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  • Day 26

    Westland Tai Poutini National Park

    December 26, 2018 in New Zealand ⋅ ☀️ 17 °C

    Nachdem wir gestern am Franz-Josef-Gletscher waren, fuhren wir gleich zum Fox Gletscher weiter. Dort hatten wir auch unseren Campingplatz für zwei Nächte gebucht.
    Wir stellten uns den Wecker auf 6:00 h morgens. Wir wollten schon sehr früh zum „Lake Matheson“ aufbrechen. Dann ist dort im Normalfall die Luft am Klarsten und die Spiegelung der Berge im See perfekt. Leider spielte das Wetter nicht mit. Die Berge waren voller Wolken und hinter dichtem Nebel versteckt. Es war nichts von einer Spiegelung im See zu sehen.
    Also sind wir gleich zur Galeay Beach gefahren. Den hatte ich eh auf dem Plan. Die Straße hörte wieder irgendwann einfach auf und mündete in eine Schotterpiste.
    Nun denn, wir fuhren mal wieder einen Weg ins Ungewisse und hofften, dass uns bloß niemand entgegen kommen würde. Zwei Wohnmobile nebeneinander geht hier gar nicht. So dachten wir, aber es ging. Spiegel an Spiegel und beide fast im Graben, aber es funktionierte.
    Man sehe und staune. Nach ca. 12 km Schotterpiste kam dann das Schild "Car and Camping Park". Also diese Straße war wirklich zum Befahren gedacht. Wir fuhren also auf dem Parkplatz und waren sofort irritiert. Da liefen viele Menschen bis zur Unkenntlichkeit vermummt herum. Ist es hier so kalt? Wir stiegen aus und fanden es angenehm warm. Aber warum waren diese Leute so dick angezogen und hatten zum Teil auch das Gesicht verdeckt? Die Antwort kam dann sofort. Sie alle hatten hier frei gecampt und sind in der Nacht von Sandflys überfallen worden.
    Wer keine Sandflys kennt, darf sich glücklich schätzen. Sie stechen schlimmer als Mücken und sind kleiner als Sandkörner. Man sollte sich auf keinen Fall kratzen, wenn man gestochen wird. Sobald man sich kratzt wird es schlimmer und es entstehen heftige Entzündungen und Abszesse.
    Tja, noch während die Camper uns erklärten, was los war, wurden auch wir schon zu Opfern. So schnell wie möglich stürzten wir wieder in unser Wohnmobil und zogen unsere mückenfeste Kleidung an. Aber das Parkplatz-Abenteuer war noch nicht zu Ende. Auf einmal wurde es richtig lebhaft im Freedom Camp. Einige liefen laut schimpfend herum, andere nahmen es mit Humor und lachten laut. Aber jeder schaute hektisch nach seinen Sachen.
    Die Wasserschläuche waren zerfetzt, die Stoffe der Campingstühle auseinander gerissen, Gummidichtung an den Scheiben und Türen der Auto und Wohnmobile herausgeholt. Tja, diese armen Camper sind nicht nur von Sandfliegen überfallen worden, sondern auch noch von einem Schwarm Keas.
    Denn neben der berüchtigten Sandfly und dem Possum gibt es noch ein drittes Tier, dass sowohl bei Neuseeländern als auch bei Touristen sehr unbeliebt ist: Der Kea. Dabei hätte der Papagei eigentlich gute Chancen, eines der beliebtesten Tiere überhaupt zu sein, ja sogar dem Kiwi seinen Status als Wahrzeichen des Landes streitig zu machen. Ich schreibe mal kurz, was ich über den Kea erfahren habe.

    Der Kea ist eine höchst intelligente Papageienart, die in Neuseelands Hochgebirgen auf der Südinsel, wie zum Beispiel dem Arthurs Pass National Park, beheimatet ist. Sie sind überaus elegante Flieger und haben ein wunderschönes glänzend-grünes Gefieder mit roten Federn und Krallen. Sie haben ebenso einen kräftigen Schnabel und scharfe Krallen. Zudem sind sie unglaublich neugierig und zutraulich. Alles, was potenziell essbar ist, wird aufs Genaueste untersucht.

