreichen Indern (es sieht so aus, als wären alle anderen Gäste aus Indien) ein Happy New Year zu wünschen.

    Für den 02. Januar nehmen wir uns vor, die Hauptstadt auch bei Tag anzugucken und kommen aber wehen anfänglicher Gemütlichkeit erst am frühen Nachmittag los.
    Wir fahren diesmal mit dem Bus und naxh anfänglicher Verwirrung klappt das auch gut. Wir erfahren, dass es ca. 20 Cent kostet und man erst beim Aussteigen zahlt. Zentrumnah steigen wir aus und laufen zu den Kaskaden, die ein Wahrzeichen der Stadt sind. Auf dem Weg dorthin kommen wir am Mantenadaran-Museum vorbei. Es ist das Zentralarchiv für alte armenische Handschriften. Seit 1962 ist es nach dem Heiligen Mesrop Maschtoz benannt, dem Entwickler des armenischen Alphabets. Heute ist es geschlossen und so begutachten wir nur die draußen ausgestellten Chatschkaren bevor wir zu den Kaskaden weitergehen.
    Der Kaskaden-Komplex ist wie eine riesige Treppe einen Hügel hinauf, immer wieder durch Zwischenebenen unterbrochen und wenn es wärmer ist plätschert wohl Wasser über die vielen kunstvollen Brunnen. Leider läuft kein Wasser und es wäre mit wohl um Einiges schöner. Wir beschließen, ganz hoch zulaufen, was sich aber nicht sonderlich lohnt. Erst kommt ein riesiges hässliches Loch von Baustelle und oben dann ist der Blick auf die Stadt auch kein besonders schöner, geschmälert noch vom trüben Wetter.
    Am Fuß der Treppe gibt es eine kleine Freilicht-Ausstellung mit manch wirklich coolem Kunstwerk. An der Oper vorbei gehen wir Richtung Innenstadt und unser Hunger bringt uns noch mal ins Lavash, wo wir wieder sehr leckere Sachen essen. Dann wollen gerne noch in das Armenische Geschichtsmuseum. Das macht jedoch bald zu wie wir erfahren und wir verschieben es auf den nächsten Tag.
    Mit dem Klein-Omnibus geht es zurück und wir lassen den Tag ruhig ausklingen.

    Am 03. Januar wollen wir auf jeden Fall ins Geschichtsmuseum und gehen zur Bushaltestelle. Der Bus hat eine andere Nummer, aber neben der armenischen für uns unidentifizierbaren Schrift steht da City in lateinischer Schrift. Wir fragen noch den Busfahrer, ob er wirklich ins City CENTER fährt , er bejaht und wir steigen sein. Wir fahren und fahren und irgendwann googeln wir eine Fahrroute, die zu stimmen scheint. Das Center wird dabei schön umfahren und wir überlegen, wo wir am besten aussteigen. Da alles in der Peripherie verläuft warten wir auf die letzte Haltestelle, die wenigstens an einer U-Bahn-Station liegt. Nach einer Stunde Fahrt steigen wir in die U-Bahn und sind dann 10 Minuten später am Museum. Es ist schon wieder fast 16 Uhr, aber wir denken, 2 Stunden sollten reichen. Das Museum geht mit frühzeitiger Geschichte los, die Exponate sind gut dargestellt und auch auf Englisch beschrieben, es ist interessant. Langsam arbeiten wir uns ein Stockwerk weiter, wo dann plötzlich Zeit- und Themasprünge für leichte Verwirrung sorgen.
    Als es endlich zur Geschichte des 20. Jahrhunderts kommt, die uns besonders interessiert, geht es drunter und drüber und nur noch manche nichtssagenden Bilduntertitel sind auf Englisch, die meiste Information bleibt uns vorenthalten. Wir fühlen uns etwas an das Stalin-Museum in Gori erinnert. Auch der Genozid der Türken an den Armeniern ist leider in dem Stil dargestellt. Zudem schicken uns die angestellten Damen immer Richtung Ausgang und nur mit Durchsetzungsvermögen können wir die restlichen Teile im Schnelldurchlauf ansehen. Dann ist es 18 Uhr und mit mehr Verwirrung als Erkenntnis treten wir auf den Platz der Republik- sehr schade!

    Wir wollen aber noch nach einer Hose für Maurice schauen, da die aus der Türkei sich leider bereits mit Löchern am Hintern als kein Produkt guter Qualität herausgestellt hat. Wir tauchen ab in eine unterirdische Einkaufspassage, werden aber nicht mal mit dem richtigen Geschäft fündig. Dafür ergattert Maurice endlich ein Gimbal für sein Handy, wo nach er schon seit ein paar Ländern Ausschau hält. Wir treten die Heimfahrt an, diesmal mit einer bewährten Buslinie und kochen noch schön in Louie. Es reicht uns schon irgendwie mit dieser Stadt.
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