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  • Day 156

    This is it... the final curtain

    June 2, 2019 in Curacao ⋅ ⛅ 29 °C

    Letzte Episode der Reise, letzter Tag im Paradies, letzter Tag ganz weit weg, letzter Tag einer unglaublichen Zeit... ich hab mich während meiner Reise schon häufiger gefragt, wie sich wohl dieser letzte Tag anfühlt und wie schwer es mir fallen wird, diese letzten Zeilen zu schreiben. Ob ich wehmütig bin, dass alles vorbei ist, dass ich zurück in die Realität kehren muss, ob ich zweifele, die Zeit wirklich in bester Weise genutzt zu haben, ob ich mir bereits jetzt Sorgen mache um all das, was mich in der Heimat wieder erwarten wird?

    Es ist komisch, doch jetzt wo ich hier sitze, in mich hinein höre und diese Zeilen tippe, fühle ich mich doch frei von schweren Gedanken. Ich fühle mich irgendwie erfüllt von einer Zufriedenheit, Genügsamkeit und tiefen ehrlichen Dankbarkeit. Ich könnte jetzt jammern und sagen: „Die Zeit war viel zu kurz und ging viel zu schnell vorbei“, doch das würde die Wirklichkeit verbiegen und wäre alles andere als fair im Hinblick auf die unglaublich intensiven Monate, die hinter mir liegen. Es verwirrt mich manchmal selbst, wenn ich an die vergangenen Erlebnisse zurückdenke. Teilweise kommt es mir vor als sind wir doch erst vor ein paar Tagen mit dem Campervan durch Australien gefahren, wurden Nachts von Kängurus besucht und sind an einsamen Stränden entlang gewandert. Und dann im nächsten Moment kann ich aber kaum glauben, dass es „nur“ gerade Mal einen Monat her ist, dass ich Susi in San Pedro verabschieden musste und ich alleine durch Südamerika weitergereist bin. Fast täglich kommen mir Erinnerungen an Ereignisse der vergangenen Monate, bei denen ich mich ungläubig frage: „Haben wir das wirklich alles in dieser „kurzen“ Zeit erlebt?“ Ich weiß, dass fünf Monate prinzipiell eine lange Zeit sind, aber ich weiß genauso gut, wie schnell ein halbes Jahr an einem vorbeifliegen kann und man sich dann die Frage stellt, was eigentlich in dieser Zeit passiert ist. Nicht selten ging es mir so in den vergangenen Jahren. Umso mehr weiß ich es jetzt zu schätzen, wie wertvoll diese intensiven fünf Monate waren.

    Bin ich daher nicht wehmütig, dass diese einmalige Reise vorbei ist? Wie bei allen schönen Dingen im Leben, ist es doch selbstverständlich auch eine kleine Träne zu verdrücken, wenn etwas so Schönes zu Ende geht und man loslassen muss. Aber ich fühle mich ausgeglichen und innerlich zufrieden, denn die Monate hätten kaum besser verlaufen können. Ich verschwende nicht einen Gedanken daran, dass ich die Zeit besser hätte nutzen können oder dass ich so vieles nicht sehen konnte und verpasst habe. Vielmehr bin ich dankbar für alles Erlebte, die Erfahrungen, die ich machen durfte und das große Glück, gesund durch diese lange Reise gekommen zu sein. Und ich spüre die unglaublich besänftigende Genugtuung, unbeschreiblich viele Erinnerungen mit nach Hause zu nehmen, auf die ich mein Leben lang mit einem Lächeln zurückblicken werde, Erinnerungen, die durch kein Geld der Welt aufzuwiegen sind und die mir niemand wieder nehmen kann. Und ich spüre, dass mein Fernweh und meine Sehnsucht zu reisen ausgiebig befriedigt wurden. Zumindest schwirrt mir nicht bereits jetzt schon im Kopf herum, wo ich denn wann als Nächstes hinreisen könnte... 😀

