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  • Day 1

    Anfahrt

    May 30, 2020 in Croatia ⋅ ⛅ 20 °C

    Der Lockdown ist grösstenteils beendet und wir dürfen doch tatsächlich die geplante Woche Segelurlaub in Kroatien antreten. Also anfahren, denn das arme Fliegen befindet sich weiterhin im Lockdown. Erst vor wenigen Tagen haben wir die schweren Herzens entschiedene Absage revidiert. Unser lieber Freund Pavel hat uns davon überzeugt, dass uns die knuffigen Österreicher und Slowenen für den Transit passieren lassen und sich die gastfreundlichen Kroaten über jeden Besuch freuen. Zumindest wenn eine bereits bezahlte Buchung vorgelegt werden kann. Über Geld freut sich doch einfach jeder. Beim Einsammeln der Crew in Meisterschwanden (Rode the Smutje), Sarmenstorf (Fischer the Kassier) und Üezmu (Stauber the Skip) bereitet der Abschied hingegen weniger Freude. Also den Daheimbleibenden. Wir vier freuen uns wie kleine Kinder und wollen los. Tschüss.

    Wir machen uns mit dem Vierten im Bunde (Marc the Transporter) auf die eintausendeinhundertdreissig Kilometer langen Weg. Via Italien wäre schneller. Aber Italien stinkt. Wir rechnen mit dreizehn bis vierzehn Stunden. Kurz vor der Grenze zu Österreich kommt ein erstes Mal Hektik auf und die Hamsterkäufe starten. Schliesslich will jemand gelesen haben, dass man in Österreich weder zu futtern noch zu saufen bekommt. Mit Säcken voller Fleischkäse und aufgesetzten Hygiene-Masken begeben wir uns festlich dekoriert zum preussischen Zollhäuschen. Da sitzt allerdings niemand, um unsere coole Getaway-Aufmachung zu bestaunen. Schade. Und Läden und Restaurants sind enet der Grenze auch geöffnet. War ja klar.

    Nach vier Stunden gönnen wir uns - oder in erster Linie Marc - eine Kaffeepause. Fönz und ich nutzen die Gelegenheit, um uns mit vier grossen Säcken Gummibärchen einzudecken. Nach Fleischkäse, Landjägern und sonstigem Müll darf ein entsprechend gesundes Dessert nicht fehlen. Das gilt auch für die lustigen Gruppenfotos. Am heutigen Abend gerne mit Robin, Fönz, mir und dem dunkelhäutigen Tankwart. Oder Marc. Wir sind uns nicht sicher (schau Foto).

    Der Weg nach Primosten in Kroatien führt uns über Kitzbühl, Sankt Johann und auf knapp 1‘400 Meter über Meer. Ob das der schnellste Weg ist? Sicher nicht. Aber wir sind ganz offensichtlich grottenschlecht im Navigieren. Unsere Route ist eher wie Zürich - Bern ohne Autobahn dafür mit Ausflug im Sarmenstorfer Moos. Wie auch immer, um kurz nach zehn Uhr tätigen wir die erste Einzahlung beim Online-Casino jackpots.ch und hoffen auf den grossen Gewinn. Was sollen wir die nächsten Stunden beziehungsweise sieben Tage denn sonst machen? Wäre ja total langweilig.

    Was sich allerdings viel schneller auszahlt als dieses Casino-Invest, ist dem Robin sein Radarwarner. Im Tal der Raser-Tränen steht alle fünfhundert Meter so eine Abzocker-Kamera. Glücklich über den kleinen Assistenten empfangen wir die erste Hiobsbotschaft des Tages. Mehrere Kilometer Stau und bis zu zwei Stunden Wartezeit am Karawanken-Tunnel zwischen Österreich und Slowenien. Das Karavanen-Ende erreichen wir gegen halb zwei Uhr morgens. Dessen Ende und somit den Tunneleingang unfassbare fünf Stunden später!? So was gibts noch nicht einmal zu Ostern am Gotthard. Da helfen nur noch Gummibärchen, um die Stimmung knapp über Kontrollverlust zu halten. Dem Marc sein Wortschatz reduziert sich aber dennoch auf die Worte „unglaublich“ und „Rauuuum“, was beim Segeln das lautstarke Durchsetzen der Vortrittsregel bedeutet. Das macht sich aber auch im stehenden Kolonnenverkehr ganz gut. Findet Marc. Die Nerven liegen also blank und geschlafen wurde die Nacht auch nicht. Und wieso der ganze Scheiss? Welch aufwändigen Prozess haben sich die Slowenen für die Einreise überlegt? Überraschderweise genau eine einfache Frage: Where you go? Croatia. Ok, bye. Die fünf Stunden haben sich also echt gelohnt. Verdammte Slowenen.

    Keiner von uns kann sich an seine letzte Freinacht erinnern. Schon gar nicht in nüchterem Zustand. Muss irgendwann in der übertrieben schönen Kindheit gewesen sein. Ähnlich schön sind die Kroaten. Besser gesagt die mit Laser-Pistolen bewaffnete kroatische Polizei, als diese den flotten Fönz mit fünfundsiebzig anstatt der erlaubten fünfzig aus dem Verkehr zieht. Das kostet in der Schweiz bekanntlich die Fahrerlaubnis. Hier kostet dies ein freundliches Lächeln, das mit den Worten „please drive slow“ entgegnet wird. Endlich jemand der versteht, wie es uns nach sechzehn Stunden im Auto geht. Zusammenfassend kann ich sagen, ich hab Mühe! In erster Linie mit den ständigen Stops. „Ich muss auf Klo!“, „ich will ne Cola“, „ich hab Hunger“, „ich brauch nen Kaffee“, ... ich könnt kotzen. Und irgendwann reisst mir der dünn gestrickte Geduldsfaden. Zusammen mit Skip Robin setzen wir die beiden Dreibuchstäber - eine Indikation für das Tragen von T-Shirts deren Grössenbezeichnung drei Buchstaben hat - mit dem Online-Casino auf die Rückbank, re-aktivieren den Radar-Warmer und ab die Post. Das rasante Vorankommen hält genau zwanzig Minuten, dann muss das Mädchen hinten links schon wieder Wasser lassen. Ich krieg die Krise. Als die beiden dann noch verkünden, dass unser Echtgeld-Saldo im Online-Casino soeben die Talsohle - also CHF null - erreicht hat, spreche ich vorübergehend nicht mehr mit ihnen. Pfeifen.

    Nach unglaublichen neunzehn Stunden sind wir knapp vor dem Mittag endlich am Ziel. Wahnsinn. Wir stinken, sind stinkig und es regnet. Egal, eine Flasche Schlibo auf den Tisch und die Spiele können beginnen. Wir Schaffen es zwar noch zu einem frühen Pizza-Dinner - Robin die kleine skinny Bitch mag natürlich nur Garnelen und Salat - aber der Schaden ist schon angerichtet. Die letzten Tropfen Schlibo vernichten wir beim anschliessenden Musizieren ohne Rücksicht auf anwesende Nachbarn. Einziger Wehrmutstropfen für die ungewollt Beschallten? Das kanonenvolle Viererpack ist schon vor neun besinnungslos und verkriecht sich in die feudalen Kojen. Ein wirklich netter Einstieg in die Woche. Finden wir. Andere Meinungen sind nicht gefragt. Finden wir.
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