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  • Day 15

    Ach hätt' ich doch ein Pferd...

    August 29, 2017 in Canada ⋅ ⛅ 25 °C

    Am Montagmorgen bin ich dann wieder sehr früh aufgestanden und es wartete wieder einmal ein Tag auf mich, der nicht so ganz rosig für mich ausfallen sollte. Mein Ziel war das etwa drei Stunden entfernte Saskatoon. Zwar nicht die Hauptstadt von Saskatchewan, aber laut meines Reiseführers das kulturelle Zentrum der Region, außer dem wohl die Cowboystadt schlechthin. Ich stand um 7 auf und lief quer durch die Stadt zum Busbahnhof.

    Da es weder Busse noch sonstige öffentliche Verkehrsmittel dorthin fahren - die wurden im Mai gestrichen -, blieb mir nichts anderes üblich als mit einer privaten Transportfirma in so einer Art Van dorthin zu fahren. Preislich war dies auch fair, aber es gab jeden Tag nur zwei Abfahrten: Um 8 a.m. und 5 p.m. Ich entschied mich für die erste Option, schließlich wollte ich mir die Stadt auch noch ansehen. In meiner Bestätigungsmail stand ich soll um 8 Uhr an einer Adresse sein, die sich dann um 8 Uhr, als ich dann (2 Minuten zu spät) da war, als improvisierte Bürozentrale entpuppte. Es lagen nur zirka 15 Mal immer dieselbe Broschüre im Schaufenster und es waren ein paar Klappstühle aufgebaut. Hinten konnte man in einen Hinterraum sehen, in dem noch ein Baugerüst stand.

    Es kam niemand. Um 5 nach 8 auch nicht. Um Viertel nach 8 auch nicht. Um kurz vor halb 9 schaute ich mir mal genauer diese Broschüre an: Dort stand als Treffpunkt ein Parkplatz drauf, der die Straße runter etwa 5 Minuten entfernt lag. Na toll, also habe ich den Bus verpasst... Eine Hoffnung hatte ich noch, es gab ja noch einen Bus um 17 Uhr. Allerdings wollte ich direkt mit jemanden aus dem Büro sprechen, ob mein Ticket denn noch gültig ist. Die angegebenen Bürozeiten (8-12 Uhr) haben natürlich auch nicht gestimmt - um 10 Uhr war immernoch niemand dort. Ich entschied mich dann erstmal etwas zu frühstücken. Um 12 Uhr dachte ich mir dann, dass ich vielleicht doch noch etwas durch Regina laufen könnte. Jedoch wollte ich das nicht mit meinem riesen Backpack machen. Drei Hotels konnten mir nicht weiterhelfen, als ich sie fragte, ob sie meinte Tasche für einige Stunde verstauen könnten. Naja...Ich hab mich dann in den Park gesetzt und mein Buch gelesen :)

    Um halb 5 ging ich dann wieder ins "Büro" der Firma und wurde von einer Omi begrüßt, der das alles mega leidtat, obwohl sie gar nichts mit der Sache zu tun hatte. Ich schilderte das alles dem in Ekstase gefallenen Russen am Schalter, der mir durch Gestik und Mimik gebrochen zu verstehen gab, wieso ich denn überhaupt so ein Stress mache, es gibt doch immer noch ein paar Plätze frei. Und dann löste sich auch alles auf: Treffpunkt soll ab in einer Woche dieses Büro sein und es wird als selbstverständlich erachtet, dass die Passagiere mindestens 20 Minuten eher da sind. Der alte Treffpunkt (der besagte Parkplatz) wird nur noch die Woche angefahren, damit die Vielfahrer nicht so überfordert sind. Alles klar. Alle stiegen ein, wir fuhren drei Stunden lang durch die triste Prärie und beim Einbruch der Dunkelheit waren wir auch wirklich in Saskatoon.