    Es erleichtert den Abschied auch immens, dass es natürlich auch viele schöne Dinge gibt, die mich in der Heimat wieder erwarten. Ich freue mich schon sehr darauf, meinen Schatz wieder in den Arm zu nehmen, Familie, Freunde und Kollegen wiederzutreffen, ein zünftiges Bierchen in einem der vielen fränkischen Biergärten zu mir zu nehmen, wieder den Tennisschläger zu schwingen und mehr Sport zu treiben, abwechslungsreich und vielfältig zu kochen, mich auf mein weiches und bequemes Bett zu schmeißen, nicht mehr aus dem Rucksack zu leben, mal wieder etwas Chiques anzuziehen, Wasser bedenkenlos aus dem Wasserhahn zu verwenden, die letzte Staffel von Game of Thrones zu schauen, und noch vieles mehr...

    Aus diesen Gründen habe ich den finalen Abschnitt meiner Reise in Curacao in den letzten Tagen auch ganz unbeschwert genießen können. Neben den vielen Schnorchelstunden und Strandgängen, die den Großteil des Tages eingenommen haben, durfte natürlich auch ein Besuch der Inselhauptstadt Willemstad nicht fehlen. Schließlich ist auch diese Stadt wie schon so viele Orte auf unserer Reise UNESCO Weltkulturerbe. Berühmt für seine vielen bunten Gebäude im historischen Zentrum, findet man hier einen sehr sauberen und gepflegten Stadtkern mit vielen kleinen Geschäften und Bars, der zum Flanieren einlädt. Schön anzuschauen, aber für meinen Geschmack fast etwas zu sehr herausgeputzt und auf die Bedürfnisse der vielen Kreuzfahrtgäste abgestimmt, die hier an bestimmten Wochentagen zu tausenden die Stadt überschwemmen (zum Glück hab ich zufällig den „Ruhetag“ erwischt 😀). Neben dem Stadtkern ist auch ein Besuch des berühmten Mambo Beach absolutes Pflichtprogramm, so etwas wie der Ballermann der Karibik 😂 Wer jetzt aber gleich an Sangria-Eimer und Saufgelage denkt, hat weit gefehlt. Zu meiner Überraschung herrschte am wirklich schönen Strandabschnitt eine äußerst entspannte Stimmung (vielleicht lag dies aber auch an der derzeit herrschenden Nebensaison). Am Abend lädt dann eine der vielen Strandbars mit wirklich guten Live Bands zum Verweilen ein. Auch ich konnte dem Charme nicht widerstehen und habe die Happy Hour in einer der Strandbars mit einem kühlen Bier bei hervorragender Live Musik und kostenlosen BBQ Rippchen voll ausgekostet 😀

    Was wäre Curacao ohne den namensgleichen Likör? Ich bin mir sicher, dass viele das alkoholische Getränk mit seiner charakteristischen blauen Farbe durchaus kennen, von seiner Herkunftsinsel aber nur sehr wenig wissen. Um das „Wahrzeichen“ der Insel besser kennenzulernen, entschied ich mich für eine Fabrikführung, natürlich inklusive Verkostung 😄 Die Fertigungsstrasse der familiären Fabrik erwies sich als äußerst überschaubar. Hier wird tatsächlich noch alles per Hand gemacht, vom Orangen schälen über die Destillation bis zum Befüllen und Verpacken. Soll anscheinend ein Qualitätsmerkmal darstellen, aber als ich beobachte, mit welcher Trägheit die Mitarbeiterinnen letztlich die Etiketten auf die Flaschen kleben, kommen mir da so meine Zweifel, insbesondere an der Effektivität 😂 Ich beschließe dennoch eine Flasche zu kaufen und nach Deutschland zu importieren. Übrigens die überraschendste Erkenntnis für mich ist die Tatsache, dass der Likör eigentlich vollkommen farblos ist und erst nachträglich mit einem geschmacksneutralen Farbstoff versehen wird, den es neben dem bekannten Blau auch in Rot, Orange und Grün gibt. Wer also beim nächsten Supermarkteinkauf zögern sollte, für welche Farbe er sich entscheiden soll, kann bedenkenlos einfach nach der Optik gehen. Der Geschmack ist nämlich bei allen Farben identisch 🙂

