Satellite
  • Day 16

    Mostar

    August 16, 2018 in Bosnia and Herzegovina ⋅ ☀️ 29 °C

    Heute sollte endlich einer der wichtigen Ziele in BiH angesteuert werden. Eine Balkantour ohne Ausflug nach Mostar ist wie Italien ohne Pizza gegessen zu haben.

    Die Anreise über den kleinen Grenzübergang und nervenaufreibende Nebenstrecken dauerte gut zwei Stunden. Zwischen Imotika und den Sümpfen von Gabela gibt es schmale, kaputte Straßen und viele Serpentinen. Die Leitplanken sind so gut wie nie vorhanden und bei Begegnungsverkehr muss man auf die unbefestigte Bankette ausweichen. Das kostete viel Zeit und noch mehr Nerven. Die Gegend rings herum würde ich als karge, trostlose Einöde bezeichnen. Bei permanentem Gekurve und Gebremse wurde zumindest der Beifahrerin etwas schlecht. Die Kinder auf der Rückbank schafften die Tortour immerhin ohne ins Auto zu brechen.

    Irgendwann wurden die Straßenverhältnisse dann deutlich besser und wir erreichten den Ort Pocitelj. Hier lohnt sich ein kurzer Zwischenhalt. Eine uralte Befestigungsanlage und in den Hang eines Felsens gebaute Häuser und Moscheen ergeben ein faszinierendes Gesamtbild.

    Mostar begrüßt seine Gäste zunächst mit Plattenbauten und mit vielen zerstörten Häusern. Überall erinnern Einschusslöcher an den Bosnienkrieg, unter dem die Stadt im Talkesserl schwer gelitten hat.

    Wir fanden schließlich einen kostenfreien Parkplatz etwas außerhalb. Generell gibt es auch hier wenig Stellflächen für Autos und es wird überall geparkt, wo Platz ist. Natürlich auch auf den hohen Bürgersteigen. Spätestens in der Nähe der Altstadt stehen Parkeinweiser, welche oft private Hinterhöfe oder sonstige Flächen an suchende Autofahrer vermieten.

    Bei erneut extrem hohen Temperaturen machten wir uns auf in die Altstadt. Die Erwartungshaltung war aufgrund von diversen Reiseberichten hoch. Aber bevor wir uns ins Getümmel stürzten mussten wir zunächst Konvertible Mark organisieren. Die ersten zwei Bankautomaten lehnten unsere EC-Karten ab. Beim dritten hatten wir Glück und zumindest eine Karte wurde akzeptiert. Der Wert der Landeswährung ist an die D-Mark gekoppelt. 1 Mark entsprechen 50 Cent.

    Mostar ist die größte Stadt der Herzegowina, des südlichen Teils von Bosnien und Herzegowina, sowie die sechstgrößte Stadt des Landes und hat 113.000 Einwohner.

    Die Brücke "Stari most" ist wohl eines der bekanntesten Fotomotive Bosnien und Herzegowinas. Sie verbindet das westliche Ufer des Flusses Neretva mit dem östlichen. Während des Krieges wurde 1993 das Bauwerk von kroatischen Streitkräften durch gezielten Beschuss zerstört. 2004 wurde die Brücke nach aufwendigen Bau- und Rekonstruktionsarbeiten wieder eröffnet. Noch heute ist die politische Situation in Mostar sehr kompliziert. Der Fluss trennt nicht nur die Stadt symbolisch in zwei Hälften. Während das westliche Ufer kroatisch dominiert wird, leben im östlichen Teil die Bosnier und andere Bevölkerungsgruppen. Auch wenn diese Gebietsaufteilung mittlerweile offiziell keinen Bestand mehr hat bleiben die Schwierigkeiten bestehen. Jahrelang wurden keine Kommunalwahlen durchgeführt und die wirtschaftliche Situation in Mostar ist eine Katastrophe.

    Davon bekommen die zahlreichen Touristen nicht ganz so viel mit. Auffallend viele Bettler gibt es dagegen schon, und am östlichen Ufer finden sich deutlich mehr Moscheen, aber das war es auch schon.

    Wir reihten uns also in den stetigen Strom der Touristen und gaben uns reichlich Mühe, den Buggy über das grobe Pflaster zu schieben. Für den Kinderwagen ist die Altstadt definitiv nicht geeignet. An diesem Tag war alles etwas zu voll, was die wahre Schönheit des alten Gemäuers und der zahlreichen Verkaufsstände und Geschäfte etwas trübte. Auf der Brücke war kaum ein durchkommen und um die berüchtigten Brückenspringer bildete sich eine große Traube mit gezückten Smartphones. Die Springer sammeln Geld ein und wenn etwa 50 Euro zusammen gekommen sind stürzen sie sich knapp 25 Meter hinab in den Fluss.

    Wir verbrachten gut zwei Stunden mit der Erkundung des alten Mostars auf beiden Uferseiten bevor die Tourifalle zuschnappte und wir in ein Restaurant gelockt wurden. Die Grillgerichte waren verhältnismäßig teuer und leider auch nicht wirklich gut. Wer also vorhat in Mostar richtig gut essen zu gehen, der achtet bitte auf Restaurants vor denen keine jungen Frauen stehen, welche die Leute vollquatschen.

    Die Rückfahrt nach Oslje zog sich wieder endlos in die Länge und wir fuhren in dem Bewusstsein, dass unser letzter Abend in Kroatien angebrochen war.
    Read more