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  • Day 48

    Steine, Schweiß und sengende Hitze

    March 20, 2019 in Namibia ⋅ ⛅ 35 °C

    Wir bauen also eine Mauer. In der sengenden Sonne Namibias.

    Wir haben unser Camp für die nächsten fünf Tage in einigen Hundert Metern Entfernung der Baustelle aufgeschlagen. Ein kleines Küchenzelt, eine Plane auf dem Boden zum Schlafen und ein Dach als Regenschutz. Eigentlich ist nämlich grade Regenzeit, aber es hat schon seit sieben Jahren nicht mehr richtig geregnet. Und es ist so heiß, dass direkt die erste unter uns kurz zusammenklappt. Man ermahnt uns immer wieder, mind. 4 bis 5 Liter Wasser und so ein Rehydrationzeug zu trinken.

    Mit dem Spaten gräbt Markus einen Biomüll aus, eine Feuerstelle und ein Loch für den Toiletteneimer. Eigentlich ist es eine Metallröhre, die zu beiden enden offen ist. Oben wird ein Toilettensitz montiert (wir wollen ja nicht komplett auf Komfort verzichten) und drum herum eine Zeltwand gespannt. Alles, was unten reinfällt, wird am Ende der Woche dort bleiben und Mutter Natur zurückgeführt. Fertig. Finden die Fliegen auch total toll!

    Aber wir sind ja auch nicht zum Spaß sondern zum arbeiten hier. Und die beginnt morgens um 7.30 Uhr mit Steine und Sand sammeln - in Fachkreisen sehr bald als rock run oder sand run bekannt - schließlich brauchen wir erstmal Baumaterial. Also ab in den Pickup, ein paar Kilometer fahren, bis wir große Steine am Straßenrand entdecken und den Hänger voll laden. Dabei entpuppt sich unsere junge Schweizerin Fabienne als wahres Kraftpaket. Während ich unter der Last keuche und schwitze, wirft sie die Brocken mit einer Leichtigkeit durch die Gegend, die man ihrem schmalen Figürchen nicht zugetraut hätte. Wie sie uns später erzählt, arbeitet sie zuhause aus Umzugshelferin.

    Zurück an der Baustelle wollen die Steinchen ja auch wieder runter vom Hänger. Mit dem Sand, den wir aus einem trockenen Flussbett in der Umgebung schaufeln, geht zumindest das Abladen leichter. Hänger kippen, runter rieseln lassen. Haben wir genug Steine und Sand beisammen, geht es ans Zement mixen. Mit dem Spaten in der Schubkarre. Sand und Zement im Verhältnis 2:1 und dann Wasser „nach Gefühl“ dazu und alles kräftig mixen. Es ist die mit Abstand frustierendste Arbeit, weil es sehr anstrengend ist und die Karre nach gefühlten fünf Minuten sofort wieder leer und man wieder mixen muss. Aber es herrscht eine gute Stimmung im Team und wir kommen gut voran.

    Mittags zwischen 12 und 15 Uhr ziehen wir uns ins Camp zurück, es gibt Sandwiches und wir suchen nach der besten Strategie, der Sonne zu entfliehen. Es ist jedoch gleich, wo man sich aufhält, jede Oberfläche, die man mit dem Körper berührt, wird vollgeschwitzt. Selbst im Liegen rinnt mir der Schwieß die Kniekehlen runter. Und so fühlt sich jeder von uns bald eingelegt in eine Schicht aus Sonnencreme, Sand, Zement und Schweiß. Wir rubbeln uns mit unseren Feuchttüchern ab, aber nach dem zweiten Tag kommen auch sie nicht mehr dagegen an. Das mitgebrachte Wasser in den Tanks auf den Autodächern dürfen wir nur zum Trinken, Kochen und Zähneputzen verwenden. Aber manchmal, wenn niemand hinsieht, spritze ich mir ein paar Hände ins Gesicht.

    Unsere zweite Schicht geht meist bis 17 Uhr. Dann geht es zurück ins Camp, das Duty Team beginnt mit den Vorbereitungen für das Abendessen. Und das kann sich sehen lassen. In den ganzen zwei Wochen haben wir jeden Abend ein neues Gericht, und alles in gusseisernen Töpfen überm Feuer zubereitet. Wir sehen die Sonne glutrot hinterm Camp untergehen. Sobald es dunkel wird, holen wir unsere Stirnlampen raus. Brauchen wir jedoch fast gar nicht, denn der Mond ist so hell, dass er richtige Schatten wirft! Und der Sternenhimmel ist beeindruckend, die Milchstraße ist quasi unser ständiger Begleiter.

    So pendelt sich der Tagesablauf ein und unsere Mauer wächst Stück für Stück in die Höhe. Schon bald fangen wir an, die einzelnen Aufgaben taktsich zu bewerten. Fahre ich mit auf den rock run, um im Auto sitzen und wenigstens für ein paar Minuten kühlenden Fahrtwind im Gesicht zu spüren? Oder sammel ich lieber auf dem Boden sitzend kleine Steine in einen Eimer, mit denen die Mauer gefüllt werden?
    Handyempfang haben wir ja schon seit der Abfahrt aus Swakop nicht mehr. Seltsamerweise sind wir uns alle einig, dass wir es nicht vermissen und finden es sogar alle ganz schön, das Handy einfach mal auszulassen.

    Wo es für mich mich persönlich dann neben der körperlichen auch zur mentalen Anstrengung wurde, war der Zeitpunkt als all unser Kühleis in der Kühlbox geschmolzen war und es keine Möglichkeit mehr gab, sein Wasser zu kühlen. Ab da war es einfach nur noch heiß und gefühlt kein Entkommen. Wenn man dann nur noch warmes Wasser hat, wird es echt hart. Nun schmeckt so ein abgestandedes Kanisterwasser aus dem Gartenschlauch auch nicht grade wie ein Selters...
    vielleicht hat uns das dazu angetrieben, noch mehr ranzuklotzen: die Aussicht auf kalte Getränke, sobald wir dort wegkommen. Denn was soll ich sagen, wir haben unsere Mauer einen Tag früher als geplant fertig gestellt.

    Zurück im Base Camp wartete die ( im wahrsten Sinne) heiß ersehnte Dusche und die Aussicht auf die folgende Woche, in der wir uns auf die Spuren der Elefanten begeben würden.
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