    Diese Neugier - viele Einheimische nennen es auch Boshaftigkeit - haben in den letzten Jahrzehnten zu einem hohen Konfliktpotential zwischen Mensch und Vogel geführt. Früher wurden Keas vor allem von Farmern gejagt, da sie sich auf lebende Schafe gesetzt und ihnen mit ihren Schnäbeln den Rücken blutig gehackt haben, um an deren Fleisch zu kommen. Die verwundeten Schafe starben dann oft an einer Infektion der Wunden. Damals war sogar eine Prämie auf erlegte Keas ausgesetzt, so sehr wurden sie als Schädlinge wahrgenommen. Mittlerweile gelten Keas als eine gefährdete Art und stehen seit 1986 unter Naturschutz. Es gibt landesweit von diesen Vögeln noch etwa 5.000 Exemplare.

    Das hält die Papageien selbstverständlich nicht davon ab, weitere Untaten zu begehen. Augenzeugen und Videoaufnahmen erzählen, wie einzelne oder auch mehrere Keas Rucksäcke öffnen, um nach Essbarem zu suchen, Brieftaschen und Pässe klauen, Motorradsitze bis zur Unkenntlichkeit zerpflücken oder auch einfach ganze Autos auseinander nehmen. Auf einem der aufgenommenen und ins Netz gestellten Videos sieht man einen Kea, der Leitkegel auf einer Straße verschiebt. Einigen Experten zufolge ein kalkulierter Schritt, um Autos anzuhalten und um Essbares zu betteln. Ein Wanderweg im Arthurs Pass National Park musste sogar zwischenzeitlich geschlossen werden, da ein Kea die vorbeikommenden Wanderer mit Steinen bewarf.
    Zur Zeit läuft ein Versuchsprojekt, um die schlauen Vögel von den Touristen fern zu halten. Man hat Kea Spielplätze mit schwierigen und spaßigen Aufgaben entworfen und auch aufgestellt. Diese sollen die Papageien beschäftigen und von den Touristen ablenken. Mal sehen, ob die schlauen Vögel es nicht durchschauen und dann doch lieber Touristen und Einheimische ärgern.

    So gingen Herbert und ich mit guten Ratschlägen gerüstet unseren Weg.
    Wir suchten etwas Erholung von den schweißtreibenden Gipfelansteigen der steinigen Bergwelt und planten eine Wanderung entlang der herb-wilden Westküste.
    Wir wollten zum schwarzen Paradiesstrand zu einer Pelzrobbenkolonie. Zuerst noch von Sandfliegen verfolgt gingen wir am Strand entlang bis zu einem ziemlich breiten Fluss. Es war klar, den konnten wir nicht durchqueren, zu tief und die Strömung zu stark. Also gingen wir weiter bis zu einer Holzbrücke. Dummerweise war sie sehr baufällig und gesperrt. Wir berieten uns und entschieden dann gemeinsam, vorsichtig die Brücke zu überqueren. Wir gingen mit großem Abstand und nur auf den äußeren Bretträndern auftretend. In der Mitte fehlte ein Stück Brücke, wir mussten etwas klettern. So kamen wir dann wieder in den Urwald. Eigentlich hatte ich genug vom Urwald, aber um zum Paradiesstrand zu kommen, nahm ich es in Kauf. Wir mussten wirklich gut aufpassen, rechts und links war es sehr sumpfig. Wir mussten umgefallene Bäume umklettern oder übersteigen, mehrere Wasserläufe durchschreiten. Es waren Baumriesen, die da lagen. Dieser Weg war schon lange keiner mehr gegangen. Aber es lohnte sich. Der Strand war phänomenal. Durch die kommende Flut, gab es ein Getöse und schöne Bilder. Sogar die Robben waren da. Allerdings im Wasser und nicht am Strand. Herbert und ich setzten uns auf einen hohen Felsen und beobachteten diese lustigen Tiere. Irgendwann mussten wir uns auf dem Rückweg machen, denn wir wollten nicht von der Flut festgesetzt werden.
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