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  • Day 306

    Trump und andere kleine Pimmel

    November 18, 2018 in Taiwan ⋅ ⛅ 28 °C

    Wir verlassen Cebu via dem beeindruckend modernen „International Terminal“. Ebenso beeindruckend und ein weiteres Reise-Novum ist die spontan erhobene „Terminal Fee“ von achthundertfünfzig philippinischen Pesos pro Person. Irgendwie will der Prunkbau ja finanziert werden. Um die Relation zu verstehen, damit kriegt man hier ein gediegenes Dinner für zwei in einem gehobenen Restaurant. Mit Wein. Billigem scheiss Wein, aber mit Wein! Egal, Hauptsache wir kommen irgendwie nach Taiwan. Sue hat den letzten Tag noch genutzt, um sich wie üblich den Haaransatz nachzufärben. Mir fällt die Auffrischung natürlich erst im Flieger über den Wolken auf. Toller Freund. Muss am guten Licht hier oben liegen. Wobei, eigentlich hätte mir die Veränderung sofort auffallen müssen, denn die Färbung ist weit weniger „asch“ und weit mehr „gold“ als sonst. Bei genauerer Betrachtung erkenne ich sogar einige Noten aus dem Trump’schen Farbspektrum. Ganz schön gewagt. Sue ist gar nicht happy und macht mich irgendwie für ihre falsche Farbwahl verantwortlich. Wie genau bleibt allerdings ein Rätsel. Und dank der kürzlichen Auffrischung unserer güldenen Bräune, kommt es bei ihr zu einem ziemlich fliessenden Übergang zwischen Gesicht und Frisur. Definitiv unvorteilhaft. Wie bei mir. Einfach anders.

    In Taiwans Hauptstadt Taipeh sind wir nur aus einem einzigen Grund. Weil der Flug super billig war. Und weil der herzige Miro Geburtstag hat und sich mit Viola für diesen Anlass wie üblich ins ferne Ausland abgesetzt hat. Ich freu mich tierisch. Auf den Billigflug. Auf die beiden anderen auch ein wenig. Zur Feier des Tages färbt sich die ebenfalls herzige Sue extra nochmals die Haare. Aber „asch“ ist das auch nicht, eher so blond-blond. Egal, ich finds schön. Asien auch. Da die Menschen hier auch sonst total auf Spa und Beauty stehen, findet man an jeder Ecke lustige und weniger lustige Masken zur Gesichtspflege. Ich nutze die Zeit, die das Wasserstoffperoxid braucht, um Sues güldenes Haar weiter aufzuhellen, für eine kleine Verjüngungskur mittels Hyaloron-Maske. Auch wenn ich Gefahr laufe, dass man mir bei der nächsten Grenzkontrolle meinen Jahrgang endgültig nicht mehr abnimmt und meinen Pass für eine Fälschung hält. Das Risiko gehe ich ein. Für fünfzehn Minuten fühle ich mich weniger wie ein unbedeutendes Hobby-Model und mehr wie Topmodel Winnie Harlow. Schau Foto. Und als ob die reine Anwesenheit nicht schon Geschenk genug wäre - was natürlich nie der Fall ist -, bringen uns die zwei Kurzurlauber auch noch ein helvetisches Fresspäckli mit. Schokolade, Malbuner, Käse, Mini-Pic, Biberli, Etter-Schnaps und so weiter. Die haben für uns trotz drohender Deportation in ein chinesisches Arbeitslager tatsächlich heimische Käse- und Fleischwaren durch den Zoll geschmuggelt - Mam! Ich werd verrückt. Und dick.

    Gefeiert wird im authentisch Taiwanesischen Restaurant mit Hot Pot - quasi das echte „Fondüü Schinuas“ - und anschliessend im stylischen Club, wo das klassische Protz-Klientel aus Taiwans Geld-Adel - Miro trifft also auf sein lokales Pendant - und die üblichen peripheren Prostituierten und Schmarotzer - mein Pendant - ausgelassen feiern. Die „Champagne Trains“ - eine Bestellung mehrerer Flaschen, die mit viel Tamtam ausgeliefert werden - werden hier von halbwegs glamourösen Girls begleitet, die lediglich mit Dollar-Noten gekleidet sind. Genau unser Ding also. Würde mich nicht wundern, wenn wir uns heute auch noch fünf bis zehn Flaschen des güldenen und somit zu Sues Haaren passenden Ace of Spades von Armand de Brignac bestellen. Kostenpunkt: ein halbes Jahr Weltreise. Also nicht der Rede wert. Neben Miros Geburi feiern die leuchtend blonde Sue und ich seit Mitternacht schliesslich noch unser zehnmonatiges Reisejubiläum. Aber anstatt echte, rauchende Party-Fackeln, stecken die hier billige LED-Fackeln an den teuren Schampus. Total stillos. Ohne uns. Dafür geben wir Miros Geld nicht aus! Auch wenn es davon Gerüchten zufolge dank dem Fuchsberg mehr als genug gibt. Sue - aka Trumpy Spice - hält das allerdings für Fake-News. Wie auch immer.

    Teile des eben Gesparten fliessen nach dem Verlassen des Clubs dann aber in einige der omnipräsenten Spielautomaten, aus denen man sich mittels Kran irgendwelchen wertlosen Scheiss angeln kann. Nachdem Münzen im Gegenwert einer Magnum-Flasche Moët in den Automaten verschwanden, schafft es der angetrunkene und umso herzigere Miro dann doch noch, ein furchtbar hässliches und einfältig grünes Stoffteil zu angeln. Zu seinem eigenen Überraschen, wie das Video beweist. Den Rest der Zeit verbringen wir - neben zig Mal und gelb vor Neid die Fotos der heimischen Koch- und Tennis-Events durchzugehen - vornehmlich auf Night-Markets, wo wir uns quer durchs bisweilen grenzwertige Angebot fressen. Den Taiwanesen und das Gemüt freuts. Die Waage weniger. Nachdem unsere Freunde nach zwei feucht-fröhlichen Tagen weitergereist sind, hiken Blondy und ich noch auf den Qixin Mountain. Das anschliessende Bad in den öffentlichen Hot Springs wird uns - also mir - allerdings verwehrt. Meine supercoolen Superdry-Badeshorts entsprechen nicht den Vorgaben. Das Betreten ist lediglich in hautengen Speedos gestattet. Ich hab keine Ahnung wieso. Sue auch nicht. Hat wohl was mit den kleinen Pimmeln der Asiaten zu tun. Klein Trumpy wittert natürlich sofort wieder Fake-News! Mir egal. Asiaten haben kleine Pimmel!
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