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  • Day 20

    Tallinn

    August 1, 2019 in Estonia ⋅ ⛅ 15 °C

    Gestern habe ich Michael den Vorschlag gemacht, nicht wie geplant auf einen der außerhalb der Stadt liegenden Campingplätze zu fahren, um dann mit der Bahn nach Tallinn hineinzufahren, sondern einen Parkplatz im Hafen in Altstadtnähe aufzusuchen, der sich auch zum Übernachten eignet. Dann könnten wir den Tallinnbesuch aufteilen. Einmal nachmittags, wenn die Kreuzfahrtbesucher weg sind, und noch einmal am nächsten Morgen, bevor die nächsten kommen. Wir haben von vielen Wohnmobilisten, die bereits Tallinn besucht haben, gehört, dass manchmal bis zu 6 Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig ihre Passagiere in die Stadt entlassen. Dann ist es wohl unheimlich voll. Versuchen wir es doch einmal so.
    Michael ist es nicht ganz wohl dabei, mit dem Hänger mitten in der Großstadt einen Parkplatz anzusteuern, denn wir sind gut 12m lang, aber Chris und Gaby, die bereits da sind, meinen, es sei kein Problem. Wir werden sehen. Wenn es nicht klappen sollte, fahren wir nach Saue auf den dortigen Campingplatz. Das wäre dann Plan B.
    Wir starten gegen 10.30 Uhr in Haapsalu. Es geht zügig voran. Knapp 100 km sind zu fahren. Schon 20 km vor Tallin beginnt die Straße mehrspurig zu werden und Autohäuser, Supermärkte usw. am Straßenrand kündigen die Großstadt an. Irgendwann müssen wir uns die Fahrbahn mit der Straßenbahn teilen und es wird wuselig und unübersichtlicher. Bis einen Kilometer vor unserem Ziel bleiben wir auf der A4, bevor es zum Hafen und zum Fährterminal abgeht. Es klappt alles prima. Kurz vor Mittag ist noch wenig los auf dem Parkplatz. Eine Handvoll Wohnmobile stehen bereits dort in einer Reihe hinter den parkenden PKWs. Wir finden sogar eine doppelte Parklücke, so dass der Hänger auch Platz hat, ohne dass wir abkoppeln müssen. Das hat schon mal gut geklappt. Die Anspannung entweicht langsam aus Michael. Ich hätte bei diesem Verkehr nicht mal mit dem PKW fahren mögen.
    Wir machen uns gleich fertig für den Stadtbummel und entdecken beim Aussteigen aus dem Wohnmobil die Haltestelle des Hopp-on-Hopp-off-Busses keine hundert Meter weit entfernt vor dem Harbour Terminal. Wenn das nicht ein gutes Zeichen ist! Kaum zehn Minuten später fährt der Bus mit uns als einzigen Fahrgästen die Altstadtroute. 25 Euro kostet das Ticket pro Person, das 24 Stunden gültig ist und noch zwei weitere Routen, die Museumsroute und die Tour durch die Außenbereiche beinhaltet. Es steigen bei den nächsten Stopps zwar noch ein paar Gäste ein, aber oben im offenen Bereich bleiben wir weitgehend allein. Gute Zeit gewählt. Der Bus fährt an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei und ermöglicht einen ersten Eindruck von der Altstadt. Durch Kopfhörer erfahren wir alles Wissenswerte und noch ein bißchen mehr. Wir steigen nicht aus, sondern fahren die Runde zu Ende, bis wir nach eineinhalb Stunden wieder am Hafen sind. Dann geht es die wenigen Schritte zurück zum Wohnmobil, um Kaffee zu trinken. Michael hat heute morgen in Haapsalu auf dem Campingplatz nicht nur frische Brötchen kaufen können, sondern auch leckere kleine Törtchen, die jetzt auf uns warten. Kurz vor dem Wohnmobil sehen wir zwei bekannte Gestalten: Chris und Gaby sind von ihrer Fahrrad-Rischkafahrt aus der Stadt zurückgekommen und wollen nun weiter zu einem Camp im "Lahemaa -Nationalpark. " Auch das Wohnmobil des Borkener - und das des Bremer Ehepaars stehen hier auf dem Parkplatz. Man trifft sich doch immer wieder.
    Nach dem Kaffeetrinken sind wir frisch gestärkt, um die Altstadt per Pedes zu erkunden. Über 10 km laufen wir in den nächsten Stunden durch die malerischen Gassen der Altstadt, und können uns nicht satt sehen an den wunderschön restaurierten Häusern. Inzwischen ist es voll geworden Die Kreuzfahrer sind da. Alle Sprachen dieser Welt schwirren durch die Luft. Viele Gruppen sind mit einem Stadtführer unterwegs. Jeder Stadtführer hält ein anderes Erkennungszeichen in die Höhe. Vom Regenschirm, Spazierstöcken mit Wimpel bis hin zu lustigen Spielzeugfiguren, die an einem Stock befestigt sind, ist alles dabei. Einen besonders schönen Blick über die ganze Stadt und das Umfeld bis hin zu den Kreuzfahrtschiffen im Hafen, haben wir von den beiden