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  • Day 7

    Kot und Kotelett! (Teil 1)

    September 14, 2016 in Indonesia ⋅ ⛅ 11 °C

    Mit einem freundlichen "Guten Tag, wie geht dir Benjamin und Maria?" begrüßte uns unser, körperlich etwas zu kurz geratene, Tourguide Azardi. Ein lustiger kleiner Zeitgenosse mit passablen Deutschkenntnissen.

    Heute stand ein Ausflug ins Hinterland Lomboks auf der Tagesordnung, alles was wir (neben monetären Mitteln) hierfür mitbringen mussten war gute Laune und vorallem gutes Sitzfleisch (warum, dazu später mehr).

    Zuerst erklärte uns der kleine, begeisterte Azardi, dass Lombok einst von den Holländern entdeckt und zugleich kolonialosiert wurde (haben wir bislang nicht auf Richtigkeit überprüft).

    Er erzählte allerlei Wissenswertes zu Einwohnerzahl, Konfessionsanteilen, Bildungssystem und schleichender Überbevölkerung Lomboks.

    Ergänzend kannte er sich auch erstaunlich gut auf den restlichen 17.000 (!) indonesischen Inseln aus.

    Nach dieser kleinen Geschichtsstunde (lustig, weil Azardi klein ist und seine Ausführungen ziemlich genau eine Stunde füllten...sorry, Pit Gene 😂) erreichten wir den ersten Checkpoint.

    Einen der wuseligen Frischwarenmärkte in Lomboks Hauptstadt Mataram. Auf einem unübersichtlichen, stark vermatschten Marktplatz konnte man so ziemlich alles kaufen was das RTL-Dschungelcamperherz begehrt. Noch lebende, in Plastikeimern vor sich hinblubbernde Fische, Füße diverser Ex-Lebewesen (Schwein, Huhn, Ente, Gans), Zungen in ebenfalls mannigfaltiger Größe, Farbe und Form, Mägen, Lebern, Gedärme, Schenkel und all das was sonst noch so vom Tier übrig bleibt, wenn es geschlachtet wurde.

    Dazu lag ein etwas säuerlicher Geruch in der Luft, der dem schaurigen Bild noch mehr Atmosphäre verlieh.

    Puh, ich bin wirklich kein Vegetarier oder Veganer, aber bei diesem Anblick hätte ich es fast werden wollen.

    Auf dem Weg Richtung Auto kamen wir dann Gott sei Dank noch an wohliger duftenden Gewürzen und Gemüse vorbei. Nichtsdestotrotz hing uns der Geruchseindruck noch einige Zeit nach.

    Miri war im übrigen sowohl für die Marktverkäufer/-innen als auch die einheimischen Marktbesucher/-innen die wesentlich größere Attraktion als es der Markt an sich für uns war. Ihr wurde diverse Male gewunken, hinterhergerufen und -gepfiffen. Ein ganz unverfrorener und überaus "attraktiver" Lomboknese startete zugleich eine Charmeoffensive: "Hey Baby, how are you?" (plus komisches, mit dem Mund erzeugtes Schnalzgeräusch für das mir jetzt keine lautmalerische Darstellung einfällt) 😁❤️.

    Wir haben auf unseren Reisen wirklich schon viele Märkte gesehen, die uns auch jedesmal begeisterten allerdings fanden wir diesen wirklich sehr "gewöhnungsbedürftig". Wirklich nur was für Leute, die zum Frühstück gerne Stierhoden mit Schweinesperma Dip mögen und auch ansonsten über abgehärtete (oder abgestorbene) Geruchsnerven verfügen.

    Für mich als Hygienezwangsneurotiker war auch die knöcheltiefe Mischung aus Matsch, Müll, Pferdepupu und Tierresten eine Art Hardcore Neurosenkonfrontation 😂! Ekelhaft wie das braunschwarze Etwas an unseren Füßen und Flip Flops klebte und vorallem roch.

