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  • Day 9

    Rollertour nach Estartit

    April 20, 2019 in Spain ⋅ 🌧 13 °C

    Michael ist mal wieder der Erste am Morgen und hat bereits Brot besorgt und den Frühstücksplatz in der Sonne aufgebaut. Wir haben noch echt Glück. Von der Schlechtwetterfront über Spanien bekommen wir hier kurz hinter der französischen Grenze höchstens mal Dunst oder Wolken mit. Für heute ist bis zum Nachmittag Sonne angesagt und die nutzen wir vorm Wohnmobil. Gegen Mittag, als die Sonne anfängt Verstecken hinter den Wolken zu spielen, fahren wir mit dem Roller auf kleinen Straßen Richtung Estartit. Den ersten Halt machen wir in Bellcaire d' Emporda. Wir parken den Roller und steigen die engen Gassen zum Castell de Bellcaire hinauf, einer Burganlage und Schloss der Grafen von Empúries aus dem 13. Jahrhundert. Das Gebäude wird heute für verschiedene Veranstaltungen genutzt. Außer uns gibt es nur wenige Besucher im Ort. Ein paar Mountainbiker quälen sich die Gassen hoch. Die Radroute führt mitten durch die Stadt. Vom Castell können wir weit ins Land blicken. Nur fehlt ein wenig Sonne für eine perfekte Optik. Wir fahren weiter nach Ulla. Die kleine Landstraße gehört an diesem Samstagnachmittag uns allein. Leider ist Blumen pflücken während der Fahrt verboten, sonst würde ich zu gern den roten Mohn und die weißen Margeriten, die am Straßenrand wachsen, abpflücken.
    Kurz hinter Bellcaire liegt ein kleiner Stellplatz für Wohnmobile. Sehr nett und gut besucht. Das sind bestimmt Radfahrer und Wanderer, denn hier gibt es viele Rad- und Wanderwege. Hoch oben auf dem Berg lockt das Castell de Montgri. Eine sicherlich lohnende Wanderung mit garantiertem Weitblick. Wir aber steuern nach dem Besuch von Ulla die Stadt Torroella de Montgri an. Beim Bummel durch das Gewirr der engen Gassen mit den vielen kleinen Läden, fragen wir uns mehr als einmal im Angesicht der riesigen Supermärkte und Discounter am Stadtrand, wer kauft hier und kann man davon leben? Auf einem Platz sind Stände aufgebaut. Es werden gelbe Schleifen in allen Größen angeboten. Mit dem Kauf bekundet man seine Solidarität mit den inhaftierten katalanischen Ministern und unterstützt die Organisation. Der Stand ist umlagert. Michaels Interesse gilt aber mehr einem Laden, der Schinken verkauft. Hatten wir immer gedacht, dass der Serrano Schinken mit knapp 50 Euro pro Kilogramm der Teuerste wäre, werden wir hier eines bessern belehrt. Der "Jamon Iberico" schlägt mit 150 Euro per KG und der Jamon Pata Negra“, das bedeutet so viel wie „schwarze Klaue“. Der Grund hierfür ist, dass der Schinken vom Iberischen Schwein stammt, das meist eine schwarze Klaue hat, liegt bei knapp unter 200 Euro. 100 g Schinken für 20 Euro, das ist schon eine Hausnummer.
    Wir fahren weiter nach Etartit. Der aufgekommene Wind sorgt nicht nur für eine ordentliche Brandung, sondern pustet uns auf dem Roller ordentlich durch. Von weitem sehen wir schon die Felsen der Illes Medes, der kleinen vorgelagerten Inseln. Wir fahren den Passeig Maritim am Strand entlang Richtung Hafen. Eine Überflutung durch einen zurückgestauten Zufluss zum Meer, sorgt für ein jähes Ende. Das Wasser steht fast einen halben Meter hoch. Da können wir nicht durchfahren. Ratlos suchen wir nach einen Parkplatz. Nichts zu finden. Kurze Zeit später stehen wir wieder vor dem Wasserhindernis. Jetzt stellen wir den Roller einfach auf einer schraffierten Fläche am Straßenrand ab. Im Yachthafen liegen bereits viele Boote. Die Passanten haben sich zum Teil warm eingepackt gegen den kühlen Wind. Der andere Teil läuft hochsommerlich in kurzer Hose und Sandalen herum. Für einen Ostersamstag ist in diesem bekannten Touristenort relativ wenig los. Das kühle Wetter macht manchem Gastronomen einen Strich durch die Rechnung. Inzwischen haben wir Besuch bekommen. Der kleine Hunger ist vorbeigekommen und fordert unsere Aufmerksamkeit. Wir kehren ein, um eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken. Aber nach der "Kleinigkeit" ist das geplante Abendessen gestrichen. Auf meinem Platz kann ich wunderbar die vorbei schlendernden Passanten beobachten. Das Paar mit dem Kind z.B. , das wohl gerade eine rote Plastik-Blockflöte geschenkt bekommen hat, und damit Zahnarztbohrer ähnliche Geräusche produziert. Alle Menschen drehen sich genervt nach der Geräuschquelle um. Der Vater versucht dem Kind daraufhin das Spielzeug wegzunehmen, worauf der kleine Junge mit einem genauso Kopfhaut zusammenziehendem Heulen antwortet. Wahrscheinlich hat er vorher das Heulen eingesetzt, um die Flöte zu bekommen. Gut, dass wir mit dem Essen fast fertig sind, denn die Blockflöte nähert sich unserem Lokal, und irgendwie habe ich grad keine Lust auf ein Konzert. Egal ob mit oder ohne Blockflöte.
    Ein Mann mit einem furchtbar dicken Bauch kommt an uns vorbei und ich überlege, während ich meine letzten Patatas Bravas esse , wann der wohl zuletzt seine Füße gesehen haben mag, geschweige denn andere Körperteile.......
    Bevor ich noch weitere Überlegungen anstellen kann, verlassen wir das Lokal und ich damit meinen Beobachtungsposten, und wir schlendern zum Roller zurück. Gerade wollen wir aufsteigen, da kommt ein Spanier aus dem dahinter stehenden Haus. "Oh weia", denke nicht nur ich, jetzt gibt es Ärger wegen des wilden Parkens. Aber das Gegenteil ist der Fall. Er ist total begeistert von unserem Roller und würde ihn uns am liebsten abkaufen. Wir fachsimpeln noch ein wenig über Roller, Wetter usw. in einem Gemisch aus Englisch und Spanisch, und dann geht's zurück nach L'Escala. Das Wetter ist inzwischen nicht mehr schön zu reden. Es sind zwar 19 -21 Grad, wenn man den angebrachten Thermometern unterwegs Glauben schenken darf, aber die fehlende Sonne lässt alles etwas grau und trist aussehen. Für heute Abend ist sogar Regen angesagt. Und in Deutschland ist super Osterwetter.
    Zurück auf dem Campingplatz stellen wir fest, dass die Ersten ihre Zelte abbrechen wegen des zu erwartenden Regens. Andere kommen gerade an. Sie sind dem Regen weiter südlich davon gefahren.
    Am Abend machen wir noch einen Spaziergang entlang der Bucht auf dem Camino. Dabei überlegen wir, spätestens am Montag Richtung Frankreich zu fahren, denn die Wetterprognosen hier sind nicht besonders erfreulich. Dann setzt der Regen ein, und die Musikveranstaltung auf dem Campingplatz fällt nach kurzer Zeit im wahrsten Sinn des Wortes ins Wasser.
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