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  • Day 112

    Riders on the storm

    May 29, 2022 in Albania ⋅ ⛅ 23 °C

    Am Samstag, als Linda leider schon wieder nach Hause fliegen musste, konnten wir uns nur wenige Meter bewegen und hingen verkatert in den Hängematten ab. Als wir uns am Abend etwas besser fühlten, genossen wir nochmal ein wenig Trubel auf dem Festival und sprachen mit einem Barbesitzer, über einen Ausritt mit Pferden. In Montenegro trafen wir ein holländisches Pärchen, dass uns diese „Horse riding Tour“ wärmstens empfohlen hat und wir freuten uns auf den kommenden Tag. An dieser Stelle möchte ich gern vorwegnehmen, dass es keine normale, in der Sonne spazierende Pferderunde war, sondern sich alles etwas abenteuerlicher entwickelte. „Avenir“, unser Guide sagte schon am Vorabend, dass die Wetterprognose Gewitter ankündigt und wir schauen müssten, ob es möglich wäre auszureiten. Von den Bedenken war allerdings am Morgen nichts mehr zu spüren und wir fuhren mit dem Jeep zum Gelände mit den Pferden. Hier waren Georg und Phil für uns vorbereitet und wie machten mit unseren fleißigen Trägern Bekanntschaft. Im Vorhinein wurden wir kurz gefragt, ob wir schon mal geritten sind aber weitere Vorraussetzungen mussten wir nicht mitbringen. Kurz wurden die Kommandos erklärt und dann ging es auch schon mit einem weiteren Guide „Lily“ los. Die Pferde trugen uns den Hang hinauf. Es fühlte sich fast wie klettern an und mir war nicht bewusst, dass Pferde das können. Ich versuchte mich an die Worte meiner Mama zu erinnern, wie man sich am besten auf einem Pferd verhält und hoffte das Richtige zu tun. Gern hätte ich sie als Expertin dabei gehabt. Mir schien es jedoch, als ob Avenir und Lily wüssten was sie da taten und es war ein wunderbares Gefühl mit dem Pferd und der Natur zu verschmelzen. Bei herrlichem Sonnenschein ritten wir den Berg hinauf, über Stock und Stein, auf Wiesen und über Trampelpfade. Sogar ein kleiner Trap war hier und da drin, bis wir an einem Wasserloch ankamen und ein Päuschen machten. Es gab kleine Snacks und Sangria, denn damit reitet es sich besser. Wir genossen den Ausblick über das Tal und den aufkommenden Wind. Die Wölkchen am Himmel hatten sich mittlerweile zu größeren Wolken formiert und kurze Zeit später war ein kleines Grummeln über den Bergen zu hören. Avenir meinte, dass man bei einem Gewitter nicht in den Bergen sein darf, nicht in Albanien, denn die Wetterverhältnisse sind meistens extrem. Als wir dann schneller unser Getränk austrinken mussten und die beiden etwas hektisch die Sachen zusammen packten war klar, dass unsere Pause wohl kürzer als gedacht ausfallen würde. Wir mussten uns vom Acker machen. Also rauf auf die Pferde und los. Es fing an zu Nieseln, das Grummeln wurde lauter und kam nun von mehreren Seiten. Lily wählte einen schnelleren Weg bergab und führte uns über einen Feldweg. Als der Regen stärker wurde liefen beide Guides neben den Pferden aber wir durften noch etwas sitzen bleiben und schneller reiten. Der Regen entwickelte sich zu Starkregen, bis fast Hagel daraus wurde. Die Regenjacke aus dem Rucksack zu holen war mittlerweile überflüssig und es blitze und donnerte um uns herum. Die Guides sagten uns, dass wir nun ebenfalls absteigen müssten und zogen ihr Pferde immer schneller den Weg hinab. Ich nahm Georg an die Zügel, wir schauten uns tief in die Augen und folgten den Beiden. Georg war das nicht geheuer aber wir merkten, dass wir da jetzt zusammen durch müssen. Also reihten wir uns ein und rannten nun zu viert die Hügel runter. So eine Energie habe ich selten gespürt, es regnete in Strömen, wir alle waren bis auf die Haut nass und rannten vorm Gewitter davon. Querfeldein, durch Gebüsche, über Steine, Hauptsache weg aus den hohen Lagen. Ich musste teilweise echt schmunzeln, weil das so skurril war. Immer wieder machte ich Georg Mut und lobte ihn fürs feine Rennen. Irgendwann kamen wir an einer Kirche an und warteten unter Bäumen, dass es aufhören würde zu regnen. Wir rangen die Klamotten aus und versuchten die Handys trocken zu verstauen. Avenir und Lily meinten, dass sie das so auch noch nicht erlebt hätten. Zum Glück hatten wir Wechselsachen mit und Avenir lachte, weil das irgendwie so deutsch war. Als wir wieder los liefen, nahmen wir eine Abkürzung, die uns durch das dichteste Dickicht führte und nochmal enger mit den Pferden zusammen wachsen ließ, weil wir ihnen helfen mussten, da durch zu kommen. Als wir endlich auf dem Feldweg im Tal angekommen waren, hatte sich der Regen und das Gewitter verzogen, und wir stiegen wieder auf die nassen Pferde. Sie witterten das naheliegende zu Hause und waren wohl motiviert schnell dort anzukommen. Lily, der vor mir ritt, brachte sein Pferd zum Galoppieren also eiferte Georg ihm nach. Sowas hatte ich noch nie gemacht und so richtig wusste ich auch nicht, was ich da tat. Meine Beine schmerzten, ich rieb mir alles an den Seiten auf aber es war wunderbar. Die Erfahrung, so schnell mit einem Pferd zu reiten, wird mir für immer in Erinnerung bleiben. Was ein lebendiges Gefühl mit dem Pferd eins zu werden, die Bewegungen zu spüren und über die Wiese zu jagen. Wirklich irre! An der Koppel angekommen konnte ich es gar nicht glauben, fühlte mich elektrisiert und konnte nur „ Wow“ herausbringen. Was eine Erfahrung mit einem Pferd den Hügel zu besteigen, diesen bei strömendem Regen dann wieder herunter zu rennen, um dann das letzte Stück gemeinsam zu galoppieren.Read more