    Neben viel Strand und Meer hat Curacao für meinen Geschmack landschaftlich eher wenig Reize. Dennoch wage ich einen Ausflug in den kleinen Nationalpark „Shete Boka“ an der Nordküste (was soviel heißt wie sieben Buchten). Es erwartet mich hier eine trockene Küstenlandschaft mit einigen kleineren Buchten, die von rauhen Wellengang umspült werden. Ich muss sofort an den Devil‘s Tear aus Bali zurückdenken, der ein ähnliches Bild bot. An einer besonders rauhen Stelle des Meeres lasse ich mich auf einer Bank nieder und lasse das Treiben der Wassergewalten auf mich wirken. Wahrscheinlich verbringe ich gar eine geschlagene halbe Stunde ausschließlich damit zu beobachten, wie wieder und wieder die Wellen gegen die Küste schlagen und dabei eine beachtliche Wasserfontäne erzeugen. Das Naturschauspiel wirkt fasst schon hypnotisch auf mich. Es sind Momente wie dieser, die mir sicherlich in Zukunft fehlen werden. Einfach mal die Muße haben, nur dazusitzen und die Natur zu beobachten, ohne dass mir tausend Gedanken des Alltags im Kopf rumschwirren. Solche Momente habe ich extrem zu schätzen gelernt. Das ist pures Gefühl von Freiheit 🙂

    Der letzte Abend in Curacao bricht an. Wie könnte ich die Reise wohl passender abschließen als ein allerletztes Mal die Sonne hinter dem Horizont verschwinden zu sehen. Ich fahre also an einen schönen Strandabschnitt und finde hier wie für mich gemacht ein Bänkchen direkt an der Klippe, perfekt zur Sonne ausgerichtet. Es ist fast so, als wollte mir der liebe Gott zum Abschied noch ein kleines Geschenk machen, denn zum ersten Mal seit meiner Ankunft in Curaçao haben sich die Wolken fast vollständig gelichtet und erlauben einen ungetrübten Blick auf die untergehende Sonne. Was für ein absolutes Glück 😀 Ich bin etwas überrascht, dass der sonst recht gut besuchte Strand bereits nahezu vollständig leergefegt ist. Anscheinend wissen viele Urlauber die Ruhe und Magie der untergehenden Sonne nicht auf die gleiche Weise wie ich zu schätzen. Lediglich ein einzelnes Pärchen kann ich noch an dem sonst verlassenen Strand ausmachen. „Die machen es goldrichtig“ denke ich, als ich sie beobachte, wie sie gemeinsam im seichten Wasser stehen, der Blick aufs Meer und die Sonne gerichtet. Fest umarmt, minutenlang nahezu regungslos genießen sie einfach die tolle Atmosphäre. Ich freue mich für die beiden, spüre in solchen Momenten aber leider auch besonders, dass ich einsam bin und dass mir mein Schatz fehlt. Sonnenuntergänge erlebt man am besten zu zweit 🙂 Ich ziehe ein letztes Mal meine Kopfhörer auf und lasse mich von stimmungsvoller akustischer Musik berieseln, während ich buchstäblich zusehen kann, wie der Vorhang ein letztes Mal fällt und diese einmalige Reise zu Ende geht...

    Anmerkung: Wer sich jetzt fragen sollte, ob dies tatsächlich der letzte Footprint ist, dem kann ich mit einem klaren „Jein“ antworten 😂 Ja, es ist tatsächlich der letzte Footprint aus Übersee und auch das letzte Reiseerlebnis, welches ich festhalte (sofern ich nicht später beim Sichten der vielen, vielen Fotos einmal feststellen sollte, dass ich über ein entscheidendes Erlebnis ja noch gar nicht berichtet habe 😉). Nein, es wird aber nicht der allerletzte Footprint dieser Reise sein, denn ich habe noch einige etwas umfassendere Gedanken zu meiner Reise im Kopf, die mir wichtig sind und die ich ebenfalls gerne teilen würde, sobald mich die Heimat wieder hat. Man darf also auf den Epilog durchaus noch gespannt sein 😄
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