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  • Day 52

    Aruba

    December 14, 2022 in Aruba ⋅ ☀️ 28 °C

    Für den Flug von Curaçao nach Aruba haben wir Plätze bei „Divi Divi Air“ gebucht. „Divi Divi Air“ - das klingt erstmal nach „Der Name war uns egal und die Sicherheitsvorkehrungen sind es auch“. Auch hier gilt wieder freie Platzwahl. Die Propellermaschine ist so klein, dass wir ohnehin alle mehr oder weniger übereinander sitzen. Es gibt keine Cockpittür und keine Sicherheitseinweisungen.
    „Na ja“, denke ich mir, „so ein kleines Flugzeug entführt sowieso keiner. Und bei den engen Sitzen hocken wir ja quasi schon in der Brace Position.“
    Es ist ein Katzensprung nach Aruba. In nur 30 Minuten sind wir da. Kaum zu glauben, dass es bei der kurzen Distanz tatsächlich keine Bootsverbindung mehr zwischen den Inseln gibt.

    Den ganzen Tag über merke ich schon, dass ich Halsschmerzen kriege. Am nächsten Tag habe ich eine ausgewachsene Angina. Okay, kein Problem, denken wir uns. Legen wir uns einfach entspannt an den Strand. Dort angekommen wird uns gesagt, dass keine Liegen mehr übrig seien.
    "Aber es ist wie spät - 10 Uhr?", fragt Joe.
    "10.11 Uhr", bestätigt der Strandwart.
    "Wann müssen wir denn hier sein für Liegen?", frage ich.
    "Um 11."
    "Ja, aber es ist 10.11 Uhr!"
    "Ja, genau. Aber ihr müsst um 8 Uhr hier sein, wenn ihr eine Strandliege haben wollt."
    Okay. Was für ein Hotel stellt gerade mal so viele Liegen bereit, dass sie um 8 Uhr schon vergriffen sind? Eins, was Geld machen möchte. Wir können nämlich für 40 Dollar pro Person eine Liege mieten oder uns mit klapprigen Plastikstühlen zufrieden geben, die der Strandwart formvollendet vorm nächsten Mülleimer platziert. Hätten wir nicht schon die letzte Woche am Strand verbracht würden wir uns vermutlich darüber aufregen, dass die Richtlinien des Hotels unserer Urlaubsentspannung im Wege steht.

    In den kommenden Tagen findet Joe heraus, dass man die letzte Strandliege um 7.30 Uhr ergattert. Um vorn in der ersten Reihe am Meer liegen zu können, müsste man um 5.30 Uhr sein Handtuch werfen.
    Wir begnügen uns an diesem ersten Tag erstmal mit dem Poolbereich. Es gibt drei verschiedene Pools: einen für Kinder, einen für Erwachsene und einen, um sich zu betrinken. Dort sind feste Hocker und Tische im Wasser eingelassen, auf denen Touristen mit roten Köpfen in der prallen Sonne sitzen und sich Bier aus Eiseimern gönnen. Ständig fühlt sich jemand dazu berufen, zu Whitney Houston die Hüften zu schwingen, ob er nun gerade auf seiner Liege liegt oder im Pool schwimmt oder einfach nur mitten im Weg steht - egal. Jeder fühlt sich hier frei, das zu tun wonach ihm ist.
    Ich sitze währenddessen mit Joe an der Bar und verfolge mit hochgezogenen Augenbrauen, wie alle anderen die Happy Hour abfeiern und sich dabei vom Animateur in die Extase pushen lassen ("When I say happy you sag hour! Happy! Hour! Happy! Hour!") Offiziell finde ich das Ganze höchst lächerlich, aber inoffiziell würde ich jetzt auch gern am Rand eines Sonnenstichs durch den Pool torkeln und mir mit einem Bahama Mama das Resthirn wegzwitschern.

    Joe nutzt die Happy Hour trotzdem und trinkt die 2 für 1 Cocktails einfach alleine, während ich mit meiner Sprite daneben sitze und mit dem Schal um meinen Hals völlig spaßbefreit aussehe. Die erzwungene Nüchternheit hat aber auch ihre Vorteile: gleich an 2 Tagen bringt die Kellnerin uns eine Rechnung, auf der die Happy Hour nicht berücksichtigt wurde. Beim ersten Mal wundern wir uns über den hohen Preis, bezahlen aber gutmütig,  (wird schon stimmen), beim zweiten Mal schauen wir etwas genauer hin und fragen die Kellnerin. Daraufhin verliert sie ihr Lächeln, korrigiert den Beleg und behandelt uns mit eiskalter Verachtung. Es scheint hier Masche zu sein, die Leute mit der Happy Hour in die Bar zu locken und am Ende voll abzurechnen. Und es geht auf: die meisten der Gäste zücken betrunken und entspannt ihre Kreditkarten, ohne auf den Preis zu achten.