    Wir wurden von unserem Fahrer - auch ein reizender, russischer Zeitgenosse auf einem Walmartparkplatz in die Freiheit entlassen. Ich musste dann nur noch 20 Minuten von Downtown weglaufen, um an meinem Ziel anzukommen. Dieses Mal kein Hotel oder Hostel, sondern ein sogenanntes "Homestay", also bei jemanden wohnen, der sein Gästezimmer untervermietet. Ich war mir nicht mal richtig sicher, ob mir das so geheuer war, als ich durch eine Öffnung in einer meterhohen Hecke um ein Wohnhaus herum zu einer Tür auf einer Veranda gehen und dort mit einem Türklopfer anklopfen musste. 10 Minuten kam niemand und ich dachte schon, meine Buchung war untergegangen, als ein überaus übergewichtiger Mann um die 50 mich überschwänglich empfang. Er bot mir gleich einen Platz auf seinem Sofa und eine Coke an und wir warteten, bis der Vermittler von Booking.com kam. Dieser Inder klärte dann mit mir alles Offizielle und erklärte mir den Schlüssel. Dann war er weg, ich nur noch froh in meinem Einzelzimmer zu sein und der Besitzer am Abendessen kochen. Es war ja auch erst 22 Uhr inzwischen.

    Die Gegend war relativ unheimlich... Gegenüber waren die Fenster eines heruntergekommenen Hauses mit Brettern verrammelt und davor drei Volltättowierte am Streiten. Lauter Schreie aus den Häusern und sehr bizarre Gestalten unterwegs in den Straßen. Ich kann echt nicht sagen, in welchen Stadtteil ich da geraten bin, aber von Saskatoon hatte ich ja im Grunde dann gar nichts :/

    Der nächste Tag sollte viel besser starten. Wieder sehr früh, um halb 7 verließ ich dieses wunderbare Domizil und fand direkt ein Taxi, das mich dann zum Bahnhof brachte. Ich wollte unbedingt auch mal mit dem Zug Via Rail Canada fahren und die Strecke Saskatoon - Winnipeg erschien mir ideal. So hatte ich eine Fahrt von 8.30-20.45 Uhr vor mir - eine Stunde wegen der Zeitverschiebung. Natürlich lief das auch mal wieder nicht glatt :)
    Ich kann inzwischen auch echt nur noch drüber lachen, um ehrlich zu sein^^ Aber der Zug hatte 2 1/2 Stunden Verspätung, als er im Bahnhof einlief und verlor dann noch eine halbe Stunde, weil er so oft wegen überholenden Zügen anhalten musste.. Ich war allerdings äußerst überraschend, wie komfortabel man in diesen Zügen reist! Ordentlich viel Beinfreiheit, Wasserspender und jeder hat seine Steckdose. Nur WLan hätte noch gefehlt oder dass das wunderbare Essen nichts gekostet hätte. Zur Abwechslung waren die anderen Gäste auch wirklich nett und freundlich! Es gibt tatsächlich Kanadier, die tagelang in diesem Zug sitzen, der drei Mal die Woche von Vancouver nach Halifax und zurück fährt! Ich war ja mit den 12 Stunden nahezu überfordert, aber 36 Stunden uns mehr finde ich dann fast schon zu viel des Guten xD Achso per Durchsage wurden wir auch auf eine Herde Bisons aufmerksam gemacht, die neben den Gleisen grasten. Viele Leute bezahlen viel Geld und wir sahen die etwa 50 Tiere quasi im Vorbeifahren, echt toll!

    Als es dann Mitternacht war, kamen wir in Winnipeg an. Die Hauptstadt meiner vierten Provinz, Manitoba, hat 800.000 Einwohner und liegt genau im Nirgendwo :) Ich habe mir dann in Bahnhofsnähe das günstigste Hotel für die Nacht gesucht und habe dann einfach nur noch geschlafen! ;)

    An diesen zwei Tagen hätte ich mir durchaus ein Auto gewünscht oder ein Pferd, damit ich sogar stimmig in die Prärieszenerie passe! Aber man kann nicht immer alles haben im Leben...^^
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