Satellite
  • Day 178

    Insel gekauft und alle entlassen - fast

    July 13, 2018 in Belize ⋅ ⛅ 30 °C

    Unser Aufenthalt in Caye Caulker startet mit Stunk. Es stinkt auch nach Seegras, aber das ist eine andere Geschichte. Also eigentlich haben wir schon Placencia mit Stunk verlassen. Streit Nummer drei verrät die Statistik. Diesmal wissen wir auch noch wieso, aber das würde hier zu lange dauern. Es ging grob zusammengefasst um meine unterdurchschnittliche Durchschnittlichkeit. Oder so ähnlich. Der Zustand hielt aber erwartungsgemäss nicht lange und anstatt vernünftig zu handeln und uns umgehend zu trennen, haben wir uns völlig überraschend für Frieden und Liebe entschieden. Süss, nicht? Nach Seegras stank es aber auch danach noch. Caye Caulker ist eine farbenfrohe Ferieninsel, die mehr Urlauber als Reisende beherbergt. Uns ist das egal. Eigentlich gefällt mir der Gedanke sogar. Ich bin arbeitslos und erhalte keinerlei finanzielle Unterstützung von Bund, Kantonen oder sonstigen Einrichtungen. Also kann ich auch Urlaub in der Karibik machen. Und zwar so viel ich will! 

    Unser Plan für die drei Tage umfasst Chillaxen, Schnorcheln und Tauchen. Ach ja, und lecker Essen. So verschlägt es uns am ersten Abend in die Bondi-Bar. Wings-Night, Baby! Ich starte mit vierundzwanzig Stück und allen erhältlichen Saucen. Ok, wir. Sue scheint auch etwas essen zu wollen. Also gut. Mein persönliches Ziel bleiben aber die zwanzig Stück. Mal überlegen was wir denn am heutigen Tag schon hatten? Ausser Sex. Hm, let’s see. Einen Bagel, zwei Früchte und zwei Eier. Dann müssten zwanzig „Flügeli“ doch drin liegen. Ok, da waren noch die ganzen Drinks. Happy-Hour war auch schon und ich bin froh, dass ich sitze. Trotzdem, zwanzig schaffe ich! Wings for President!! Die erste Platte ist nach zehn Minuten Geschichte. Wie bei mindestens einer anderen Aktivität, bin ich auch hier schneller als Sue. Genau, beim steil bergauf Wandern. Bilanz? 14:10. Ungefähr. Und satt. Aber Ziel bleibt Ziel und das soll man nicht aus den Augen verlieren. Neben einem weiteren Local Rum ordere ich die fehlenden sechs Wings. Wäre ja gelacht, wenn ich die Zwanzig nicht voll kriege. Habe schliesslich auch den Bachelor, ein MBA in International Business und letzte Woche einen Klimmzug geschafft. Gut, das Ganze mich jeweils auch. 

    Und so ist es auch mit den verdammten Wings. Das ändert auch Service-Mama nicht, die uns beim Abräumen für das Geschaffte grossen Respekt zollt. Gegen den einsetzenden Verdauungsschmerz könnte eine dicke Zigarre und ein Becher Merlot helfen. Wer weiss? Leider verkaufen die hiesigen Läden - allesamt in chinesischer Hand - aber nur offensichtliche Fake-Cohibas. Und trotzdem, wenn ich diese Phallus-förmigen Lippen-Stimulatoren mit ihren gelb-goldenen Glitzer-Bändchen so sehe, kann ich irgendwie nicht widerstehen. Das Teil könnte ja trotzdem lecker sein. Fake hin oder her. Sue geht mit ihren stinkenden Menthol-Ziggis auf Nummer sicher. Und ja, was soll ich sagen? Die Insel ist nicht auf meiner Seite und die Fake-Zigarre gänzlich ungeniess- beziehungsweise -rauchbar. Weshalb die fünf Stutz nach drei knappen Zügen auch schon wieder im Meer versenkt werden. Die Belize-Cohiba hat damit den Jane Seymour Diamanten als schlechtestes Investment in meinem Portfolio abgelöst. Gott sei Dank hatte ich Marc nicht an meiner Seite, wir hätten den Triaden bestimmt die ganze verdammte Kiste abgekauft!

