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  • Day 68

    Magellanstraße

    March 9, 2018 in Chile ⋅ ⛅ 17 °C

    Nach bereits 5 Fahrstunden passieren wir endlich Estancia San Gregorio, eine Geisterstadt an der Magellanstraße. Passend dazu liegen am Ufer zwei Schiffswracks. Beide sollen bei San Gregorio gestrandet sein, sowohl die Ambassador, ein 1869 in London gebauter englischer Teefrachter als auch die Amadeo, ein 1884 in Liverpool vom Stapel gelaufenes Dampfschiff. Die Wracks säumen den Weg der vor 500 Jahren entdeckten Passage zwischen Südamerikas Festland und der südlichen Inselwelt Feuerlands. Magellan war 1520 mit fünf Schiffen aufgebrochen und hatte wohl eine Geheimkarte im Gepäck, die eine Durchfahrt andeutete. Sein eigentliches Ziel waren die Gewürzinseln bzw. heutigen Molukken nahe Indonesien. Er selbst kam später auf dieser Reise ums Leben, doch schon zuvor dürfte diese Reise äußerst entbehrungsreich gewesen sein. Meutereien, Skorbut, eine unfreiwillige Winterpause ... das müssen harte Jungs gewesen sein. Und wenn man heute auf die Landkarte schaut, dann grenzt es an ein Wunder, dass seine Flotte den richtigen Weg durch Buchten, Fjorde und Inseln in Richtung Westen fand.

    Wir setzen am Punta Delgada über, die Fährfahrt dauert nur 20 Minuten. Zuvor hatte ein Teil der Gruppe (Martin, Katrin, Domenico, Marc, ich) eine kleine "gravel detour" gemacht, die sich als lohnend erweist. Zwei Gouchos treiben eine Schafherde mit 2.000 (!) Tieren über die Straße und vor unseren Augen durch ein enges Gatter, die sich danach wieder verteilt. Ein beeindruckendes Spektakel.

    Nochmals ein paar Stunden zurückblickend, kann der morgendliche Start bestenfalls als holprig bezeichnet werden. Der Wecker klingelt um 6.30 Uhr, denn wir wollen um 8 Uhr starten. Es ist allerdings noch verdächtig ruhig in unserem Hotel, und vor allem: dunkel. Der Grund? Das Personal hat kollektiv verschlafen. Somit hat niemand den Stromgenerator eingeschaltet. Die meisten Gäste (es sind nur wir Motorradfahrer) bleiben erst einmal unter der Decke, ich auch, zumal es draußen gefroren hat. Wir müssen zwar keine Windschutzscheiben frei kratzen, aber dafür das Eis von den Sitzbänken schaben. Und wir ziehen alles an, was irgendwie unter die Motorradklamotten passt, bis zur völligen Bewegungsunfähigkeit. Aber richtig erwärmen tut es sich nun nicht mehr, um 10 Uhr fahren wir immer noch bei nur 5 Grad. Außerdem: Wann sind wir eigentlich die letzte ernsthafte Kurvenstrecke gefahren? Vor 1.000 km? Das Ganze hat also nicht mehr viel mit Spaßbiken zu tun. Aber das Ende der Welt ist nahe (wir sind auf der Ruta Fin del Mundo) und will erreicht werden. Wie auch immer.
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