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  • Day 88

    Erdbeerhölle

    January 25, 2017 in New Zealand ⋅ ☀️ 15 °C

    Es war/ist die Hölle – Erdbeerhölle.

    Was an Erdbeerpflücken so schlimm sein soll? Nichts. Aber unser Boss hat es in sich. Ich weiß gar nicht wo mit ich anfangen soll. Wir haben Sie anscheinend nicht mal in ihrer besten Zeit erlebt. Uns hat ein französisches Paar erzählt, dass zur Saisonanfangszeit innerhalb von ein paar Tagen auch 20 Leute gleich wieder gekündigt haben, oder gekündigt wurden. So schlimm ist es bei uns nicht mehr, aber auch wir haben schon Einige kommen und gehen sehen. Wir versuchen nur das Geld zu sehen, und uns gar nicht mehr darüber aufzuregen. Aber wir könnten es jeden Tag nach dem Feierabend wieder tun. Eine Woche wollen wir jetzt hier noch arbeiten, um dann wieder zum entspannterem und spaßigeren Teil zurück zu kommen, dem Reisen. Wir arbeiten so im Durchschnitt 8,5 Stunden, was leider viel zu wenig für uns ist. Lieber hätten wir durchgearbeitet und 10-12 Stunden am Tag – um dann schneller wieder weg zu sein. Aber ich bin froh, dass wir überhaupt einen Job haben und bisher auch noch nicht gekündigt wurden.

    Regeln in der Erdbeerhölle

    Es gibt so einige Regeln, die Sie auch gleich von Anfang an aufgestellt hat. Pro Stunde müssen 3 Kisten Erdbeeren gefüllt werden. Klingt gar nicht so viel, aber die müssen Randvoll sein, und können gar nicht voll genug sein. Ins Erdbeerfeld darf bitte auch nicht gepullert werden, aber zur Toilette darf man auch nur während der Pause oder vor bzw. nach der Arbeit gehen. Ist ja noch schlimmer als bei mir auf Arbeit, und hier geht es nur um Erdbeeren und nicht um Menschen. Es darf nicht geredet werden, sind ja nicht zum reden da. Wenn es regnet, hat man halt Pech gehabt – da darf man sich auch keine Regenjacke mehr holen. Wenn die Sonne scheint und man sich nicht vorher eingecremt hat, hat man Pech gehabt – bekommt man eben Sonnenbrand. Ansonsten einfach das machen was sie sagt, und dann kann nichts passieren. Zustände sind das trotzdem. Um Punkt 8 Uhr muss begonnen werden zu pflücken. Der Weg zum Erdbeerfeld mit unseren sch**ß Trollis wird somit schon mal nicht bezahlt. Wenn wir ganz hinten am Feld sind und zum Auto laufen müssen, weil auf dem Feld nicht gegessen werden darf zur Pause, wird aus den 30 Minuten Pause – mal eben 20 Minuten Pause. Und auch ansonsten ist alles total toll.

    Aber wir dürfen nicht nur Erdbeeren pflücken. Zu unseren Aufgaben gehört auch das pflücken von Himbeeren, Himbeersträucher rausreißen, Himbeersträucher binden, Brombeeren pflücken, Erdbeerpflanzen schneiden und einfach Sklave sein. Die einzige Regel die sie vorher nicht aufgestellt hat, dass das essen der Erdbeeren verboten ist. So wandert ab und an mal eine der leckeren Erdbeeren in den Mund. Irgendwie muss man sich ja den Arbeitstag schön reden, somit belohnen wir uns. Manche Leuten haben es 5 Wochen in der Erdbeehölle ausgehalten, andere 5 Stunden. Wir haben schon gesagt, wenn man das als Gruppe bei Ihr durchsteht, dann hat man den Krieg überstanden. Einige würden hier sagen, dass sie einfach voll „Geisteskrank“ ist. Auf Arbeit hat man dann neben der Musik die man wenigstens hören darf, auch ab und an gesellschaftliche Unterhaltung, wenn doch ein paar Leute anfangen zu quatschen. Und glaubt mir, soviel Müll habe ich noch nie von Leuten an einem Tag auf einmal gehört, immer wieder unterhaltsam.

    An einem Tag war hier ein heftiger Sturm angesagt. An diesem Tag war alles komplett anders als sonst. Mirco fand die Arbeit tausend mal besser, da er Heuballen umhertragen und die Planen über den Erdbeeren spannen durfte. Ich hatte ein riesiges Blaubeerfeld vor mir und musste die Planen hochziehen, damit der Wind drunter durch wehen konnte. Ich hab es gehasst. Mit meiner tollen Leiter durfte ich dann an jedem Pfosten hochklettern und den Mist hochbinden. Als ich nach 4 Stunden damit fertig war, freute ich mich, dass es nun geschafft sei. Aber nichts da, auf der Farm warteten weitere Zelte auf mich. Ich hatte kein Bock mehr. Der größte Unsinn, denn ich je machen musste. Ach und sowieso, dreckige Hände. Ich habe dreckige Hände auf Arbeit. Kenn ich nun mal garnicht, und ich hasse es. Ich will wieder in den OP und muss jetzt sagen, dass ich mein Arbeit lieben gelernt habe. Und dass ich vielleicht schon ein paar nicht ganz normale Leute auf Arbeit kennen gelernt habe, aber mein jetziger Boss übertrifft definitiv alles. Aber was macht man nicht alles für Geld.
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