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  • Day 11

    Herrenchiemsee oder der verrückte Ludwig

    October 22, 2019 in Germany ⋅ ⛅ 16 °C

    Was ist das? Sonnenschein, obwohl für heute nur Wolken vorausgesagt worden sind?
    Wir können einmal mehr draußen frühstücken. Heute hole ich mal die Brötchen. Da brauche ich nicht weit gehen. Unseren Stoffbeutel mit Namen und der Bestellung habe ich gestern schon in die Hütte am Platz gelegt. Heute morgen sind die bestellten Brötchen drin und die Eier stehen daneben. Hat was vom Nikolaustag ;-) . Wie auch immer, die Brötchen sind lecker und der Service ist so nachhaltig. In der Hütte können sich die Wohnmobilisten auch zusammensetzen. Ein Ofen, wenn benötigt, wärmt und sorgt für die Gemütlichkeit. Die Getränke dazu gibt es gekühlt aus dem Automaten.
    Der Sonnenschein animiert uns, auf Sightseeingtour zu gehen. Fahren wäre die bessere Wortwahl, denn um mit dem Schiff nach Herrenchiemsee zu gelangen, müssen wir erst nach Prien fahren. Im Winterfahrplan ab Oktober legt das Linienschiff nicht mehr in Bernau und Übersee an. Mir dem Roller geht es dann für gut 25 Minuten durch die herrliche Landschaft und wir bekommen auch gleich einen Eindruck von Bernau und einigen anderen kleineren Orten. Inzwischen haben sich Wolken vor die Sonne geschoben. Nicht nur die tolle Optik ist weg, sondern es ist so auch ganz schön kühl auf dem Roller.
    Wieder einmal sind wir ohne Zeit und Raum unterwegs. Schließlich ist Urlaub. Als wir auf den Parkplatz der Anlegestelle fahren, können wir auf einer Anzeige die Abfahrtzeit des nächsten Schiffes ablesen. 12.00 Uhr! Es ist 11.59 Uhr und so sprinten wir zur Anlegestelle. " Wir haben doch noch kein Ticket!", ruft Michael, der hinter mir hertrabt.
    " Egal, die gibt es sicher auch auf dem Schiff", antworte ich und bin schon auf dem Steg, auf dem der Matrose schmunzelnd "Beeilung! Beeilung!", signalisiert.
    Puh, gut dass wir das Schiff noch bekommen haben. Auf das Nächste hätten wir eine Stunde warten müssen. Während wir uns erst einmal verschnaufen, kommt ein elegantes Paar ganz entspannt über die Gangway geschlendert. Das Schiff legt erst 12.05 Uhr ab. Na, so was. " Ma muas d'Schuid a moi bei andan suacha", würde der Bayer sagen.
    Wir können unsere Ticket wirklich an Bord lösen. Hin- und Rückfahrt für zwei Personen 17 Euro. Das Schiff ist voll, aber wir bekommen sogar noch einen Platz draußen. Leider, leider keine Sonne, und so kommt der See und alles Übrige auch etwas grau daher. Die Fahrt dauert keine Viertelstunde, und schon können wir mit vielen anderen das Schiff verlassen. Auf der Insel verteilt sich alles schnell. Lediglich an der Kasse für das Schlossticket gibt es eine kleine Schlange. Das Ticket kostet 8 Euro bei Vorlage des Personalausweises. Juhu! Mein neues Alter zahlt sich zum ersten Mal aus. Einen Euro Ermäßigung für Senioren. Auf dem Ticket steht auch schon der Termin für die Führung: 13.00 Uhr. Ohne Führung- keine Besichtigung. Der Fußmarsch zum Schloss beträgt laut Hinweisschild 25 Min. Jetzt aber zackig. Wir haben bei der Ankunft etwas herum gebummelt und inzwischen ist es schon 12.40 Uhr.
