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  • Day 63

    Es muss Selbstmord gewesen sein

    March 4, 2018 in Argentina ⋅ ☀️ 12 °C

    Auf der Schotterpiste der Ruta 83 kommt alle zwei Stunden ein Auto. Einmal im Monat fährt vielleicht auch eine Motorradtruppe vorbei. Es ist also vollkommen unwahrscheinlich, überfahren zu werden, selbst wenn man nur über ein Hasenhirn verfügt. Ergo: Es muss Selbstmord gewesen sein. Vielleicht aus Liebeskummer. Oder aus Nahrungsmangel. Vermutlich aber aus Einsamkeit. Denn hier ist so viel Landschaft und Weite, dass man sich darin verlieren kann.

    Wir starten um 8 Uhr bei 1,5 Grad in einen herausfordernden, sehr langen und besonders schönen Fahrtag. Über 220 km Schotter und 230 km Asphalt liegen vor uns. Lange sind wir vollkommen alleine unterwegs. Zum Grenzübergang nach Argentinien führt uns der Paso Roballos, es geht hügelig und staubig auf und ab, begleitet von gelblichem Pampasgras, Schneegipfeln, blauem Himmel und neugierig-scheuen Guanacos. An der chilenischen Grenze sind wir die einzigen, die Beamten sind so weit ab von allem, dass sie in 3 relativ neuen Häuschen direkt neben der Grenzstation wohnen. Ein altes zerfällt derweil.

    Im 11 km langen Niemandsland zwischen Chile und Argentinien wird der Schotter weich und tief. Das wird leider Phil zum Verhängnis, er stürzt und verstaucht sich den Fuß. Sein Bike wird in den Van verladen und er selbst muss im Tourbus die Beifahrerrolle einnehmen, was ihn verständlicherweise tieftraurig stimmt. Auch der Rest der Gruppe kämpft die folgenden zwei Stunden ab der argentinischen Grenze mit den Bedingungen - immer wieder fahren wir unverhofft in weiche Sandpassagen und tiefe Kiesfurchen. Eine fette Pfützendurchfahrt ist auch dabei.

    Um 15 Uhr erreichen wir endlich wieder Asphalt. Der geplante Tankstopp fällt aus - die Tanksäulen sind zwar bunt beklebt, aber leider leer. Manfreds "normale" 800er bekommt Benzin aus den Kanistern im Van, die Adventures und die Tenere schaffen dank ihrer großen Tanks auch die restlichen 200 km zu unserem Zielort Gobernador Gregores. Erstmals sorgt der erwartete patagonische Wind für verspannte Nackenmuskulatur und skurrile Schräglagen trotz Geradeausfahrt.
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