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  • Day 83

    Kia Ora from Kaikoura

    March 21, 2019 in New Zealand ⋅ ⛅ 17 °C

    Kaikoura heißt uns willkommen („Kia Ora“ ist übrigens der maorische Ausdruck für „Herzlich Willkommen“). Hier schlagen wir für die nächsten Tage in dem Hostel „Seaside View Lodges“ unser Lager auf. Gemeinschaftsbäder und große Gemeinschaftsküche gehören ja inzwischen praktisch schon zu unserem Standard, um den auf Dauer unbezahlbaren Hotelzimmern zu entgehen. Und wir können uns mit unserer Auswahl auch wenig beschweren. Die Unterkunft hält was der Name bereits verspricht: Aus einem großen Panoramafenster blicken wir auf die weite steinige Bucht, das blaue Wasser und die hohen dahinterliegenden teilweise wolkenverhangenen Berge der Kaikoura Ranges. Ein toller Ausblick. „Dolphins often come into this bay, mainly in the morning“ prahlt unser Host außerdem und hat sich damit sofort unsere volle Aufmerksamkeit gesichert. Unser Host ist ein Maori (Ureinwohner Neuseelands) wie aus dem Bilderbuch: sonnengebräunte, dunkle Haut, langes lockiges Haar, gestutzter Vollbart, Arme (und wahrscheinlich auch noch weitere Körperteile) durch großflächige Tatoos verziert, wahrscheinlich vom Alter so Ende 40. Er stellt sich uns mit „Storm“ vor, wobei wir beide nicht ganz sicher bin, ob er sich diesen einprägsamen und coolen Namen vielleicht einfach selber gegeben hat 😉 Storm ist sehr offen, locker, kontaktfreudig und hilfsbereit und wird uns in den nächsten Tagen noch häufiger unseren Aufenthalt versüßen (es wird mir wohl noch länger in Erinnerung bleiben, wie er uns abends heroische Lagerfeuer-Geschichten seiner Online-Spiele-Vergangenheit erzählt hat und seine Heldentaten von einem fiesen höhnischen Lachen begleitet wurden...). Auf die versprochenen Delfine in der Bucht warten Susi und ich dann aber leider vergebens, auch wenn wir jeden Morgen erwartungsvoll aus unserem Fenster gestarrt haben... Macht aber nichts, da wir ohnehin in Kaikoura eine Tour zum Delfine-Beobachten gebucht haben, aber dazu unten mehr.

    Kaikoura befindet sich auf einer weiten fingerförmigen Halbinsel, die in den pazifischen Ozean ragt. Es liegt direkt am pazifischen Feuerring und so wurde 2016 das Dorf leider durch ein schweres Erdbeben der Stärke 7.8 schwer beschädigt und selbst heute noch sieht man Überbleibsel der Schäden und die sicherlich noch viele weitere Jahre andauernden Aufräum- und Reparaturarbeiten. Besonders charakteristisch ist, dass sich durch das Erdbeben der Meeresgrund bis zu 4 Metern angehoben und das komplette Küstenbild verändert hat. Wo vor einigen Jahren noch lange Kiesstrände in den Ozean liefen, erstrecken sich inzwischen schroffe, weit ins Meer vorgelagerte Korallenplatten, die das Erdbeben zum Vorschein gebracht hat. Kaikoura zählt als einer der besten Orte Neuseeland, um Robben, Delfine und Wale zu beobachten. Und so nutzen Susi und ich unseren Aufenthalt, um uns beiden jeweils einen Traum zu erfüllen, der schon lange in unserem Kopf rumschwirrt. Ich möchte unbedingt einmal in meinem Leben mit Delfinen schwimmen, während Susi es kaum erwarten kann, einmal einen großen Wal in freier Natur zu beobachten. Und so haben wir für den ersten Tag unseres Aufenthalts eine Dolphin Swimming Tour (Susi wird das Spektakel als Zuschauer beobachten) gebucht, während uns am darauffolgenden Tag als weiteres Highlight eine Whale Watching Tour erwartet 🙂

