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  • Day 13

    Tag 13 - Save the best for last

    May 14, 2022 in Germany ⋅ ☀️ 22 °C

    Es war eine ruhige und erholsame Nacht in der kleinen Pension Reichert in Kordel. Die Wirtin erinnert mich noch einmal daran, dass ich auf jeden Fall den Weg durch das Butzerbachtal nehmen soll und zaubert mir ein leckeres veganes Frühstück mit viel frischem Salat. Dann bin ich auch schon vor der Tür und setzte meine ersten Schritte auf die letzte Etappe des Eifelsteigs mit dem Ziel Porta Nigra in Trier!

    Nur kurz geht es durch Kordel und dann auch schon hoch in die Hänge. Zum Glück bin ich gut gestärkt, denn da kommen schon ordentlich erste Höhenmeter zusammen. Der Weg führt mich eine ganze Weile durch einen unglaublich schönen Buchenhochwald. Die Sonne strahlt, der Himmel leuchtet blau und ich bin ein wenig sprachlos, dass die Reise heute am Nachmittag zu Ende sein wird. Aber bis dahin stehen noch zahlreiche Highlights an, daher bin ich ganz froh, dass die heutige Etappe mit kaum 22 Kilometern die kürzeste sein wird - also genug Zeit, alles genau zu erkunden :)

    Während ich durch den Wald wandere nehme ich einen starken Geruch von verbranntem Holz wahr und sehe deutliche Rauchschwaden. Seltsam, was kann das sein? Plötzlich höre ich Feuerwehrsirenen und befürchte, dass irgendwo ein Haus oder ähnliches brennt. Hoffentlich ist niemanden etwas passiert.

    Langsam steige ich wieder ab und nähere mich der Burg Ramstein.
    Hierzu eine Info: Laut Wanderführer und auch Gästen, die auf der Burg abgestiegen sind und die ich unterwegs getroffen habe, liegt die Burg ca. 3 Kilometer vom Eifelsteig entfernt. Ich hatte nämlich erst überlegt, dort die letzte Nacht zu verbringen, aber dann wegen des Umweges die Pension in Kordel vorgezogen. Die 3 Kilometer sind aber Blödsinn, es sind nur 400 Meter! Dennoch habe ich alles richtig gemacht, denn sonst hätte mir die Wirtin ja nicht den Tipp bzgl. ignorieren der Umleitung geben können :D

    Unterhalb der Burg trifft der Römerpfad auf den Eifelsteig und wir drei ziehen nun gemeinsam in das Butzerbachtal. Ich passiere die Silvesterhöhle mit einer Bank und... einer Toilette....sozusagen.
    Schon bald komme ich an die unübersehbare Absperrung und ich schlängle mich schnell vorbei, damit auch erst gar kein Schuldbewusstsein bei mir aufkommen kann *hüstel*.
    Wieder höre ich Feuerwehrsirenen, das muss wirklich etwas Größeres sein.

    Das Tal erscheint wie aus einer Märchenwelt. Der Bach umfließt Felsen und stürzt über sie hinab, sodass es zahlreiche kleinere und größere Wasserfälle zu bewundern gibt. Zugleich sehe ich aber auch die Schäden, die hier durch das Hochwasser entstanden sind. Unzählige Bäume wurden umgerissen, die Uferböschung teilweise weggespült. Dennoch ist der Weg immer gut zu begehen, selbst bei umgestürzten Bäumen, die über dem Weg liegen, muss ich niemals meinen Rucksack abnehmen. Die Wirtin hat recht behalten und ich bin ihr sehr dankbar für ihren Rat!
    Aber was kommt da? Hängebrücken führen über ansonsten schwerer zu passierende Passagen und ich wandere freudig schwankend über sie hinweg. Nur allzu schnell habe ich das Tal durchquert, werfe einen letzten glücklichen Blick zurück und mache mich an den Aufstieg zum nächsten Highlight.

    Nach dem moderaten Anstieg gelange ich bald an die Pützlöcher, einem römischen Kuperbergwerk! Im 2. Jh. n. d. Z. wurden hier bis zu 18 Meter tiefe Löcher in den Berg getrieben, um Erze abzubauen. Der Ertrag war eher gering, sodass die Anlage bald als Steinbruch genutzt wurde, bis in die Neuzeit hinein. Auch die Porta Nigra birgt Steine aus diesem Berg.
    Ich stapfe freudig auf das Tor zum Eingang zu und muss dann leider feststellen, dass es verschlossen ist. Hier kommt man nur mit Führung rein und als ich einen Blick durch das Gitter werfe, ist mir auch klar, dass das sehr vernünftig ist. Also erkunde ich die Anlage von außen, was auch schon sehr beindruckend ist.

