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  • Day 4

    Prypjat

    May 31, 2019 in Ukraine ⋅ ☁️ 22 °C

    Unser letzter Halt bzw. Checkpoint ist die wohl bekannteste Geisterstadt der Welt, Prypjat.
    Auch hier müssen wir wieder eine Kontrolle passieren.
    Hier hat die Katastrophe damals zuerst und am stärksten zugeschlagen.

    Die Stadt Prypjat wurde erst 1970 gegründet und sollte eine der Vorzeigestädte der Sowjetunion werden. Sie wurde sozusagen für die Arbeiter des Atomkraftwerks gebaut.
    Prypjat galt als reiche und schöne Stadt, in der man sich alles leisten konnte.
    Die Stadt war vor allem jung. Das Durchschnittsalter lag zum Zeitpunkt der Katastrophe bei 26 Jahren.
    Es gab sogar Pläne, die Stadt zu vergrößern. Sie sollte von 50.000 auf 80.000 Einwohner wachsen.
    Unter den 50.000 Einwohnern befanden sich etwa 15.000 Kinder, was die Sache noch schlimmer macht, da sie anfälliger als Erwachsene sind.
    Leider wurden die Bewohner zu spät mit der Wahrheit konfrontiert. Sie wurden erst zwei Tage nach der Explosion innerhalb von zwei Stunden evakuiert. Selbst da wussten sie noch nicht, dass sie nie wieder zurückkehren würden. Man sagte ihnen, sie sollten sich auf 3 Tage Abwesenheit einstellen.
    Das ist auch der Grund, warum viele Dinge noch in den Gebäuden sind.

    Wenn man die Stadt betritt, wird einem schon ein bisschen anders, wenn man sich vorstellt, was hier damals passiert ist. Alles ist zugewachsen und zugewuchert. Wir gehen von Gebäude zu Gebäude und Tanya erzählt uns einiges dazu und zeigt uns Bilder von früher im Vergleich. Das macht es noch krasser, weil man sich noch besser vorstellen kann, wie es einmal ausgesehen hat und dass es kaum wiederzuerkennen ist.
    Irgendwann holt sich die Natur alles zurück, aus Straßen und Gebäuden wachsen Bäume usw., heftig!
    Zuerst kommen wir zur alten Anlegestelle. Dort sind noch die Halle und die Getränkeautomaten zu sehen. Tanya zeigt uns auch einen Hotspot. Der Geigerzähler schlägt extrem aus und ist an dieser Stelle 40-mal so hoch wie vorher. Beängstigend!
    Dann geht es weiter zum alten Kino und in das Stadtzentrum, wo alle wichtigen Gebäude stehen.
    Leider darf man diese nicht mehr betreten, was sehr schade ist, denn so kann man sich die ganze Situation sicher noch besser vorstellen. Von außen sieht es einfach nur nach verfallenen Gebäuden aus.
    Auch hier werden uns wieder Bilder gezeigt, wie es früher ausgesehen hat und so entdeckt man immer mehr Gebäude zwischen den Bäumen und kann sich das Ganze besser vorstellen.

    Hier erzählt uns Tanya auch ihre Lebensgeschichte und warum sie sich jeden Tag dieser Gefahr aussetzt.
    Ihr Vater hat in Tschernobyl gearbeitet und ist an den Folgen der Katastrophe (Krebs) gestorben.
    Ihre Großmutter arbeitete als Taxifahrerin in Prypjat, überlebte aber, was Tanya als "unfair" bezeichnet bzw. sich fragt, warum ältere Menschen mehr Glück hatten.

    Tanja war damals noch ein Kind. Sie erzählt uns dies mit Tränen in den Augen und muss immer wieder schlucken. Spätestens jetzt müsste es jedem kalt den Rücken runterlaufen.
    Sie erzählt, dass für viele Menschen mit der Katastrophe der Traum von einer Familie gestorben ist.
    Sie weiß um die Gefahren, aber Prypjat und Tschernobyl gehören zu ihrem Leben und sie möchte den Menschen die Wahrheit näher bringen, die damals lange beschönigt oder vertuscht wurde.
    Es ist und bleibt eine der größten Katastrophen der Welt und es ist nicht schön zu reden!

    Zum Schluss ging es noch in den von Fotos bekannten Vergnügungspark.
    Dieser sollte am 1. Mai 1986 offiziell eröffnet werden, was aber nie geschah.
    Inzwischen verfällt auch dieser langsam aber sicher. Das Riesenrad, der Autoscooter und ein Karussell sind aber noch gut zu sehen. Wenn es nicht so schrecklich wäre, wäre es wirklich toll.

    Auf dem Weg zum Bus kommen wir noch an einem ehemaligen Fußballstadion vorbei, in dem sogar in der fünfthöchsten Liga der Sowjetunion gespielt wurde.
    Man kann es nur noch an der Tribüne erkennen, ansonsten ist es komplett zugewachsen und sieht eher wie ein Wald aus.
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