Satellite
  • Day 65

    Begegnung

    November 11, 2017 in Peru ⋅ ☁️ 17 °C

    Vor einigen Tagen wurde ich gefragt, ob ich meine Jungs ins Theater nach Miraflores mitnehmen könnte. Im Vergleich zu Rimac, wo sich das Heim befindet, ist Miraflores, das touristische Zentrum von Lima, eine andere Welt. Ohne Stau wäre es eine Autofahrt von wahrscheinlich gerade mal 15 Minuten, doch der Unterschied ist gewaltig. Während das Straßenbild von Rimac geprägt ist durch Straßenhunde und brüchige Häuser gibt es in Miraflores sogar einen Fahrradweg zwischen beiden Straßenseiten, bunte Lichter, schöne Parks und natürlich das Meer. Dementsprechend groß waren die Augen der Jungs, als wir den Corredor Azul, einen der Busse, die von der Municipalidad Lima sind, genommen haben. Nachdem wir mit leichter Verzögerung losgekommen sind, war ich insgesamt sehr positiv davon überrascht, wie gut die Kinder auf mich gehört haben. Vielleicht lag es daran, dass ich natürlich auch die Verantwortung gespürt habe und etwas resoluter gesprochen habe. Des Staus wegen sind wir kurz vor knapp beim Theater abgekommen, wo uns die Leiterin der Organisation CEDRO, für die ich arbeite, und die Mädchen aus dem korrespondierenden Mädchenheim erwartet haben. Mir war im Bus schon aufgefallen, dass einer der Jungs einen Babyhund aufgegabelt hat und jetzt mit dabei hatte. Ich hatte allerdings nicht so weit gedacht, dass wir den nicht mit ins Theater nehmen können. Nun ging es gleich los und ich bin mit dem Jungen raus, eigentlich um den Hund auszusetzen. Das haben wir beide dann aber überhaupt nicht übers Herz gebracht, natürlich ist er uns direkt wieder gefolgt als wir ihn da lassen wollten. Vergeblich habe ich dann bei zwei Kiosks gefragt, ob sie auf den aufpassen könnten. Nun war ich schon ziemlich verzweifelt und mittlerweile auch echt traurig. Da habe ich mich entschieden, mit dem Hund draußen am Gehsteig zu warten. Neben vielen mitfühlenden Blicken ist mir ein älterer Herr im Kopf geblieben, der mich angesprochen hat. Es ergab sich ein sehr intensives Gespräch, denn dieser Mann hat die letzten 20 Jahre mit Waisenkindern in den Bergen nahe von Lima gearbeitet. Wie eigentlich jeder hier, dem man von seiner Tätigkeit erzählt, war er sehr dankbar und begeistert. Am Ende des Gespräches hat er mich in sein Dorf eingeladen und ich würde mir wünschen, dass das im neuen Jahr klappt, mal an einem Wochenende hinzufahren. Sie sollen dort super leckeres Obst haben ;-)

    Er hat mir noch erzählt, dass er selber nie eine Familie hatte und es genau wie ich sieht, dass man manche Sachen vom Herzen aus macht. Und dass Geben schöner als Nehmen sein kann. Auf jeden Fall hat mir das wieder unglaublich viel Kraft gegeben und jedweder Frust, den ich manchmal in der Arbeit habe, war schon wieder relativiert.

    Mein Wochenende hat gestern mit einem gemütlichen Abend mit meiner Gastmutter und meinem Mitbewohner angefangen, wir haben zusammen das Hinspiel der WM-Qualifikation von Peru geschaut. Es war eine gelungene Überraschung, dass sie mir auch ein Trikot gekauft hatte, die ganze Stadt trägt weiß-rot :) mein armer Gastbruder musste arbeiten, er macht eine Koch-Ausbildung und hat jetzt "nebenbei", 6 Tage die Woche, im TGI Fridays in Miraflores angefangen zu arbeiten. Heute ging es dann auch wieder an den Strand. Morgen früh dann Basketball und anschließend wahrscheinlich ins japanisch-peruanische Kulturzentrum nebenan (hier gab es mal sehr viele Einwanderer aus Japan, hätte ich davor auch nie erraten), wo es ein gastronomisches Fest gibt :-)
    Read more