    Weiter führt der Weg in einer großen Kehre beinahe wieder zu Burg Ramstein zurück, dann trete ich aus dem Wald und habe eine schöne Fernsicht, die ich erst einmal genieße.

    Und schon ist Highlight Nummer 3 nah - die Klausenhöhle. Ich habe sie schon in einigen Youtube-Videos gesehen, aber dann selbst dort zu sein ist etwas ganz anderes. Ich lasse erst einmal diesen besonderen Ort auf mich wirken und frage mich, wie es in den Jahrhunderten der Nutzung den Einsiedlern hier ergangen sein mag. Dann steige ich die Leiter hoch auf die Schlafebene und setzte mich für eine Weile still an das Fenster. Direkt daneben - ebenso wie am Eingang zur Höhle - sind stilisierte Gesichter eingemeißelt. Es wird davon ausgegangen, sie sollten zur Abschreckung böser Geister dienen.
    Es dauert, bis ich mich von diesem Ort wieder lösen möchte.

    Ein relativ steiler Pfad führt von der Höhle hinab und schon bald ist sie hinter mir in den Bäumen verschwunden. Ich bin im Flow und genieße die Stimmung, den Wald, diese Wanderung und dass ich all dies erleben kann. Wie glücklich ich mich schätzen kann. Das vergesse ich immer wieder im Alltag, aber solche besondere Zeiten erden mich und bringen mich zurück zu dem, was wirklich wichtig ist.

    Auf dem Weg zu Highlight Nummer 4 höre ich Hubschrauber über mir, immer wieder und als sich eine Lücke im Blätterdach auftut sehe ich, was ich insgeheim befürchtet hatte...ein Hubschrauber transportiert große Löschbeutel. Ich sehe einen feinen Wasserstrahl hinausströmen, also ist der Beutel voll und hier in der Nähe muss etwas passiert sein. Da schon einige Stunden seit den Feuerwehrsirenen vergangen sind, die ich bei Burg Ramstein gehört habe, befürchte ich Schlimmes, einen Waldbrand. Die Menschen, denen ich mittlerweile unterwegs begegne, scheinen allerdings unbeeindruckt und sorglos. Vielleicht ist es doch weiter weg, als es sich durch die Hubschrauber anhört?

    Ich komme zur Genovevahöhle und wieder stehe ich sprachlos vor den Wundern der Natur. Groß und prächtig wölbt sich die halboffene Höhle über mir. Schon in prähistorischer Zeit wurde sie genutzt, später auch als Zufluchtsort bei Bedrohungen. Nachdem ich über die in den Stein gehauenen Stufen in den Hauptraum aufgestiegen bin, sehe ich, dass auch heute noch Menschen hier Zuflucht suchen. Dort liegt ein Schlafsack, Lebensmittel, ein kleinen Bollerwagen mit wenigen Habseligkeiten wurde abgestellt. Daneben ein Zettel mit der Bitte, nichts wegzunehmen. Die Person selbst ist nicht anwesend; ich hoffe, das Leben wird ihr bald ein besseres Los zuspielen.
    Auch in der Genovevahöhle verweile ich einige Zeit, doch langsam kommen immer mehr Leute, denn es geht auf Mittag zu. Zurück am Fuß der Treppe entscheide ich mich dazu, zur Hochburg aufzusteigen. Die keltische Fliehburg liegt ein wenig abseits vom Eifelsteig, oberhalb der Höhle, aber das ist es mir wert.

    Der Anstieg ist kurz und knackig und oben angekommen...stehe ich vor Feuerwehrleuten im Einsatz! Meine Befürchtung war also begründet, denn seit Stunden bringen sie einen Waldbrand im Steilhang unter Kontrolle! An die Fliehburg ist jetzt natürlich überhaupt nicht zu denken, sie liegt im Brandgebiet.
    Ich ziehe mich so schnell wie möglich zurück, um nicht im Weg zu sein und wünsche den Feuerwehrleuten ein Gelingen ihrer Arbeit ohne jegliche Gefahr für sie.

    Ich selbst habe Glück, denn meine Wegstrecke ist gefahrenfrei zu begehen. In hoffe, dass im Brandgebiet so wenig Schaden wie möglich für jegliches Leben entsteht, egal ob es geht, kriecht, fliegt, verwurzelt ist oder wie auch immer existiert.

    Der Eifelsteig lässt mich spüren, dass er sich dem Ende zuneigt. Die Wege werden breiter, immer mehr Wanderparkplätze liegen in der Nähe, Ausflügler auf Fahrrädern und in größeren Gruppen kommen mir entgegen.
    Mir gefällt das, denn so fühlt es sich nach einem langsamen Übergleiten zurück in den Alltag an.

