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  • Day 83

    La Paz - Silvester, Seilbahn, Stufen

    January 1, 2019 in Bolivia ⋅ ⛅ 15 °C

    Am 30. Dezember fahren wir mit dem Bus vom Titicacasee nach La Paz, der Quasi-Hauptstadt Boliviens (laut Verfassung ist es eigentlich Sucre).
    Obwohl, das ist nicht ganz richtig: wir fahren mit Bus UND Boot. 😬 Eine knappe Stunde nach dem Start heißt es nämlich aussteigen, ab auf eine kleine Fähre und über einen Arm des Sees. Unser Bus wird separat auf einem mehr als wackeligen Floß mit einem kleinen Außenbordmotor hinterher transportiert. Es sieht nicht so aus, aber er kommt unbeschadet an und wir setzen unsere Reise fort.

    Angekommen in La Paz beziehen wir das schöne LOKI Boutique Hotel. Neu, modern und was Preis-Leistung angeht, unschlagbar. Was wir dort erst erfahren: das Hotel gehört zu einer Kette von südamerikanischen Hostels und es gibt noch eine Unterkunft in der Nähe, in der an Silvester eine große Party stattfindet. Da wir eh noch nicht so recht wissen, wie wir ins neue Jahr feiern sollen, schauen wir uns die Bar dort gleich mal an. Sie befindet sich im obersten Stockwerk, hat einen hervorragenden Blick über La Paz, die Drinks sind günstig, die Leute freundlich - dieses Jahr gibt’s also Silvester im Partyhostel. 🎊

    Und das macht seinem Namen alle Ehre: einen Tag später finden sich dort feierwütige Leute aus der ganzen Welt. Ab 9 Uhr morgens (!) wird jede Stunde das neue Jahr in anderen Ländern mit kostenlosen Shots begrüßt. Keine Angst, wir schauen uns unter Tags die Stadt an und steigen erst gegen 19 Uhr in die Feierei ein. Später abends gibt es dann gute Musik vom DJ und es wird viel getanzt. Es fällt fast gar nicht auf, dass wir zwei wahrscheinlich 10 Jahre älter als der Durchschnitt sind. 😂 Um 12 erwarten wir dann ein Feuerwerk-Inferno über La Paz. Denn eins haben wir auf unserer Reise schon gelernt: Feuerwerk ist wichtig in Südamerika. Dabei geht’s auch nicht unbedingt um die Schönheit - laut muss es sein!
    Aber das Geballere hält sich sogar in Grenzen und wir schauen uns von unserer Hostel-Bar aus ein paar nette Feuerwerke über der Stadt an. Gut, dass Pit da ein bisschen nachhilft. 😬 Auf dem Nachhauseweg haben immer noch Marktstände in den Straßen offen und verkaufen richtig dicke Silvesterraketen. Da müssen ein paar her („¿tu tienes bsssscccchhhhhh boooommmm 🙌?“)! Der Alkohol hat das übliche Sicherheitsbedenken beiseite gewischt und die Streichhölzer zünden dann auch nach dem dreißigsten Versuch. Um 2 Uhr früh erhellen Pits Raketen nochmal La Paz‘ Silvesterhimmel. 😂

    Damit die Kultur nicht zu kurz kommt, machen wir an Neujahr eine Walking Tour durch die Stadt. Bei den vielen Bergen und Stufen müssen wir ab und an ganz schön schwer atmen. Wir sind ja auch im höchstgelegenen Regierungssitz der Welt.
    Unsere beste Führung auf der bisherigen Reise übrigens. Marie-Sol erzählt uns wirklich interessante Geschichten über La Paz und bei so manch einer urbanen Legende bzw. Tatsache bleibt einem schon der Mund offen stehen. Oder wusstet ihr, dass:
    - es hier einen Hexenmarkt gibt, auf dem man getrocknete Lama-Föten kaufen kann, die man Pachamama (Mutter Erde) opfert, wenn man z.B. um Glück oder Reichtum bittet oder ein Haus bauen will? (Tatsache)
    - dass sich Pachamama bei größeren Projekten, wie einem Hochhaus, nicht mehr mit einem Babylama zufrieden gibt und aaaangeblich schon mal ein bewusstloser Obdachloser vom Schamanen im Fundament eingemauert wird? (Wohl eher Legende)
    - dass, wenn kein Obdachloser „zur Hand“ ist, es auch eine Blondine tut? 😳
    - dass bei den indigenen Damen kräftige Waden als Sexsymbol gelten?
    - dass das San Pedro Gefängnis in La Paz als Stadt in der Stadt gilt, in der der Drogenhandel (auch mit ausländischen Touristen) blüht und Insassen dafür zahlen, dort untergebracht zu sein? (Lest unbedingt das Buch „Marching Powder“ von Rusty Young!!!)

    Ach übrigens: Wir steigen nie wieder in eine U-Bahn. 😉 In La Paz fährt man nämlich mit der Seilbahn. Es macht mega Spaß, geht relativ schnell und ist das beste Fortbewegungsmittel in dieser unglaublich bergigen Stadt. Außerdem sieht man aus der Vogelperspektive so viele interessante Sachen wenn man über Wohnviertel, durch Häuserschluchten und weit über der Skyline hochfährt. Dabei kostet eine Fahrt nur 3 Bolivianos (knappe 40 Cent). Was für eine wunderbare Beschäftigung, bei der man auch mal begreift, wie vielfältig und verschachtelt diese Stadt doch ist. 🚠

    La Paz hat uns wirklich gut gefallen. Es ist weit, unübersichtlich, gutes einheimisches Essen ist nicht so leicht zu finden, kein Mensch kann sich anständig anstellen, die Temperaturen schwanken im Minutentakt und jeden Tag regnet es nachmittags was runter geht.
    Aber trotzdem: La Paz hat Charme, ist wunderbar unperfekt, es gibt tolle alternative Geschäfte, die Leute sind charmant, alles wirkt ein bisschen gelassener als in anderen Hauptstädten und wahrscheinlich bekommt man nirgends auf der Welt so viel für sein Geld.
    Und hey: ich bin nicht als blondes Opfer an Pachmama geendet, Pit hat seinen zweiten Friseurbesuch auf der Reise mehr als gut überlebt und: es gibt Seilbahnen. 😍
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