    Endlich im Auto angekommen wurde es Zeit den zweiten Checkpoint anzufahren. Das Tal am Fuße des Mount Rinjani auf 2.600 Höhenmetern (Merks dir Miri, sonst wiederholt es Frodo gerne nochmal für dich 😊 !).

    An dieser Stelle kommt das angekündigte Sitzfleisch ins Spiel. Nach gefühlten 17 Stunden Fahrt, einigen Schlaglöchern, zugefallenen Ohren dank des rasant zurück gelegten Höhenunterschieds erreichten wir einen Aussichtspunkt der einem einen umfassenden und atemberaubenden Blick auf das Tal am Fuße des Mount Rinjani gewährte.

    Azardi führte aus, dass das Dorf im Tal "Knoblauchdorf" heiße (auf Grund des umliegend vielfältig angebauten Knollengewächses) und der Aufstieg zum Gipfel des Rinjani drei Tage dauere. Ich witzelte, dass wir es aber an einem Tag rauf und wieder runter schaffen müssen, weil wir Morgen ja auf die Honeymoon Insel "Gili Nanggu" müssen. Azardi fand den Scherz köstlich und ich dachte bei mir, die Pitwitzitis lässt sich also wunderbar auch auf indochinesische Volksgruppen übertragen. Pandemie incoming 😂!

    Nach der Durchquerung des Tals mit anschließendem Picknick (Käsestulle, Frischobst und Cola) erreichten wir Checkpoint drei, zwei wunderschöne Wasserfälle inmitten eines kleinen ursprünglichen Dorfes. Bei jedem Abstieg zu diesen beiden Wasserfällen bekommt der beschränkte Tourist einen Dorfeinwohner als Guide zur Seite gestellt, damit man sich beim Abstieg nicht verläuft und jemanden zum fotomachen hat (der wirkliche Grund ist, dass die Dorfeinwohner durch Touristenspenden ihr täglich Brot verdienen).

    Unser Begleiter hieß Ali und war ein drahtloser vermutlich Mitvierziger, der nach einer kurzen Vorstellungsrunde gekonnten Fußes mit uns den schmalen Weg Richtung Wasserfall #1 hinabeilte. Dabei bewegte er sich ähnlich grazil wie Legolas über den Schnee im ersten Teil der Herr der Ringe Filmtrilogie. Wir zwei Weißbrote schnaubte wie knorrige Ents gehetzt hinterher.

    Am ersten Wasserfall angekommen drückte auf Grund des plätschernden Gewässers sogleich die Blase.

    Hier möchte ich kurz auf die Zustände auf lomboknesischen Toiletten eingehen. Die Keramik gleicht einer Raketenabschussrampe, allerdings für treibstofflose Raketen und in Richtung Boden geschossen und nicht gen Himmel.

    Neben den "Kacklöchern" (sorry, aber anders kann man den Anblick wirklich nicht beschreiben) steht meist ein Wassereimer mit Schöpfkelle um die Notdurft im Nachgang hinwegzuspülen. Kein Klopapier, nur ein Schlauch zur Unterbodenreinigung. Wer meint, sich später die Hände waschen zu wollen, der schaut auch hier in die Röhre. Seife oder eine ähnliche, tensidhaltige Waschsubstanzen gibt es oft nicht.

    Auch hier schrillten natürlich alle Alarmglocken des Hygiene verfimmelten Herrn B. Horn aus H. in D...ach du lieber Schreck, was ist das denn heute für eine ausgedehnte Neurosentherapiesitzung!?

    Genug der Exkursion in die Keramikabteilung, zurück zum wesentlichen. Wasserfall #1.

    Eine riesen Menge Wasser, die sich da den Berg hinabstürzt. "Massage Shower" flachst Ali, "Aha" denken wir und beobachten aus sicherer Entfernung die armen Touristen-Trottel die sich in das Sturzgewässer gewagt haben.

