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  • Day 297

    Zwischen Gelassenheit und Wehmut

    June 4, 2019 in Ukraine ⋅ ☁️ 24 °C

    Gamarjoba ;-)

    Wir sind zurück in 'Tbilisi'. Hatten wir hier doch noch einige Sachen in einer unserer letzten Unterkunft deponiert, die wir in Georgien nicht immer mit uns mitschleppen wollten und bevor es uns morgen Abend mit dem Zug nach Batumi an die Schwarzmeerküste zieht, steht eines unbedingt noch auf unserer Todo-Liste für Tbilisi: Haben uns doch bei unserer letzten Visite in Tbilisi die aus Backstein gemauerten Kuppeln der erdebenen Schwefelbäder neugierig gemacht :-) Also los geht's:

    Man darf wählen zwischen privaten und öffentlichen Badesälen. Da die privaten 50 € aufwärts kosten und für bis zu 10 Personen sind, entscheiden wir uns für die öffentliche Variante. Hier baden jedoch Damen und Herren ausschließlich getrennt. Laut den Beschreibungen erwarten uns arabische Badesäle mit prachtvollen Mosaiken an Wänden und Kuppeln. Außerdem eine Sauna und Becken, in denen bis zu 47 ° C heißes kohlensäure-, eisen- und schwefelhaltiges Wasser eine heilende und desinfizierende Wirkung haben soll. Klingt doch perfekt. So geht der eine von uns links und der andere biegt rechts in eines der Bäder ab...
    ...Nun die Realität ;-) Empfangen werde ich in einem recht vernachlässigten Umkleideraum, in dem man rauchen darf und mir neben Getränken auch eine Massage von kräftigen Männern angeboten wird. Eher etwas gewöhnungsbedürftig ;-) Naja, nackig wie Gott mich schuf wage ich mich durch die nächste Tür ins Bad und zu meiner Überraschung entspricht alles den Beschreibungen. Naja, bis vielleicht auf die Duschkonstruktion, die mit etwa 10 Brausen bestückt aussieht, als wäre sie aus einem Zuchthaus der 30er Jahre. Ein wirkliches besonderes und edles Verknügen.

    Ich (Ariane) werde ebenfalls in einer rustikalen Umkleidekabine mit Metallspinten aus der Sowjetzeit willkommen geheißen - ich aber von drei stämmigen älteren Frauen. Die Nachfrage nach einem Peeling oder einer Massage verneine ich wie Marco auch. Ich bekomme einen Spint zugewiesen und sehe, wie zwei andere Frauen in einen großen gefließten Raum wie ihn Marco gerade beschrieben hat, gehen. Also nehme ich mein Duschzeug und folge ihnen nach einiger Zeit. Ich wundere mich, wie gründlich sich diese beiden Frauen waschen. Ich bin nach kurzer Zeit duschen der Meining, dass ich jetzt sauber genug bin und gehe wieder hinaus - noch immer stehen die anderen unter der Dusche. Ich frage die Massagedamen, die sich mittlerweile eine Zwischenmahlzeit in der Umkleidekabine zubereitet haben, mit Händen und Füßen, wo das Badebecken denn sei. Die Antwort verstehe ich nicht, gehe aber zuversichtlich der einen Dame, die gerade in den Flur geht, einfach mal hinterher - alle sprechen kein Englisch, so will sie mir bestimmt den Weg zum Badebecken einfach zeigen. Ich wundere mich ein wenig. Ob die Frauen tatsächlich so nackt dann durch den öffentlichen Flur ins Becken gehen?... Und wickele mir mal vorsichtshalber mein Handtuch um. Als die Frauen aus der Umkleidekabine nun etwas rufen, dreht sich meine Wegweiserin ruckartig um, fängt, wie die anderen auch, laut an zu lachen und scheucht mich mit ihren beiden Händen wie Hühner in ihren Perrisch wieder zurück in die Umkleidekabine. Husch husch schschsch.... Hmmm??? Irgendwas stimmt nicht...! Ab zurück! Eine Frau, die sich gerade umzieht kann ein wenig Englisch und ich verstehe: "no pool for women :-/"
    Hä?!... OK... Jetzt verstehe ich - also ab zurück in den Duschraum und 55 Minuten unter heißem Sulfurwasser duschen...