    Nach der gestrigen Zigarren-Pleite freuen wir uns auf einen abwechslungsreichen und am Vortag gebuchten Schnorchel-Ausflug. Doch völlig unerwartet, ohne Vorwarnung und aus heiterem Himmel werden wir am Morgen mir nichts dir nichts fallen gelassen. Fuck you! Entschuldigung, „gohts no“?! Wobei, nein, fuck you! Sue hat Tränen in den Augen, als Häuptling Arschpfeife uns erklärt, dass er ausser uns nur diese Zehner-Gruppe hat, die schon früher einmal mit ihm gebucht hat und es für uns keinen Platz hat auf dem Boot. Und ein zusätzliches Boot nur für uns Erstbucher lohnt sich ganz einfach nicht. Ich peitsche dich gleich mit deinen Dreadlocks aus! Dass mich Sue’s nach aussen getragene Verletzlichkeit irgendwie erregt, lasse ich mir in dem Moment natürlich nicht anmerken. Niemand bringt die kleine Sue zum Weinen! Ausser mir! 

    Nach einer kurzen Musterung der Anwesenden und Herumstehenden, schätze ich meine Chancen bei einer physischen Auseinandersetzung mit den ganzen Rastafaris als marginal ein, worauf wir den Scheiss-Laden mit gesenktem Kopf und mehr oder weniger wortlos verlassen. Wir finden in Keith von Stressless Tours allerdings schnell einen grossartigen Ersatz und verbringen einen fantastischen Tag auf und im Meer. Auch wenn wir das ersehnte Manatee nicht zu Gesicht bekommen, erweitern die Sichtungen des ersten Seepferds und des schönsten Oktopus die Liste unserer bisherigen Reise-Highlights. Der Schnorchel-Tag ist lang und wir kommen erst kurz nach Fünf zurück. Das Office des Tauch-Centers, bei dem wir uns für zwei Dives tags darauf angemeldet hatten, ist bereits geschlossen. Zum Glück schleichen aber irgendwo noch zwei Flaschen-Träger herum, die uns auf Nachfrage den gewünschten Dive um 09:00 bestätigen. Ich freu mich.

    Der nächste Morgen. Voller Vorfreude tänzeln wir zu imaginärem Reggae die zehn Minuten zum Dive-Center, nur um einen Moment später von Rasta-Ramona im Stil von Häuptling Arschpfeife erneut ausgeladen zu werden. Jemand hätte die Grippe bekommen und die Gruppe sei nicht mehr gross genug. Würde sich nicht lohnen für sie. Was ist bloss mit dieser scheiss Insel los? Würde ich über die finanziellen Mittel verfügen, ich würde die ganze verdammte Insel kaufen und alle entlassen! Vielleicht mal mit Miro reden. So führt man doch keine Geschäfte! Wir buchen bei dir und nicht bei einem deiner lästigen Konkurrenten und du lässt uns am Morgen einfach hängen, ohne die Chance bei einem der besagten Konkurrenten aufzuspringen, da deren Boote den Hafen bereits in Richtung Riff verlassen haben? Juristen haben dafür einen Begriff: „zur Unzeit“! Unzeit!! Ich könnt schon wieder kotzen, habe aber erneut keine Tüte zur Hand.

    Nach einer Reihe wild zusammengewürfelter Kraftausdrücke und völlig gerechtfertigter Beleidigungen, verlassen wir auch diesen Kack-Laden als unverdiente Verlierer. Schon wieder - und wie England an der WM. Nach dem wenig royalen Abgang machen wir es dann einfach wie all die volltrunkenen und zugekoksten Amerikaner hier und vergnügen uns zu laut aufgedrehtem Frank Sinatra ein paar Stunden mit und auf einem Golfkart. Ok, wir sind völlig nüchtern. Aber trotzdem cool. Und vor dem Hummer zum Dinner, verbringen wir den Rest des Tages im Koko King, dem angesagtesten Beach-Club im Umkreis von was weiss ich wie vielen Meilen. Wenn diese beknackten Tauch-Fuzzis unsere Kohle nicht wollen und Sue erneut zu Tränen rühren, finden übersäuerte Köpfe wie wir auch andere Lösungen, unser leicht verdientes Geld zu verprassen und die eingetrübte Stimmung aufzuhellen. Im aktuellen Fall neben Golfkart und Hummer in Form von eimerweise Bier und Cocktails.

    Tja, das wars auch schon mit Belize. Vorerst. Ob wir nochmals nach Caye Caulker kommen? Nein, zumindest nicht solange unser politischer und wirtschaftlicher Einfluss hier nicht dramatisch gestiegen oder die Schweiz Weltmeister ist. Dafür steht San Ignacio an der Grenze zu Guatemala noch auf unserem Plan. Aber erst in ein paar Wochen. Jetzt müssen wir los. Unser Flug von Cancun nach Kuba geht schon am Zwanzigsten und davor wollen wir ja noch die Wahlhaie rund um die Isla Mujeres mit unseren Galapagos-Lycras beeindrucken. Sofern uns denn jemand mitnimmt. Ich bin optimistisch. Sue? Sue auch.
    Read more