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  • Day 44

    San Pedro aufs Neue

    November 16, 2018 in Chile ⋅ ⛅ 21 °C

    Am nächsten Tag gönnen wir uns erstmal ein richtig ausgiebiges Frühstück (oder Brunch) - Avocado, Käse, Brot, Joghurt... Fast wie daheim! Unser Hostel ist wirklich ganz schön, es gibt eine geräumige Küche und alles, was man zum Kochen so braucht, draußen Tische auf denen man essen kann und Hängematten zum gemütlichen „abhängen“. Das Internet ist langsam (was in San Pedro eh normal ist), und so beschäftigen wir uns analog mit der weiteren Planung für die letzten Tage hier (wir lesen die Empfehlungen des Hostels und fragen). Franz will irgendwie unbedingt noch auf einen der vielen in der Umgebung liegenden Vulkane, die allesamt über 5000m hoch sind. Die angebotenen Touren sind allerdings teuer und wir hegen einige Bedenken mit einer Agentur zu buchen. Wir entscheiden uns für Laskar, 5590mn hoch, der vom Weg her sehr einfach zu begehen its. Die Straße dorthin soll allerdings unangenehm sein, und ein Allrad ist notwendig. Wir überlegen die Pros und Kontras, ein Auto auszuleihen und alleine zu gehen, nicht wissend, wie es uns auf fast 5600m denn gehen würde, und ob die Fahrt machbar sei.... Wegen Entscheidungsfindungsschwierigkeiten und nachdem wir heute keine großen Sprünge mehr machen wollen, geben wir uns halt noch die zweite angebotene Free Walking Tour (eh schon wissen) - und unser Guide, ein Australier, ist ein echter „Bum“. Er lebt seit geraumer Zeit in einem Van mit kanadischer Nummerntafel - den hat er in Süamerika gekauft, und der ursprüngliche Plan war, ihn bis zurück nach Kanada zu fahren. So weit kam er nicht, denn irgendwie blieb er in San Pedro hängen, wo jetzt seine „Base“ ist und er sich (vor allem im Tourismus) immer wieder etwas Geld verdient bevor er sich wieder monateweise auf Reisen begibt. Vorzugsweise reist er in die Kletterparadiese Patagoniens, all sein Geld investiert er in Kletter- und Bergsteigerausrüstung (was man ihm mit einen Blick auf seine Kleidung und insgesamt seine Erscheinung aufs Wort glaubt).
    Der Typ ist uns auf jeden Fall sympathisch, er erzählt davon, früher auch Guide für Vulkanwanderungen gewesen zu sein (dies jetzt aber nur noch gelegentlich und privat für motivierte Leute zu machen) und dass er in ein paar Wochen den zweithöchsten Berg Südamerikas besteigen möchte und ein bisschen Höhentraining machen sollte.
    „He‘s our man!“ denken wir, jedoch liegt ein großer Stein im Weg: er hat kein Auto (nur den Van, der keinen Allradantrieb hat), und Erkundigungen bei sämtlichen Autovermietungen (offiziell sowohl als auch privat) bleiben erfolglos: es scheint so spät und ohne Vorreservierung einfach kein verfügbares Auto zu geben! Hiermit stirbt unsere Idee, und recht spät fallen wir dann verzweifelt auf unseren Angelo zurück (siehe Beitrag gestern).
    Unkonventionell und unkompliziert treffen wir uns kurz darauf bei unserem Hostel und zusammen mit einem Freund stellt er uns allerhand Fragen, ob uns das schon zuzutrauen wäre: Waren wir schon einmal in der Höhe? Wie hoch? Wann? Wie ging es uns da? Wie hoch haben wir in den letzten Nächten geschlafen? Wieviel haben wir heute getrunken?

    Wir sehen dieses Nachfragen und abwägen, ob es Sinn macht mit uns da raufzugehen, als sehr positiv an. Dank unserer Uyuni-Experience sind wir aber bestens vorbereitet - also ist schnell die Zeit für den Morgen danach vereinbart und wir schauen, dass wir in die Federn kommen.

