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  • Day 4

    Die Verbotene Stadt

    December 4, 2018 in China ⋅ ☀️ 3 °C

    Um in die Verbotene Stadt zu kommen, muss man früh aufstehen und in der Regel an den Eingangstoren lange anstehen. Wir nicht. Auch hier hatte Herbert bestens vorgesorgt. Er bestellte die Tickets bereits in Deutschland im Internet. Gut für uns war zudem, dass sich der Smog, der am Vortag wie eine Glocke über Peking lag, inzwischen aufgelöst hatte. Die Sonne schien, aber es war dennoch bitterkalt.
    Was mir besonders in Erinnerung bleibt? Nun, für mich sehen die Bauwerke zwar wirklich beeindruckend und fremd aus, aber auch alle sehr ähnlich. Mein Auge ist wohl nicht auf die Unterschiede geschult. Aber jede Figur und jedes Zeichen hat eine besondere Bedeutung. So stehen Kraniche und Schildkröten als Symbol für ein langes Leben. Der Hirsch bedeutet u.a. Reichtum.
    Und die Fabelwesen, wie phantasievoll sie auch immer sind, sind zusammengesetzt zu Geschichten, Wünschen und Aussagen über den Herrscher. Ein Löwe mit einem Hirschgeweih symbolisiert also Macht und Kraft verbunden mit einem langem Leben. An diesen Fabelwesen lässt sich also viel über den Herrscher ableiten. Und es gibt dort viele Geschichten, Wünsche und Eigenwahrnehmungen der Herrscher zu lesen. Beeindruckend war die Größe und Weitläufigkeit sowie die blumigen Namen der einzelnen Bauwerke.
    Die Kaiserfamilie lebte im inneren Hof der Stadt, dem so genannten Neiting. Dieser besteht aus drei Palästen: Dem Quanqinggong (Palast der Himmlischen Reinheit), dem Jiaotaidian (Halle der Berührung von Himmel und Erde) und dem Kunninggong (Palast der Irdischen Ruhe).

    Vor dem Palast der höchsten Harmonie befindet sich eine Steinplatte, der so genannte Kaiserweg oder auch die Yunlong-Platte. Diese Platte hat eine Fläche von mehr als 50 m² und ein Gewicht von 239 Tonnen! Die grösste Steinplatte Chinas stammt von außerhalb Pekings, rund 50 KM von der Verbotenen Stadt entfernt. Doch wie transportiert man so eine grosse und schwere Fracht? Hier haben sich die chinesischen Bauherren etwas Besonderes ausgedacht: Sie warteten auf den Winter, bauten alle 500 Meter einen Brunnen und legten in der Kälte extra für den Transport eine eigene Eisschiene an. Mit dieser rutschigen Unterlage war der Transport in 28 Tage zu schaffen. Trotzdem benötigte man insgesamt rund 20.000 Arbeiter, um die Platte überhaupt auf dieser Strecke zu bewegen.

    Hier noch einige interessante Details:

    In der Verbotenen Stadt gibt es 13.844 Drachendarstellungen.

    Seit der Qing-Dynastie galt das Gesetz, dass sich in bestimmten Bereichen in der Verbotenen Stadt nach Sonnenuntergang keine ‚richtigen‘ Männer mehr aufhalten dürfen – dies erklärt die damalige Anwesenheit von bis zu 3.000 Eunuchen.

    Der Kaiser konnte zum Frühstück aus rund 40 Gerichten auswählen. Nicht aus einer Speisekarte, sondern fertig gekocht und in einem Palast serviert. Die Bevölkerung musste demgegenüber hungern.

    Eine Konkubine zu werden war nicht einfach. Nicht nur musste sie in Grösse und Gewicht in einen bestimmten Rahmen passen – und zwar inklusive Zehen, Nase, Länge der Arme usw. Sie musste auch in verschiedensten Lehren ausgebildet sein. Aber das Wichtigste war: Sie musste gut riechen und zwar ohne Hilfsmittel. Die Überprüfung übernahmen die Hofdamen. Es war eine grosse Schande, diesen Test nicht zu bestehen. So gesehen sind heutige Miss-Wahlen doch sehr oberflächlich!

    Die vielen Bronzebottiche in der Verbotenen Stadt waren nicht nur Dekoration – es waren auch Wasserbehälter für den Fall eines Feuers. Im Winter wurden sie sogar von unten beheizt, damit das Wasser nicht einfrieren konnte.

    Es gibt noch viel zu erzählen über die Verbotene Stadt. Aber es ist alles Vergangenheit, die Chinesen sprechen selber über die alte Zeit und haben vieles über Bord geworfen.

    Was mir zu Heute einfällt? Ich habe mich wirklich noch nie so überwacht gefühlt. Überall wurde das Gepäck durchleuchtet. Man musste den Ausweis scannen lassen und wurde von 10.000 (für Chinesen die unzählbare Zahl) Kameras gefilmt. Polizei und Militär überall. Totale Überwachung, sogar auf öffentliche Toiletten. Nicht abschließbare Toiletentüren. Wir mussten zum Teil große Umwege in Kauf nehmen, nur weil wir wie eine Herde Schafe durch verstellbare Gitter geleitet wurden, natürlich wieder zu einem Kontrollpunkt. Aber die Beamten dort haben uns immer sehr freundlich behandelt. Überhaupt sind die meisten Chinesen sehr freundlich und lassen sich gerne fotografierte. Fragen sollte man trotzdem.

    Die Verbotene Stadt hat jährlich 9 Millionen Besucher.
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