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  • Day 146

    Boliviens wilder Südwesten

    January 4, 2019 in Bolivia ⋅ ☁️ 10 °C

    Hallihallo :-) da sind wir wieder...

    Wir fahren an den großen Silber- und Bleiminen von Potosí vorbei, über das von kargem Steppenland geprägte Altiplano und gelegentlich vorbei an kleinen Siedlungen und Bauerndörfern, bis wir in Uyuni, einer Kleinstadt südlich des größten Salzsees der Welt ankommen.

    Es gibt kaum befestigte Straßen und der Sand und Staub der Wüste bedeckt alles was sich ihm in den Weg stellt und scheint zudem in jede Ritze zu kriechen. Irgendwie liegt etwas Endzeitstimmung in den grauen und ockerfarbenen Straßen und doch ist der erste Eindruck von Uyuni gar nicht so schlimm, wie uns der ein oder andere Reisende vorher geschildert hat. Und trotz der eiskalten Bedingungen herrscht in Uyuni eine fröhliche Atmosphäre, das Städtchen macht neugierig!

    Wir haben uns für zwei Tage eine Unterkunft gesucht, um zu überlegen, wie wir am sinnvollsten die einzigartige Landschaft der nördlich gelegenen Salzwüste erkunden können. Mit dem Fahrrad oder zu Fuß ist es wenig praktisch und angesichts der beginnenden Regenzeit schwierig, da die Salzebene in Teilen jetzt schon unter Wasser steht (das Gebiet rund um die Insel mit den alten Kakteen ist jetzt schon gesperrt). Zudem müssen wir schauen, wie wir im Anschluss zur chilenischen Grenze kommen und mit dem Bus kann es im Südwesten dank unzuverlässiger Transportmittel und der Abgelegenheit der Gegend zu einer echten Herausforderung werden. Wir entscheiden uns mit einem einheimischen Fahrer für 3 Tage die Wüste und den völlig unbesiedelten Südwesten Boliviens mit einem 'Landcruiser' zu erkunden, denn ohne einen ortskundigen Führer mit Fahrzeug ist es fast unmöglich in dieser Region an die Grenze zu Chile zu gelangen. Für 920 Bolivianos (umgerechnet 116 €) geht es los und das Tolle ist, dass Miriam und Timm, die mit uns von Sucre nach Uyuni gereist sind und mit denen wir eine wirklich tolle Zeit dort verbringen durften, wollen mit uns diese Tour unternehmen :-)
    Anna-Lena, eine junge Frau, die nach ihrem Abi alleine durch Südamerika reist (ganz schön taff!), sowie ein junger Mann aus Belgien (Wemme - wir wussten nie, wie der Name richtig ausgesprochen wird... irgendwann hieß er nur noch "W") sind auch mit dabei.

    Bevor wir jedoch aufbrechen, wurde uns empfohlen dem Büro der Migración in Uyuni einen Besuch abzustatten, um die Grenzformalitäten für den Grenzposten nach Chile 'Hito Cajón' abzuklären, was wir natürlich tun. In einem völlig herunter gekommenen Bürohaus und einem ebenso eindrucksvollen Büro bekommen wir jedoch nur die verwirrende Info, dass wir alles an der Grenze klären sollten...! Welche Funktion hat nur dieses fragwürdige Büro fragen wir uns! Dann machen wir es eben so...

    Am folgenden Tag treffen wir uns um 10:00 Uhr mit Javier, unserem Fahrer, Guide und Koch. Unser Gepäck wird auf dem Dach des 'Landcruiser' fest verzurrt und Tag 1 unserer Tour beginnt.

    Wir fahren, bevor wir in Richtung Salzebene aufbrechen, zuerst zu einem alten Friedhof von dutzenden verrosteten Dampflokomotiven. Für uns ein riesiger Abenteuerspielplatz für Erwachsene, denn wir können auf den 'Loks', Tendern und Wagen herumkletten und uns in der alten Zeit hier verlieren. Zudem ist es vor der Kulisse der Berge und andererseits der Wüste ein toller Platz für viele skurrile Fotos. Timm lässt seine Drohne fliegen - tolle Aufnahmen von den Zügen, den vielen anderen Touristen und uns entstehen.

    Nachdem wir auf den 'Salar de Uyuni' mit unserem Geländewagen fahren, eröffnet sich für uns eine der fesselndsten und schaurigsten Sehenswürdigkeiten unseres Planeten. Ist die Salzebene doch unglaubliche 12 000 km² groß und liegt auf einer Höhe von über 3600 m. Wenn er austrocknet, dann wirkt der 'Salar' wie ein weißer Ausläufer des unvorstellbaren Nichts. Da sind nur der blaue Himmel und der weiße Boden. Und wenn sich etwas Wasser auf der Ebene sammelt, spiegeln sich die Wolken und der blaue Himmel des Altiplano perfekt auf der Oberfläche wider und der Horizont verschwindet. Für uns natürlich die perfekte Gelegenheit die schon kultigen Fotos von Spielchen mit Spiegelungen und der Perspektive zu machen. Ein riesiger Spaß :-) Wir bleiben den restlichen Tag auf dem 'Salar', bevor wir den See in der Abenddämmerung verlassen und noch eine ganze Weile über Schotterstraßen unserem Nachtquatier entgegen fahren. Für mich ein abenteuerlicher vom Scheinwerferlicht gefluteter Weg durch die Nacht, bis wir in einer kleinen Ortschaft und einer netten fast ganz aus Salz bestehenden Unterkunft in unser auch aus Salz gebautes Bett fallen.

