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  • Day 60

    Titanic (zum Zweiten)

    August 29, 2019 in Canada ⋅ 🌧 20 °C

    Irgendwie ist es speziell, dass ich auch zum Ende dieser Reise mit der Titanic konfrontiert wurde. Als wir mit der Queen Mary 2 in Southampton auf unserem Weg nach Hamburg für einen Zwischenhalt anlegten, hatte ich Gelegenheit, im Ausgangshafen der Jungfernfahrt dieses Schiffes den Spuren der Tragödie nachzugehen (vgl. Footprint „Southampton“ im Blog „Weltreise Beatrice & Osi 2018“). Hier in Halifax konnte ich nun den Spuren des Endes dieser Tragödie nachgehen.

    Die Titanic sank um 2 Uhr 20 am 15. April 1912, 41.726931° N und -49.948253° W., 400 Nautische Meilen (740 km) östlich von Halifax. Somit war Halifax der nächste Hafen für Rettungsmassnahmen. Als man in der Stadt vom Zusammenstoss mit dem Eisberg erfuhr, wurden Vorbereitungen für Rettungsmassnahmen getroffen, aber bald war klar, dass es nichts mehr zu retten gab, da das Schiff bereits nach 2 Stunden und 40 Minuten sank. Die „Carpathia“, die vor allem die Menschen aus den Rettungsbooten aufnahm, brachte 702 Überlebenden der Katastrophe nach New York.

    Die White Star Line heuerte in Halifax vier Hochsee-Kabel-Leger-Schiffe an, um die Toten in der Umgebung des Untergangs zu bergen. Diese vier Schiffe bargen 328 Leichen. Da das Einbalsamierungsmaterial an Bord zur Neige ging, wurden einige Menschen auf See bestattet. 209 Leichen wurden nach Halifax gebracht, von denen wurden 59 den Familien zugeführt. Die 150 verbliebenen Leichen wurden, je nach Konfession, auf drei Friedhöfen in und in der Umgebung von Halifax begraben.

    Auf dem Fairview Lawn Cemetery sind 121 Opfer protestantischer Konfession, so weit man dies eruieren konnte, begraben. Die Whitestar Line war für den einfachen Grabstein besorgt, der den Namen des Opfers (so bekannt), das Todesdatum, 15. Apri 1912, und eine Nummer trägt. Es ist dies die fortlaufende Nummer der geborgenen Leichen, unter der auch persönliche Effekten, die sich bei Bergung auf dem Körper befanden, archiviert wurden. Einige Familien ersetzten den einfachen White Star-Grabstein später mit grösseren Varianten, auf denen sich auch Angaben über die Funktion oder die Herkunft des Opfers und Sinnsprüche befinden. Einigen Steinen ohne Namen wurden später der Name des Opfers hinzugefügt, da man im Laufe der Zeit die Identität einiger unbekannter Passagiere aufgrund von Indizien unter den Effekten, aber auch mittels DNA-Vergleich ausmachen konnte.

    Ein Grabstein sticht hervor (siehe Bild unten). Die Bergungsmannschaften bargen ziemlich zu Beginn die Leiche eines etwa zweijährigen Kindes (Body Nr. 4), dessen Identität aber nicht eruiert werden konnte. Die Bergungsleute sammelten Geld, um diesem Kind einen besonderen Grabstein zu ermöglichen. Erst im Jahre 2007 konnte aufgrund eines DNA-Vergleichs festgestellt werden, dass es such um Sidney Lesley Goodwin handelt. Er war zusammen mit seinen Eltern und seinen fünf Geschwistern auf der Titanic unterwegs, auch sie verloren alle ihr Leben. In der Nähe der Leiche fand man ein paar Kinderschuhe, die das Kind beim Untergan angehabt haben konnte.

    An Land wurden gefundene Kleider verbrannt, unter anderem auch deshalb, um dem Souvenirhandel vorzubeugen. Clarence Northover, ein Polizist in Halifax nahm aber die Schuhe an sich. Als nach der Exhumierung der Leiche zwecks DNA-Test der Name des Kindes bekannt wurde, wurden ihm auch die Schuhe zugeschrieben. Sie sind heute im Maritime Museum of the Atlantic in Halifax ausgestellt, zusammen mit anderen Teilen der Titanic, die nach dem Untergang an der Wasseroberfläche trieben, also vor allem Holzteile, wie auch das Prunkstück der Ausstellung, ein Deckchair.

    So schliesst sich also der Kreis meiner Titanic-Erfahrung auf wundersame Art hier in Halifax.
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