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  • Day 121

    La Paz - Die hohe Nicht-Hauptstadt

    March 7, 2019 in Bolivia ⋅ ⛅ 16 °C

    La Paz, die grösste Stadt Boliviens ist irgendwie so ganz anders als andere Städte und sie gefällt uns. Der Präsident und das Parlament sind hier zu Hause, dennoch gilt Sucre als Hauptstadt.
    Auf 3640 Meter, inmitten von Hügeln gelegen, fragt man sich, wer auf die Idee kam, hier eine Stadt zu bauen. Als öffentliches Transportmittel sind seit 2014, nebst Bussen auch Gondeln im Einsatz. Ein Billet für eine Fahrt kostet 3 Bolivianes, also etwa 40 Rappen. Wechselt man die Gondel-Linie, ist jedoch wieder ein neues Ticket erforderlich. Die Bahnen sind Top modern und vom österreichischen Unternehmen Dallmayr in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Unternehmen CWA gebaut worden. Da kommt gerade ein bisschen Heimat Gefühl auf, wenn man in einer halbschweizerischen Gondel fährt.
    Aber oweh Dani und ich setzen uns auf die selbe Seite der Gondel (ohne weitere Personen), da weist einem das Personal gleich freundlich daraufhin, dass jemand die Seite wechseln muss um die Balance zu halten. Wir versuchen es etwa 4 mal, doch keine Chance... jedesmal wechseln wir selbstverständlich dann die Seite und können uns ein Lächeln nicht verkneifen.
    In La Paz wohnt ein Kolleg von mir, der gleichzeitig in Montevideo ein Austauschsemester machte. Joaquin ist Paceño und hier aufgewachsen. Spontan schreibe ich ihm und promt hat er Zeit für uns. Er zeigt uns die Stadt, das bolivianische valle de la luna, bringt uns zu seinem Lieblings-Strassenfoodstand, wo wir Kuhherz essen, lädt uns zu seiner Familienzusammenkunft ein, wo die Grossmutter für alle lecker gekocht hat und kommt mit uns ins Gourmet-Vegi Restaurant! Ich bin im Internet auf dieses Restaurant aufmerksam geworden. Für umgerechnet gut 20 Franken ist das Restaurant für bolivianische Verhältnisse sehr teuer. Doch es hat sich gelohnt! Wir entscheiden uns für das 5 Gang Überraschungsmenü. Jeder Gang wird vom Koch persönlich serviert mit den Erklärungen, was es genau ist. Wir fühlen uns wie Könige und geniessen den Abend. Auch Joaquin ist begeistert, dass es in seiner Stadt so exquisites Essen gibt.
    Viele Touristen kommen auch wegen der "Death Road" (Todesstrasse) nach La Paz. Einen 55km langen Trail, der man mit dem Mountainbike bewältigt. Zuerst wollte ich mich nicht in dieses Abenteuer stürzen, da immer wieder Menschen hunderte von Meter in die Tiefe stürzen und ihr Leben verlieren. Doch nach intensiver Internetrecherche habe ich mich doch dazu bewogen. Bis vor 10 Jahren galt diese Strasse ofiziell als gefährlichste der Welt. Sie war der einzige Durchgang um von La Paz nach Coroico zu gelangen und musste dadurch viel Verkehr aushalten. Die Strasse ist teilweise so eng, dass kreuzen (mit Autos) unmöglich ist, zudem haben waghalsige Überholmanöver die Situation keineswegs verbessert. So war es keine Seltenheit, dass Autos und Büsse die steile Klippe herunterfielen und die Strasse pro Jahr 200-300 Menschen in den Tod riss. Vor 10 Jahren wurde dann eine neue, sicherere, geteerte Strasse gebaut und die Alte bleibt vorwiegend den abenteuerfreudigen Touristen, die mit dem Bike ihren Adrenalinkick suchen, vorenthalten. Speziell ist, dass hier linksverkehr herrscht. Grund dafür ist, dass die Fahrer, welche ja auf der linken Seite sitzen, besser sehen können, wie nahe sie an der Klippe sind. Diese Regel gilt nach wie vor, was bedeutet, dass auch wir uns links halten müssen (auf der Seite der Klippe..), falls doch mal Gegenverkehr herrscht.
    Aber nun von Anfang an. Am Vortag haben wir die Tour mit dem Unternehmen Barracuda gebucht, es gilt als eines der besten Anbieter dieser Tour. Noch 8 weitere Touristen haben sich bereits für morgen angemeldet, also werden wir eine 10er Gruppe sein mit zwei Guides und einem Minibus, der jederzeit hinter uns herfährt und uns bei Bedarf auflädt.