    Ein wunderschöner Spaziergang über die Insel auf dem Winterweg führt uns pünktlich zum Schloss. Wir hätten auch mit der Pferdekutsche fahren können, aber so "seniorig"sind wir nun auch noch nicht. Wie am Flughafen zeigt eine elektronische Tafel die nächste Führung und den dazugehörigen Wartebereich an. Wir haben noch etwas Zeit und können vorher noch die Keramische Abteilung des Schlosses aufsuchen. Im Wartebereich, mit der Eintrittskarte eingecheckt, warten ca. 30 Personen auf die Schlossführerin. Die Führungen erfolgen im 5- Minutentakt. Als Erstes bekommen wir Verhaltensanweisungen: wie Handy aus, Rucksack vor den Bauch, nichts anfassen oder berühren, und leider auch nicht filmen oder fotografieren. Dann geht es in die prachtvolle Empfangshalle und von dort aus in die sogenannten "Versailler Räume", die nach dem Vorbild von Versailles ausgestattet worden sind. Von den insgesamt 70 geplanten Räumen sind nur 20 Räume fertiggestellt worden. Die übrigen befinden sich noch im Rohbau, denn erst ist dem Ludwig das Geld ausgegangen und dann ist er im Starnberger See ertrunken und das, bevor er sein Luxusschloss auch nur annähernd bewohnen konnte. Insgesamt hat er nur 10 Tage im Palast verbracht. Die Pracht der Räume mit dem vielen Gold, dem Marmor, den kostbaren Stoffen und Gemälde sowie den Holzarbeiten, Schnitzereien, der Glas- und Porzellankunst ist wirklich unbeschreiblich. Man muss es einfach einmal gesehen haben. Wenn man sich überlegt, dass dieses nicht das einzige Schloss ist, das Ludwig II. erbauen ließ, Neuschwanstein und Linderhof hat er in seinem kurzen Leben auch noch erschaffen, dann muss König Ludwig II. ganz schön verrückt oder versponnen gewesen sein. Naja, am Ende ist ihm ja das Geld dann ausgegangen. Allein das Schlafgemach im Schloss Herrenchiemsee kostete umgerechnet drei Millionen Euro - obwohl er nie darin schlief. Das Paradeschlafzimmer Ludwigs II. ist der teuerste Raum, der im 19. Jahrhundert eingerichtet wurde. Aber auch die heutigen Bayern sind nicht zimperlich mit dem Geld ausgeben: Der Freistaat ließ sich die Wiederherstellung des fürstlichen Schlafgemaches mehr als eine Viertelmillion Euro kosten. Insgesamt sind in den letzten 15 Jahren rund 33,5 Millionen Euro für Baumaßnahmen auf der Herreninsel investiert worden. Der König Ludwig , oder "Kinni" wie man ihn hier in Bayern auch liebevoll nennt, wird auch heute noch sehr verehrt. Die hohen Restaurierungskosten für seine Traumschlösser scheinen aber eine gute Investition zu sein. Als Tourismusmagneten sind die bayerischen Königsschlösser ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
    Nach einer dreiviertel Stunde sind wir total "overflasht" von so viel Protz, Pracht und Luxus. Nach der Führung, die wirklich sehr informativ und interessant war, setzen wir uns auf eine Bank vor dem Schloss und lassen bei einer Brezel, das Gesehene und Gehörte sacken. Inzwischen ist die Sonne wieder da und der Spaziergang zum Museum Ludwig ist ein schöner Ausgleich. Die Ausstellung im Museum über das Leben des Königs ist sehr interessant und auch die Gemäldegalerie "Maler am Chiemsee", aber irgendwann ist gut. Für heute reicht der Input. Wir gehen zum Anleger zurück und warten auf das Schiff. In Priem schlendern wir durch die Stadt auf der Suche nach etwas bayerischem Essbaren.Liegt es an an der einsetzenden Dämmerung, unserem Hunger oder dem vielen Verkehr, der durch die Straßen rauscht, dass wir Prien trotz der schönen bemalten Häusern nicht viel abgewinnen können? In einem Cafe in der Nähe der Kirche bekommen wir Leberknödelsuppe, "Geröstel" und "Strammen Max". Wir hätten zurückfahren und in Bernau in der Gastwirtschaft: "Zum alten Wirt" einkehren
    sollen! Da hätten wir es etwas besser getroffen. Aber hinterher ist man immer schlauer. Es ist fast 18.30 Uhr und schon dämmerig, als wir mit dem Roller auf den Stellplatz zurückkommen, nach einer recht kühlen Fahrt auf dem Roller.
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