Aussichtsplattformen in der Oberstadt. Wir gehen einen Schritt schneller, als wir merken, dass eine Gruppe Asiaten, die mit Tablets und Handys bewaffnet sind, auch auf dem Weg dorthin sind. Da die aber noch auf dem Weg den Erklärungen ihrer Führerin lauschen müssen, haben wir einen Vorteil und einen Moment freie Sicht nach unten. Irgendwann brauchen wir eine Pause und kehren auf einer kleinen Terrasse unterhalb der Alexander- Newski -Kathedrale auf dem Domberg ein. Diese Kathedrale ist Estlands Hauptkathedrale für die russisch -orthodoxe Gemeinde. Sie ist mit ihren bemalten Zwiebeltürmen wunderschön anzuschauen und wurde 1900 im zaristischen Russland als Symbol für die religiöse und politische Vorherrschaft gebaut und dem Prinzen Alexander Newski gewidmet, der 700 Jahre zuvor die Deutschen auf ihrem Marsch gen Osten gehindert hat. Bewusst hat man sie auf den Domberg gebaut. Genau dort, wo vorher die Statue von Martin Luther gestanden hat.
    Michael hat es als Raucher besonders schwer im Baltikum. Es herrscht öffentliches Rauchverbot. Nur draußen in den Lokalen und zum Teil auch da nur an ausgewiesenen Plätzen darf geraucht werden. Während wir bei unserem Getränk in der Sonne sitzen, für diesen exponierten Platz haben wir vier Mal den Tisch gewechselt und den Kellner, glaube ich verzweifeln lassen, der jedes Mal, wenn er einen Anlauf machte, uns zu bedienen, seine Gäste aufstehen sah. Aber was lange währt, wird gut. Wir haben einen Platz ohne Wind, mit Raucherlaubnis, mit schönem Blick auf die Kathedrale und in der Sonne. Also während wir so unser Getränk genießen, geht die Tuterei los. Jedes der im Hafen liegenden Kreuzfahrtschiffe erinnert seine Passagiere daran, dass der Landgang zu beenden sei. Kurz nach 17.00 Uhr ist es dann ganz entspannt in der Altstadt.
    Auch wir benötigen etwas Entspannung. Vor allem unsere Füße. So geht es erst einmal zum Wohnmobil zurück.
    Auf dem Parkplatz ist es voll geworden. Viele Wohnmobile sind dazu gekommen. Mancher muss sich bei seiner Rückkehr überlegen, wie er am Besten in sein Wohnmobil kommt, so eng stehen sie teilweise. Wir haben etwas mehr Glück. Bei uns ist es nur ein PKW.
    Die Fahrt, der lange Stadtspaziergang, die vielen Eindrücke und nicht zuletzt noch das Bier unterwegs, fordern ihren Tribut. Ich schlafe so tief und fest ein, dass ich nichts mehr wahrnehme. Es ist bereits halb acht, als ich wach werde. Jetzt wird es aber Zeit nach einem Lokal für das Abendessen zu schauen. Die meisten Restaurants schließen spätestens um 22.00 Uhr ....auch hier in Tallinn. Man geht früh essen, das haben wir schon bemerkt. Ich schaue in Google Maps nach guten Restaurants mit einheimischen Essen. Die "Stuvee Teras" gefällt mir ganz gut. Michael kommt herein und zeigt auf das Rooftop-Lokal gegenüber, von dem man einen fantastischen Blick auf den Hafen haben muss und das mit seinen Lampions in der Abendsonne sehr einladend wirkt. Das gefällt mir auch. Es stellt sich kurz darauf heraus, dass es eben diese "Stuvee Teras" ist, die ich auch herausgesucht habe.
    So brauchen wir nicht mehr weit gehen. Oben angekommen, stellen wir mit Bedauern fest, dass draußen alle Tische besetzt sind. Liegt es nun an unseren enttäuschten Gesichtern oder an etwas anderem, dass ein Ehepaar an einen Tisch auf die beiden leeren Plätze neben sich zeigt? Wir bedanken uns auf Englisch für die Einladung zum Platz nehmen, aber schnell stellt sich heraus, dass es sich um ein deutsches Paar handelt. Ein Ehepaar aus Stralsund, das eine Baltikum Rundreise mit dem PKW und in vorbestellte Hotels macht. Wir unterhalten uns ganz angeregt über bereits besuchte Orte. Das Essen ist lecker und frisch und entspricht den Bedürfnissen der überwiegend jungen Gäste, ist aber eher gehobener Imbiss. Verwundert stelle ich fest, dass es auch eine Shisha-Bar ist Denn die Shishapfeife wird an einigen Tischen geraucht. Nur Michael traut sich nicht hier auf der Terrasse seine Glimmstengel herauszuholen, denn es gibt nirgendwo Aschenbecher.
    Der Abend über dem Hafen ist richtig schön und es ist schon nach 23.00 Uhr, als wir nach einem abschließenden Spaziergang durch den Hafen ins Wohnmobil zurückkehren. Das war wieder ein sehr erlebnisreicher Tag mit vielen Eindrücken.....und morgen geht es weiter.
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