    Pünktlich um 7h30 sind wir beim Treffpunkt, doch es ist weit und breit niemand anderes zu finden. Etwa 15 Minuten später trifft unser Guide Jubert ein. Wir seien eine kleine Gruppe heute - nur Dani und ich. Etwas verdutzt nehmen wir das zur Kenntnis und sind eigentlich ganz froh darüber, eine Privattour zu haben - ein Chauffeur und ein Guide nur für uns.
    Unser Fahrer Don Guillermo bringt uns auf den Gipfel in 4670 Meter Höhe. Es ist kalt aber zum Glück haben wir unsere warmen Kleider dabei. Los geht's! Die ersten 22 km sind Teerstrasse und wir kommen schnell vorwärts. Das Wetter meint es nicht gut mit uns. Der Nebel wird immet dichter und es setzt auch noch leichter Regen ein. Immerhin wird es kontinuierlich wärmer, indem wir ständig an Höhe verlieren. Die ofizielle Todesstrasse beginnt erst nach den 22km Teerstrasse. Nun wird es nämlich steinig und die Klippen sind angsterregend. Durch den Nebel sieht man zuerst wenig bis gar nichts und am liebsten wäre ich mit dem Minibus weitergefahren, aber das liess mein Stolz nicht zu. Doch nach einigen hundert Metern dann die Erleichterung, wir haben den Nebel hinter uns gelassen! Nun macht es deutlich mehr Spass. Auch der Regen lässt langsam nach. Da wir bis auf die Unterwäsche durchnässt sind, stört uns auch die Fahrt durch Wasserfälle und Flüsse überhaupt nicht.
    Jubert informiert uns konstant über die Gegebenheiten des Weges und wo wir etwas vorsichtiger fahren sollen. Er macht wirklich einen hervorragenden Job. Immer wieder gibt es kurze Pausen - eine Wohltat für meine vom ständigen Bremsen müden Hände.
    Nach ca 2/3 der Strecke müssen wir mit einer anderen Gruppe fusionieren. Ein Teilnehmer ist umgefallen und muss mit der Ambulanz ins Spital (ja, es gibt sogar eine Ambulanz auf der Strecke). Da ein Guide mit ihm ins Spital fährt, bleibt nur noch ein Guide übrig für 6 Personen und dies ist nicht optimal. So sind wir nun eine 8er Gruppe mit zwei Guides.
    Nach gut 5 Stunden unterwegs und 3500 Höhenmeter tiefer, haben wir es geschafft, wir haben die Death Road überlebt! Die Strecke und die Landschaften waren wunderschön und ich hatte auch zu keiner Zeit Angst (ausser als Dani einmal plötzlich nicht mehr hinter mir war.... Und ich etwa 30 ewig lange Sekunden warten musste, bis er um die Kurve kam. Der Joggel hat mir einen schönen Schock eingejagt - dabei hat er nur seine Sonnenbrille montiert).
    Trotzdem ist die Strecke nicht zu unterschätzen. Alles ist voll von grösseren und kleineren Steine und verliert man die Kontrolle, ist die Chance nicht ganz klein, dass man ins Tal runterfällt. So waren die Bremsen mein bester Freund heute.
    Dani hat wohl noch nicht genügend Abenteuer erlebt und will noch auf die Zip Line. Als treue Freundin begleite ich ihn halt. Nach 3 Linien durch den Dschungel über 1.5 Km ist auch das geschafft und nun ist der Sprung in den Pool mit einem kalten Bier und das Buffet Nachtessen (alles für uns alleine, da die andere Gruppe ihr Nachtessen anderswo hat) mehr als verdient.
    Um etwa 6 Uhr Abend nehmen wir die Rückfahrt (im Minibus) auf uns. Jubert erzählt uns allerlei aus seinem Leben, unter anderem dass er einer der besten Downhill Fahrer des Landes ist und letztes Jahr ein Bike im Wert von 2000$ gewonnen hat. Da waren wir ja mit einem richtigen Profi unterwegs! Und unser Fahrer Don Guillermo war einmal Ralley Fahrer, unter anderem hat er auch ein Rennen auf der Todesstrasse bestritten. Seine Künste lässt er auf dem Rückweg immer wieder aufblitzen doch er bringt uns heil und müde nach Hause!
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