    Es gibt noch ein paar andere Möglichkeiten, Geld zu machen: Zimmerservice gibt es hier nur alle 4 Tage. Solange soll man den Sand mit seinen nackten Füßen in möglichst jede Ecke des Zimmers tragen. Umweltschutz ist nicht der Grund für diese Reinigung-Philosophie, denn Handtücher werden täglich gewechselt. Ich frage an der Rezeption, ob man zumindest grundsätzliche Dinge machen wie z.B. das Badezimmer saugen kann, woraufhin am folgenden Tag auch wirklich nur das Badezimmer gesaugt wird - mehr nicht.

    Meine Mail ans Hotel, wie Gäste sich in dem Dreck entspannen sollen, bleibt erstmal unbeantwortet. Dafür kriegen wir einen Brief unter die Tür geschoben, in dem uns erklärt wird, dass wir die Klimaanlage immer laufen lassen sollen, um Schimmel zu vermeiden. Er endet folgendermaßen:
    "Sollten wir noch einmal bemerken, dass Sie die Klimaanlage in Ihrem Zimmer ausgeschaltet haben, werden wir Ihnen 300 $ berechnen. Wir hoffen, Sie genießen Ihren Urlaub bei uns!"

    Am selben Abend werden wir angerufen, ob wir nicht an einem Time-Share Programm interessiert sind. Dann könnten wir für einen bestimmten Betrag im Jahr mehrere Wochen in diesem tollen Resort verbringen. Joe lehnt dankend ab.

    Drei Tage dauert es, dann ist die Angina halbwegs ausgeheilt. Als wir morgens aus dem Hotelzimmer gehen, hängen tiefe Wolken am Himmel. Als wir mit dem Fahrstuhl im Poolbereich ankommen, gießt es in Strömen.
    "Hey, Lorenzo!", frage ich den Animationschef, der uns immer so freundlich nach unseren Tagesplänen fragt, "Was macht man in Aruba an einem Regentag?"
    Schweigen. Dann: "Legt euch am besten wieder ins Bett."
    Wir legen uns nicht ins Bett, wir warten einfach 30 Minuten, dann ist der Regen vorbei gezogen. Und als wir Lorenzo nach Plänen für einen sonnigen Tag fragen, stellen wir fest, dass der einzige Programmpunkt das kostenlose Frühstück ist, bei dem das Time-Share Programm vorgestellt wird.

    Wir gehen lieber an den Strand, wringen die nassen Handtücher aus und lassen uns mitsamt ihnen trocknen. Heute springe ich endlich wieder ins Wasser, das mit seinen hohen Wellen allerdings nicht sehr einladend aussieht. Kaum bin ich knietief  voran geschritten, rollt eine Welle auf mich zu und türmt sich mannshoch über mir auf. Ich will noch weglaufen, da schlägt sie über mir zusammen und spült mich kopfüber zurück an den Strand.
    "Aruba ist nicht meine Insel!", schimpfe ich, als ich klatschnass wieder bei unseren Liegen bin, "Selbst das Meer hat mich ausgespuckt!"

    Aruba war sehr viel touristischer als Curaçao. Curaçao war ruhiger, entspannter und authentischer. Auf Aruba bestand kaum eine Chance, den Hotelkomplex zu verlassen und die Insel an sich kennenzulernen. Das mag zum Teil daran liegen, dass wir wegen meiner Angina mehrere Tage ans Hotel gebunden waren. Bei einer Bootstour am letzten Tag hat uns der Kapitän erklärt, dass hier wenig angebaut und produziert wird. Die Insel lebt also vom Tourismus. Was völlig in Ordnung ist. Unser Hotel hat es aber auf die Spitze getrieben, indem es die Touristen bis aufs Letzte ausnimmt. Wie in einer schlechten Satire haben wir das Treiben auf unseren Liegen beobachtet. Und die Klimaanlage brav eingeschaltet gelassen. Auf 32 Grad.
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