    Plötzlich sehe ich ein Wegzeichen des Moselsteigs! Ein breites Grinsen breitet sich über mein Gesicht aus, denn der Moselsteig ist mein nächstes größeres Thruhikeprojekt und ich freue mich sehr, hier, am Ende des Eifelsteigs, auf ihn zu treffen.

    Nachdem ich über schöne Wiesen und Felder gewandert bin werde ich nach Biewer hinabgeführt und ich erwarte, dass es so urban nun auch bis nach Trier weiter geht. Aber nein, rasch geht es an den Ortsrand und einen brutal steilen Berg hinauf.
    Uff, damit habe ich jetzt nicht gerechnet :D Aber nach 13 Tagen unterwegs macht mir das eigentlich auch nicht mehr viel aus und ich denke lächelnd daran, wie ich an Tag 2 beim letzten Aufstieg gekeucht habe. Heute fände ich das natürlich auch immer noch anstrengend, aber wäre deutlich gelassener.

    Was nun kommt, ist ein wunderbares Wegstück über die Höhen der Buntsandsteinfelsen entlang der Mosel über die Trier. Und dann sehe ich sie endlich, die älteste Stadt Deutschlands, heute im strahlenden Sonnenlicht. Ich bleibe stehen. Meine Augen suchen die Porta Nigra. Da ist sie.

    Ich finde eine Bank mit perfekter Aussicht auf die Stadt und setzte mich hin für meine letzte Rast. Während ich so dort sitze kommt ein älteres Paar vorbei, beide über 70, wie ich bald erfahre. Sie sind seit Ende April von Köln aus nach Trier gepilgert. Nicht nur das, sie waren schon zweimal in Santiago und komplettieren mit ihrer aktuellen Pilgerschaft ihre Via Baltica Wanderung.
    Sie sind Pilger, wie man sie sich vorstellt, mit Muschel und Wanderstock, Beuteln und Taschen, freundlich und liebenswert.
    Sie bitten mich, ein Foto von ihnen mit dem Trierer Dom im Hintergrund zu machen. Nichts lieber als das und natürlich machen sie auch für mich ein Erinnerungsfoto vor dem Panorama der Stadt.

    Ein kleines Stück gehen wir gemeinsam, dann folgen ein paar steilere Aufstiege und wir verabschieden uns. Mögen sie noch viele schöne Pilgerschaften erleben.

    Der schöne Kammweg findet schließlich sein Ende und ich steige einen ziemlichen steilen Weg hinab, gespickt mit fiesen Treppen.
    Der offizielle Endpunkt des Eifelsteigs liegt am Weisshaus und ist nicht sehr spektakulär. Aber immerhin gibt es eine Stele mit Infotafel. Für mich kann aber der Endpunkt nur die Porta Nigra sein, nur so fühlt es sich für mich richtig an.
    Ich ziehe also weiter und dann ist es soweit, ich stehe plötzlich wieder mitten im urbanen Leben, mit allem was dazu gehört. Autokolonnen, Abgase, hetzende Menschen, Hupen, heißer Asphalt.
    Hinab geht es zur Kaiser-Wilhelm-Brücke, die mich über die Mosel führt. Ein Schild zeigt mir den Weg zum Ziel, Porta Nigra 0,9 Kilometer. Kurz noch durch ein Wohngebiet, eine kleine Grünanlage...

    ...und dann bin ich da. Vor dem beeindruckend schönen römischen Stadttor bleibe ich stehen und betrachtet es fast ehrfürchtig. Wer ist hier schon alles durchgegangen? Langsam gehe ich auf das Bauwerk zu, lege meine Hand auf den Stein, atme lächelnd tief ein und beende meine Trackingaufzeichnung.

    Auf der Wiese sitzend esse ich meine letzten Snacks, schicke meiner Schwester @NaniNuna ein Finisherfoto :) und freue mich ganz einfach still und leise in mich hinein.
    Plötzlich wird mir bewusst, wie sauber und nett gekleidet all die Touristen hier sind, die Fotos vor der Porta machen. Ui, weder sauber noch nett gekleidet trifft auf mich zu. Meine Beine sind mal wieder grau vom Staub und meine Klamotten riechen nach allem, nur nicht frisch.

    Die Eifel ist meine Herzensheimat und aus persönlichen Gründen sehr bedeutsam für mich und das gilt ebenso für den Eifelsteig.
    Nun ist es Zeit, nach Hause zu fahren und diese Tour in mir wirken zu lassen.

    Vielen Dank, dass ihr mich auf dieser Reise begleitet habt. Es war mir eine Ehre :)
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