    Da sich das Wasser seinen Weg entlang schlammiger und vermooster Hänge sucht bringt es natürlich auch einen nicht unwesentlichen Teil des Unrats mit nach unten. Der sonnenverbrannte Tourist ist stets Obenrum langärmelig bekleidet und das ganz Hemingway like in weißem Hemd oder T-shirt. Und was macht braune Brühe mit weißen Klamotten, richtig, der Gilb kommt zu Besuch.

    Für die Einheimischen ist es eine Gaudi den Moment zu beobachten, in dem der Tourist bemerkt, wie das Wasser Kleidung und Gesicht mit einem Gemisch aus Matsch und Moos bedeckt hat. Auch wir können uns ein gehässiges "Höhö" nicht verkneifen.

    Zu diesem Zeitpunkt scheinen wir den Noob-Check von Ali bestanden zu haben und er entführt uns zu Wasserfall #2, den "Real Shit". Durch einen kleinen Canyon und über eine gefühlt 750 Meter hohe Brücke (wer ein echter Neurotiker ist hat auch Höhenangst!) hinweg schlängeln wir uns den Weg zu einem Wasserfall, der genau so wie er ist jedem Reiseprospekt zu hochglanz verhilft. Kennt jemand die Timotei Werbung aus den Neunzigern, in der sich eine barbusige Karibikschönheit unter einem Wasserfall unter extatischen "Ohs und Ahs" das Haupthaar benässt? Genau hier muss das gedreht worden sein.

    Wahnsinnig toll, idyllisch, schön, romantisch...ach verdammt, das Adjektiv, dass diesen Ort treffend beschreibt muss erst noch erfunden werden...ist es hier. Da wir Dummies unsere Badesachen vergessen haben werden nur die beschmutzten Füße gebadet (da war doch was, richtig, der Tierteilemarkt in Mataram).

    Wir verweilen einen Moment und Folgen dann Ali, mittlerweile genauso gut zu Fuß wie er, den schmalen Weg zurück hinauf. Nach ca. 15 Minuten kommen wir durchschwitzt aber glücklich am Auto an. Wir bedanken uns bei Ali und treten die Heimreise an.

    Da uns nun kein Checkpoint mehr erwartet, düsen wir im Kleinbus Richtung Hotel.

    Noch während ich diese Zeilen schreibe reißt mich laute Musik aus der Konzentration. Miri ist ebenfalls aufgeschreckt, obwohl sie mittlerweile die Gelassenheit des balinesischen Straßenköters so verinnerlicht zu haben scheint, als dass sie überall komatös schlafen kann.

    "Hochzeit Traditional" bellt Azardi aufgeregt vom Beifahrersitz und bedeutet Richtung Straße."Aussteigen Maria, Benjamin" befehligt er und wir folgen ihm ohne lang darüber nachzudenken.

    Wahnsinn was da abging: wir würden Zeugen eines traditionell muslimisch, lomboknesischen Hochzeitszuges mit Panjabi MC Musik und mega Bassboxengefährt. Zu neo-orientalischen Rhythmen tanzte eine bunt betuchte Hochzeitsgesellschaft an uns vorbei und verbreitete dabei eine dermaßen gute Stimmung, dass wir nicht anders konnten als doof Dauer zu smilen.

    Da waren Frauen in bunten Roben, Männer mit traditioneller Kleidung, eine Marching Band, ein schriller Moderator/Sänger und dieses wummernde Bassboxenungetüm. Miri wurde, während der Zug vorbeipulsierte, übrigens wieder hart, von zwei zarten Lombok Jungs, angeflirtet. Zwei der Tänzerinnen im Zug tanzten für uns besonders gut und grinsten uns über beide Ohren zu.

    Das war wirklich der zweitgroßartigste Moment des Tages.

    Nach einer kurzen Fahrt die Gestern schon erforschte Küste entlang erreichten wir das Hotel.

    Ziemlich platt vom aufregenden Tag verkrümeln wir uns jetzt aufs Daybed und träumen, untermalt von orientalischen Klängen, von nackig duschen unterm Wasserfall 😀!

    (Da Findpenguins.com nur 6 Bilder pro Footprint zulässt, gibts heute zwei Footprints mit gleichem Titel).
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