    ...Wir sind in Batumi angekommen und die Stadt wird unsere letzte Destination außerhalb Europas sein.

    Obwohl am Schwarzen Meer gelegen, versprüht Batumi auf uns ein eher mediterranes Ambiente. Im Vergleich zu Tbilisi geht hier alles etwas leichter von der Hand. Abseits der Hauptstraßen und -attraktionen scheint jegliche Hektik fern. So ganz ohne Anspruch, noch viel erleben zu müssen, ist Batumi wie gemacht, um in lockerer Atmosphäre unsere Reise durch Georgien ausklingen zu lassen.

    Nichtsdestotrotz schauen wir ein wenig wehmütig auf die umliegenden grünen Hügel der Region Adscharien, deren Hauptstadt Batumi ist. Mal zackenförmig, mal wellig fallen sie ins Schwarze Meer hinab. Eine ganze Woche könnten wir wohl allein in Batumi und Umgebung verbringen. Und so steigen die ohnehin hohen Chancen darauf, dass wir eines Tages nach Georgien zurückkehren werden, in den letzten Tagen noch einmal weiter.

    Wir wollen nicht mehr fliegen und überlegen uns, mit dem Schiff über das 'Schwarze Meer' zu fahren, um seit langem nochmal europäischen Boden zu betreten. Die einzige Fähre Richtung Westen fährt jedoch nur in die Ukraine. Ukraine! Hmm, warum nicht!

    Übermorgen Mittag um 12 Uhr soll unsere Fähre nach 'Chornomorsk' auslaufen, also noch genug Zeit sich die Tickets zu kaufen, den tollen botanischen Garten und natürlich die Stadt mit ihren unzähligen Kasinos à la Las Vegas (zugegebenermaßen im Kleinformat) anzusehen. Wir pumpen unseren Volleyball nochmal auf und powern uns im riesigen Park entlang der Strandpromenade nochmal richtig aus :-)

    Wir haben eine tolle Doppelkabine mit Blick auf's Meer und das 'Schwarze Meer' ist verdammt groß. Über 2 volle Tage fahren wir gelegentlich begleitet von Familien von Delfinen vorbei an der Krim bis nach 'Chornomorsk' . Neben uns beiden, Martin und Karl (zwei Reisende Motorradfahrer), sind fast nur LKW-Fahrer an Bord, die Waren quer durch Europa transportieren. Zwei entspannte und sehr interessante Tage an Bord der ehemaligen deutschen Ostsee-Fähre 'MS Greifswald'.

    Nachdem die Einreiseformalitäten der ukrainischen Grenzbeamten in der provisorisch eingerichteten Kontrollstelle in der Schiffskantine erledigt sind und wir die Fähre verlassen, ist es schon spät am Tag. Ab Ende der Schiffsrampe sollen wir mit ein Paar weiteren Passagieren warten. Der Bus in die Stadt käme gleich. Was jedoch nach einer halben Stunde kommt ist ein Gabelstapler mit einer riesigen Schaufel. Wir sollen unsere Rucksäcke, wie alle anderen darauf stellen und kurz darauf kommt auch ein Bus. So fahren wir nun gemeinsam, also wir im Bus und unsere Rucksäcke auf dem Stapler gerade mal 150 m zu einer alten unzeitgemäßen Grenzkontrolle, an der unser Gepäck gescannt wird. Ohne ukrainisch zu verstehen wirkt das ganze Prozedere recht seltsam...

    ...geschafft! Wir suchen uns einen Platz zum Zelten und werden an einem Eisenbahndamm am Rande des Hafens fündig :-)

    Es sind gerade nur noch 2 Wochen, bis wir zu Hause sind. Verrückt wie die Zeit gerannt ist. Unsere Schritte müssen etwas größer werden, schließlich sind es noch immer über 2.000 km bis in den Hunsrück :-) Wir hatten uns vor unserem Reiseantritt gesagt: "Bevor wir nach Hause fahren, gehen wir noch eine Woche in die Alpen zum Wandern" Gesagt, getan! Unser Ziel: Slovenien. Nach einem Tag Sightseeing in Odessa fahren wir mit dem Zug quer durch die Ukraine, bis wir am Morgen des 07.06. die Grenze zur EU, genauer gesagt nach Ungarn überqueren.

    Buvaĭ - Das heißt soviel wie Tschüss!
    Ariane & Marco
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