    Aufgrund der leichten Sprachbarriere und der späten Zeit kamen beim vorherigen Gespräch allerdings leichte Missverständnisse auf, die wir erst im Bett nochmal durchdenken: die Jungs sagten, dass wir bei 3800m starten würden... 1700m Aufstieg? Und man brauche dafür nur 5 Std? Niemals! Des weiteren hat Angelo keinen Allrad, kommen wir mit diesem Auto weniger weit als alle anderen Agenturen mit 4x4, und deshalb ist der Aufstieg derart viel weiter? Ich bin schließlich ziemlich beunruhigt... ob es schon eine gute Idee war, mit den beiden auszumachen? War das schon seriös?? 1700m auf dieser Höhe würden wir nie schaffen!
    Aus Angst, wir würden mit der Höhe nicht klarkommen (und weil wir es mal ausprobieren wollen) nehmen wir beide noch je ein Diamox um unsere Chancen zu verbessern, und legten uns schließlich aufs Ohr. Eine unruhige Nacht folgt: dank Diamox müssen wir ständig auf und aufs Klo rennen, abgesehen davon, dass ich dank meiner Sorgen (warum auch immer ich mich sorge) sowieso kaum schlafen kann. Als es endlich halb 5 ist, springe ich aus dem Bett (froh, dass diese herumwarterei vorbei ist) - und los gehts.
    Nach einer eineinhalbstündigen Fahrt über teilweise sehr schlechte Staubpisten (Angelo fährt wie ein Irrer, hat aber zugegebenermaßen sein Auto echt gut im Griff) kommen wir, pünktlich zum Sonnenaufgang, bei dem See an, wo wir frühstücken wollen. Der wahnsinnig schöne Ausblick verdrängt einen Moment lang meine Zweifel - und kurz darauf klärt sich im Gespräch mit Angelo und seinem Freund auch alles auf. 3800m Start? Oh nein, natürlich meinten sie gestern 4800m! ... Aha. Na dann ist ja alles nicht halb so schlimm!! :)
    Genussvoll verschlinge ich einen Käsetoast (die zwei haben alles mit: Toast, Käse, Schinken (den wir nicht brauchen) und Obst - mmhh. Danach fahren wir noch ein Stück weiter rauf bis wir im losen Sand hängen bleiben (ein paar Allradautos fahren noch an uns vorbei) - ab hier heißt es jetzt gehen!

    Gedoped mit Diamox springen wir quasi den Berg rauf, keiner von uns hat irgendwelche Probleme. Wir überholen drei andere Gruppen (alle ultralangsam mit mindestens 4-7 Leuten) und sind später dann sogar die einzigen, die überhaupt auf den Gipfel gehen- alle anderen drehen schon beim Krater um. Ha! War doch eine gute Wahl: mit Angelo und seinem Freund sind wir nur zu viert und können so schnell gehen, wie es uns beliebt, so oft pausieren wie wir möchten - und unterhalten uns am Weg noch gut!
    Der Krater ist riesig und beeindruckend, es rauch und schwefelt ein bisschen, und die Farbverläufe des abfallenden Gesteins sind eine Augenweide!
    Am Gipfel packt einer der zwei eine Dose Bier aus, die wir teilen: zwischen uns vier, unseren Vorfahren und Pachamama (Mutter Erde). Das ist hier ein indigener Glaube, man lässt als Respekt etwas hier (es gibt am Gipfel eine kleine Box mit Schmuck, Münzen oder anderen kleinen „Geschenken“), mit Alkohol ist es ähnlich. Man nimmt die Dose in die linke Hand, schüttet einen Schluck für seine Vorfahren auf den Boden, danach wird in die andere Hand gewechselt und abermals ein Schluck verschüttet (für Pachamama) und anschließend darf man selbst einen Schluck trinken. So geht die Dose reihum, und am Ende bleibt mehr als die Hälfte am Berg :). (Anm: durchs Diamox schmeckt Bier für uns sowieso ekelhaft, darum sind wir auch keine guten Abnehmer).
    Ein paar Fotos noch, Ausblick genießen, und dann gehts durch den Sand sehr flott wieder runter. Zackzack, rauf- runter- schön wars!

    Die Heimfahrt über die endlose holprige Straße scheint kein Ende zu nehmen, und zurück im Hostel freuen wir uns über ein Gläschen Wein (von der Flasche, die wir im Weingut in Santiago geschenkt bekommen haben) und selbstgemachte Spaghetti - zum Reste verwerten, damit die Ruicksäcke mal wieder leichter werden!
    Der Wein haut uns direkt um - und wir legen eine Siesta ein, bevor wir nochmal in der „Stadt“ einen echten Kaffe trinken (nicht dieses Nescafe-Lösgebräu, das hier jeder immer trinkt), und unsere Londoner Freunde besuchen und uns verabschieden.
    Morgen früh gehts weiter nach Guayaquil, Ecuador, und ein sehr langer Reisetag steht bevor!
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