    Tag 1: Aufgeregt stehe ich am frühen Morgen auf und blicke aus dem Fenster. Das Wetter scheint mit uns zu sein, denn nach den teilweise trüben und regnerischen vergangenen Tagen lacht uns heute Morgen die Sonnen entgegen. Wir haben extra eine frühe Tour am Morgen gebucht, da das Meer dann in der Regel etwas ruhiger sein soll und wir nicht in die Gefahr von Seekrankheit laufen. Denn die Tour ist eine „Open Water Experience“, was bedeutet, dass wir relativ weit vor die Küste mit dem Boot hinausfahren und dann im offenen Ozean schwimmen werden. Habe ich bisher auch nicht gemacht und ich gestehe, dass die Vorstellung hunderte Meter Wasser unter sich zu haben auch ein klein wenig Unbehagen hervorruft. Am Tour-Stützpunkt angekommen, schlüpfe ich in meinen Wetsuit (inzwischen bin ich die zweite Haut ja schon gewohnt), höre noch eine Sicherheitsbelehrung und einige Hinweise, wie man am besten die Aufmerksamkeit der Delfine auf sich zieht, und dann geht‘s auch schon los aufs Boot. Die Suche nach Delfinen beginnt. Die Tour vor uns soll bereits gut verlaufen sein, gutes Wetter und viele Delfine. Meine Erwartungshaltung steigt... Nach ca. 30 Minuten Bootstour entlang der Küste Kaikouras stoßen wir dann auch bereits auf den ersten Schwarm von Delfinen. Unbeschreiblich viele Delfine (es müssen bestimmt 100 oder mehr sein) gleiten durch das Wasser, neben und unter dem Boot entlang, oder zeigen mit kühnen Sprüngen und Saltos ihr akrobatisches Geschick. Wahnsinn! Wunderschöne Tiere und mit einer solchen Anzahl hätten wir nicht gerechnet. Der Kapitän gibt mit einer lauten Sirene das Zeichen, dass wir ins Wasser können und in voller Montour mit Schnorchel und Flossen gerüstet springe ich dann ins kühle Nass. Tatsächlich ist das Meer kühler als erwartet und ich bin froh, dass mich der Neopren-Anzug schön warm hält. Wie von unseren Guides empfohlen, machen wir mit animalischen Lauten so gut es geht auf uns aufmerksam. Ich selbst beginne unter Wasser eine Melodie zu summen, was sich gar nicht mal als so einfach herausstellt, da ich ja nebenbei auch noch Luft holen muss. Meine Melodie ist somit sicherlich alles andere als bühnenreif, aber die Delfine scheinen zum Glück nicht allzu wählerisch zu sein (oder aber noch schlimmeres gewohnt zu sein 😉). Denn sie schwimmen neugierig um uns und unter uns. Aber wie flink sie sind. Und das Wasser ist trüber als ich dachte, unter Wasser wirkt alles wie ein dichter Nebel. Trotzdem kann ich einige Male beobachten, wie dicht neben oder unter mir eine Gruppe Delfine vorbeizieht. Mit einem der Delfine versuche ich ein sogar ein kleines Tänzchen zu machen und beginne mich zu drehen, während ich von ihm umkreist werde. Ein tolles Gefühl, ihm in greifbarer Nähe in die Augen schauen zu können. Susi scheint das Erlebnis ebenfalls von Bord aus bestens genießen zu können, hat sie doch einen wunderbaren Blick auf das Gewusel im Wasser. Wie wir später erfahren, haben wir heute sogar drei verschiedene Spezies von Delfinen gesehen: die Dusky Dolphins (die häufigsten Delfine Neuseelands), die Common Dolphins (die häufigsten Delfine weltweit) und die Hector Dolphins (eine sehr seltene Rasse, die nur in Neuseeland existiert). Voller Erfolg also und ein wirklich einmaliges Erlebnis, was jeden Euro wert gewesen ist und was ich mit einem zufriedenen Lächeln von meiner Bucket List streichen kann 🙂