    An unserem zweiten Tag geht es in den südwestlichsten Zipfel von Bolivien. Javier stopft sich seine Backen voller Coca-Blätter und auch Timm und Miriam haben eine Tüte Coca-Blätter dabei. Es soll gegen die Höhenkrankheit helfen, schließlich bewegen wir uns immer auf Höhen von 4000m - 4500m Höhe. Man nimmt also erst einmal 5, 6 Blätter und legt sich diese für etwa 15 Minuten in die Backen zum einweichen. Nach und nach nimmt man immer mehr Blätter hinzu bis die ganze Backe voll ist und kaut genüsslich den ganzen Tag auf den Coca-Blättern herum. Soweit die Theorie! Ich halte es für etwa eine 3/4 Stunde aus und spucke sie heimlich aus dem Fenster, nachdem mir das Zahnfleisch taub wird und bevor ich anfange zu würgen. Bekomme ich doch lieber Kopfschmerzen durch die Höhe, als dass ich weiter auf diesen Blättern herumkaue und mir am Ende noch die Zähne ausfallen!

    Für uns eine wirklich ehrfurchtgebietende Ansammlung rauer und vielfältiger Landschaften. Wir sind im Eduardo Avaroa Andean Fauna National Reserve und fahren an unzähligen schneebedeckten Vulkanen vorbei, alle weit über 5000m und zu großen Teilen mit einer perfekten Kegelform. Durch eine Wüstenlandschaft mal mit gelbem oder rotem Gestein, ein anderes mal ganz in grau. Ich könnte wetten, dass hier die NASA ihre Marsrover testet. Denn auch einen Meteoritenkrater sehen wir in einer Bergflanke. Aber auch nach Schwefel riechenden Fumarolen, blubbernden Schlammlöchern unterschiedlichster Farben und Geysiren bekommen wir zu Gesicht.

    Wir halten an Lagunen, die mal aufgrund von Mineralien türkisfarbenes Wasser haben, oder aufgrund von Bakterien in einem satten Rot leuchten. Wir sitzen auf einer Anhöhe oberhalb der Laguna Colorado und sind unglaublich beeindruckt. Vor uns stehen mehrere Tausend rosafarbene Flamingos im 'Rot' der Lagune. Wir schweigen und sehen einfach nur fern... Ist es doch genau dieser Moment, von dem wir vor dieser Reise geträumt haben :-)

    Immer wieder sind wir überrascht, wie Tiere in dieser unwirklichen Umwelt überleben können. Wir sehen Lamas und Vicuñas (zwei der Vier Arten von Andenkamelen), Wüstenfüchse, Hasen, Flamingos und unzählige Vögel. Gibt es hier doch nicht einmal einen Baum. Nur manchmal scheinbar verdorrte Büsche und Kakteen.

    Es ist schon sehr erstaunlich, wie sich Javier in dieser Gegend auskennt. Mal fahren wir hinter dem nächsten Berg links, mal mitten im Nirgendwo rechts. Es gibt keine Dörfer, oder Siedlungen und auch keine Straßen. Man fährt einfach, wie mal will. Manchmal sind bestimmt 20 verschiedene Reifenspuren im Sand zu erkennen, was ja grundsätzlich nichts besonderes ist, doch ist jede 20 - 30 Meter von einander weg!

    Und es gibt sie doch... Häuser! Nach einem sehr langen Tag kommen wir unweit einer Lagune zu einer Ansammlung verschiedener Gebäude, von denen eines unsere Unterkunft für die Nacht sein wird. Es gibt keine Duschen und auch keine Heizung. Doof nur, daß wir auf etwa 4600m Höhe sind und es nicht sonderlich warm hier ist, ehrlich gesagt bitter kalt. Aber etwa 300m unterhalb unserer Unterkunft entfernt, direkt an der Lagune gelegen, steigen die Dampfwolken eines kleinen Thermalbeckens in die Luft und wir können bis tief in die Nacht den unglaublich strahlenden Nachthimmel der südlichen Hemisphäre aus dem heißen, 38°-Becken heraus bestaunen. Ein Traum...! Nur leider erkennen wir nicht ein einziges Sternzeichen...

    ... unsere folgende Nacht wird gemilde gesagt, nicht sonderlich geruhsam. Wir träumen beide nur unvorstellbaren Stuss, werden ständig wach, da wir gaaanz tief Luft holen müssen, da wir das Gefühl haben keine Luft zu bekommen. Hätten wir doch nicht gedacht, daß die Luft hier schon so dünn ist!

    Etwas müde von unserer fast schlaflosen Nacht geht es nach dem Beladen unseres Geländewagens weiter ge'n Süden zur 'laguna verde' (warum sind hier die Flamingos eigentlich nicht grün :-) und zur chilenischen Grenze.

    Für uns ist hier die Reise mit Javier, Miriam, Timm und den anderen beiden zu Ende. Es geht nach Chile. Die anderen fahren nach Uyuni zurück. Es würde uns sehr freuen, wenn wir uns nach unserer Reise wieder mit Miriam und Timm treffen könnten und unsere Erlebnisse austauschen könnten!

    Die bolivianische Grenzstation zu Chile gleicht eher einem alten verlassenem Außenposten, als einer offiziellen Grenzstation, wenn an dem etwas herunter gekommen Häuschen aus Lehm nicht eine Landesfahne wehen würde. Unseren Ausreisestempel und die -formalitäten organisiert uns übrigens Javier und das, ohne das wir je einen Grenzbeamten haben zu Gesicht bekommen....
    ....wofür ist nur dieses Büro für Migracion in Uyuni?..!

    Viele Grüße in die Heimat
    Ariane & Marco
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