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  • Day 23

    Station 9: Christchurch

    March 31, 2019 in New Zealand ⋅ ⛅ 19 °C

    So, jetzt hab ich soziemlich alles in Australien gemacht, was ich machen wollte. Wird Zeit den Känguruhs, Didgeridoos und verwirrenden Schildern tschüss zu sagen und hallo zu den Kiwis, den Schafen und den Herr der Ringe-Touris.

    Kapitel 2 meiner Ozeanien-Tour ging nach Neuseeland. Ich weiß nicht so ganz wieso, aber irgendwie kam mir Neuseeland immer wie das Land vor, das einem Paradies vermutlich am nächsten kommt. Wunderschöne Natur, Menschen, die für ihre Freundlichkeit und gute Laune bekannt sind und keine politischen Dramen und Streitereien. Im Ernst! Ich hab vor einer Weile gehört, das die Neuseeländische Regierung überlegt hat ihre Flagge neu zu gestalten. (Richtig so! Warum ist da immer noch der Union Jack drauf? Neuseeland und Australien sind zwar noch im britischen Commonwealth, aber ansonsten völlig unabhängig von der UK. Gut für sie!) So etwas würde wohl in jedem anderen Land für nationalistische Aufstände sorgen. In Neuseeland aber, haben sie daraus einen Wettbewerb gemacht, an dem jeder Teilnehmen konnte und in die engere Wahl kam unter anderem eine Flagge mit einem Kiwi, der Laserstrahlen aus seinen Augen schoss. Gewonnen hat schließlich eine schöne schwarz-blaue Flagge mit einem weißen Farnblatt und dem Kreuz des Nordens drauf, dann allerdings die Abstimmung gegen die alte ursprüngliche Flagge verloren hat. Schade. Der Killer Kiwi wird für immer meine Neuseeland-Flagge sein!

    Der Punkt ist, alles scheint in Neuseeland sehr viel entspannter zu sein. Und das kann ich auch total bestätigen. An meinem ersten Tag in Chrustchurch bin ich durch die Straßen gelaufen und hab nach einem Ort zum Essen gesucht. Ich hab versucht in ein Cafe zu gehen, dass aber schon geschlossen war. Da kam sofort von innen ein Typ angelaufen, hat sich erstmal überschwänglich dafür entschuldigt, dass sie schon geschlossen haben und sich dann die Zeit genommen, mir einige gute Restaurants in der Gegend zu nennen, die noch geöffnet haben, mitsamt Wegbeschreibungen. Das war eindeutig mehr Freundlichkeit, als ich es aus Deutschland gewohnt bin.

    Aber dann ist da natürlich der Elefant im Raum. Ich dachte mir, ich flieg nach Neuseeland in ein heiles, unkompliziertes Land, weit weg von dem hasserfüllten Mist, den es überall sonst gibt... und dann kam genau dieser Mist dort nur zwei Wochen vor mir an. Ich meine natürlich die rassistisch motivierte Massenschießerei in einer Moschee hier in Christchurch. Ich weiß nicht, ob in Deutschland darüber berichtet wurde, aber in Australien und Neuseeland sind die Medien immer noch voll davon. Man hört so viel von rassistischer Gewalt und Massenschießereien und White Supremacy Terrorismus (Ja, AfD, es ist nicht nur Terrorismus wenn's Muslime tun), die in gewissen... anderen... Ländern praktisch andauernd passieren (reimt sich auf Schmereinigte Schmaaten von Schmamerika), dass man irgendwie unterschätzt wie gewaltig es an einem so unschuldigen Ort wie hier ist. Und das natürlich völlig zurecht. In Schmamerika hätten die Nachrichten längst über die nächste Schießerei oder bescheuerten Trump Tweet berichtet und diesen Vorfall nie wieder erwähnt, wenn er überhaupt je relevant gewesen wäre. Aber hier hängen noch immer sämtliche Fahnen auf Halbmast. Überall.

    Aber ich glaube nicht, dass das Neuseelands Ruf ruiniert, im Gegenteil. Der Täter, der fünfzig Muslime erschoss, die nur friedlich ihrem Glauben nachgehen wollten, war kein Neuseeländer sondern Australier, mit Beziehungen zu amerikanischen und europäischen Extremistengruppen, aber keinen zu Neuseeland. Ich finde Neuseelands Premierministerin Jucinda Ardern hat es ganz gut formuliert: "Wir wurden nicht ausgewählt, weil wir rassistisch sind, oder intolerant, oder hasserfüllt. Wir wurden ausgewählt, weil wir nichts davon sind."
    Ich finde, dieses kleine Land, das noch nicht mal auf allen Karten auftaucht (Im Ernst. Achtet mal drauf.) beweist gerade mehr Charakterstärke und moralische Überlegenheit, als so manch andere "bedeutendere" Länder. Und um das noch völlig zu unterstreichen: Nur 24 Stunden nach dem Angriff war die Neuseeländische Regierung bereits dabei, ihre Waffen- und Antiterror-Gesetze zu verbessern damit so etwas nie wieder passieren kann. Wie eine echte Regierung eben. Mach's nach, Schmamerika!

    (Okay, zu real. Nächstes mal wird's wieder lustiger. Ich versprech's!)
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