    Tag 2: Wir machen uns erneut am Morgen auf den Weg zum Hafen. Heute sollen wir einer weiteren majestätischen Spezies des Ozeans begegnen: Pottwale. Die Männchen dieser riesigen Meeressäuger halten sich praktisch das ganze Jahr über vor der Küste Neuseelands auf und sind außer in dieser Region ansonsten nur noch im hohen Norden Norwegens zu beobachten. Heute müssen wir auch noch ein Stückchen weiter aufs Meer hinaus als gestern zur Delfinbeobachtung, so dass wir mit einem flotten Schnellboot über das Meer flitzen. Die Kabine schaukelt ganz ordentlich als wir über die zum Glück relativ niedrigen Wellen springen und wir sind beide ganz froh, provisorisch ein paar Tabletten gegen Seekrankheit genommen zu haben (so dass wir nicht von den tollen Spuckbeuteln Gebrauch machen müssen). Während der Fahrt bekommen wir von unserem Guide an Bord noch einige Fakten über das Boot, Kaikoura und dessen Meereswelt vermittelt. Wir merken allerdings beide, dass der Guide seinen Text mehrmals täglich runterrasseln muss und daher die wirkliche Begeisterung in seinen Augen vergeblich zu suchen war. Ist aber nicht weiter schlimm, denn wir sind ja auch nicht wegen des Guides hier, sondern wegen der Wale. Nach ca. 30 Minuten macht das Boot einen kurzen Stop und eine der Angestellten versucht mit einem Unterwassermikrofon Wallaute zu orten. Und tatsächlich empfangen wir nur eine knappe Meile vor uns ein Signal. Der Kapitän heizt den Motor wieder an und rast zum vermuteten Aufenthaltsort des Meeresgiganten. Und tatsächlich, wenige Minuten später gleitet er in naher Entfernung vor uns, wie ein großer schwimmender Felsen ragt ein Bruchteil des steingrauen Oberkörpers und die verhältnismäßig kleine Flosse aus dem Wasser. In Abständen von ca. 10 Sekunden wird eine Wasserfontäne von dem grauen Riesen hoch in die Luft geprustet. Die Sonnenstrahlen erzeugen bei jedem Atemzug einen kleinen Regenbogen in dem dadurch zerstäubten Wasserdunst. Wunderschön anzusehen!!! Pottwale befinden sich meist nur wenige Minuten an der Wasseroberfläche, dann tauchen sie wieder für 45 Minuten bis zu mehrere hundert Meter unter. Ein stetiger und vorhersagbarer Rhythmus. Auch unser Exemplar macht hier keine Ausnahme und so setzt er nur kurze Zeit später zu seinem nächsten Tauchgang an. Ein kurzer magischer Moment, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Der Oberkörper wölbt sich elegant und geschmeidig ins Wasser, begleitet vom charakteristischen Aufrichten der monströsen Schwanzflosse, die so viele Postkarten und Urlaubsfotos ziert. Und dann ist er auch schon wieder spurlos verschwunden.... Ein kurzer Augenblick, aber einzigartig und mit Sicherheit unvergesslich.

    Anmerkung: Der Name Kaikoura stammt übrigens von den maorischen Worten „Kai“ (= Essen) und „Koura“ (= Flusskrebs) ab und ist berühmt für seine vorzüglichen „Crayfishs“. Auch wenn Susi und ich zunächst etwas skeptisch gegenüber diesem kulinarischen Genuss sind, wollen wir uns den Leckerbissen nicht entgehen lassen. Und so teilen wir uns zum Mittag einen der nicht ganz günstigen Krebse, zubereitet so wie es sein muss: frisch gefangen, noch lebend aus dem Becken und dann mit etwas Knoblauchbutter auf den Grill. Schmeckt wirklich ganz gut, von der Konsistenz etwas wie Hühnchen, aber mit dem typischen Geschmack von Meer 🙂 Trotz der kulinarischen Freude haben wir anschließend aber auch ein etwas schlechtes Gewissen hinsichtlich der armen Meerestiere, die die makabere Zubereitung über sich ergehen lassen müssen und sind uns beide einig, dass dieses Gericht zukünftig sicherlich nicht auf unserer Standard-Menükarte erscheinen wird...
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