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  • Day 5

    Mom is the best

    December 19, 2017 in Egypt ⋅ ☀️ 23 °C

    Das richtige Maß passender Rhetorik, ist maßgeblicher Teil eines erfolgreichen Verkaufsabschlusses.

    Wertige Argumente, eine ganz gezielt eingesetzte, Entscheidungs herbeizuführende Wortwahl und emotionale Verknüpfungsansätze, sind für den Verkäufer, ein nicht zu unterschätzender Mehrwert.

    In einem meiner Kenia Footprints, konntet ihr ja bereits in den "G'schichten aus'm Paulanergarten" erfahren, was genau ich damit sagen möchte.

    Gerne, sei in diesem Zusammenhang noch einmal an die Restaurant Servicekraft Thomas und seine geradezu dramatische Geschichte vom verlorenen Handy im Tuk Tuk erinnert.

    Ein Platz in der Hall of Fame aller Märchenerzähler, sollte auch der kenianische Beachboy bekommen, der mit einem Gesichtsausdruck, der dem eines im Wechselfieber Dahinsichendem sehr nahekam dramatisch erzählte, wie er von einer Kokosnusspalme gefallen war und sich infolgedessen, die linke Schulter ausgekugelt hatte.

    Und das alles, weil er aus Ermangelung an finanziellen Mitteln, notgedrungen für seine hungernde Familie, die nahrhaften Nüsse pflücken musste - Dramatik pur!

    Alles zweifelsohne tolle Geschichten mit einem hohen Unterhaltungswert, die beim Zuhörer eine emotionale Regung auslösen, bzw. den Geldbeutel für eine milde Gabe öffnen sollen.

    Zudem..... sollte in Kenia ein Verkaufsgespräch stocken, wird final sehr gerne noch die schwerkranke Mutti als Trumpf ausgespielt.

    Ganz offensichtlich, erfreuen sich da Ägyptens Mütter einer deutlich besserer Gesundheit - Alhamd lilah!

    Im Wüstenstaat, sind die lieben Muttis mutmaßlich nicht nur wesentlich fitter als weiter südlich am Äquator, sie basteln wohl auch besonders gerne und zeigen sich bezüglich Handwerksarbeiten im weitesten Sinne, als überdurchschnittlich fleißig und talentiert.

    Bei unseren abendlichen Shoppingtouren, wurde uns mehrfach glaubhaft versichert, daß der Artikel unserer Wahl, seinen stark überzogenen Preis durchaus wert sei, da erstens reine Handarbeit und zweitens eben, von der eigenen Mutti gebastelt.

    Es spielte dabei überhaupt keine Rolle, ob es sich um eine geflochtene Schale, ein kleines Körbchen oder eine originelle Halskette handelte.

    Mutti ist, wie Ursula von der Leyen - sie kann einfach alles!

    Neben den stark überhöhten Wunschpreisen vieler Verkäufer, sei noch angemerkt, daß meiner Meinung nach, die benötigten Fertigungszeiten für die formschönen Gegenstände, jeden vernünftigen Zeitrahmen sprengen.

    Ein kleine Kette braucht anscheinend eine Woche, ein mittelgroßes Körbchen gar einen Monat!

    Man(n) mag sich überhaupt nicht vorstellen wollen, wie lange wohl das Bemalen einer großen Humusschüssel mit orientalischen Mustern dauern würde.

    Gut, hochwertige Handarbeit braucht seine Zeit, aber die uns genannten Zeitfenster, scheinen mir doch etwas übertrieben.

    However, als Rechtfertigung für den erhofften Wucherpreis, durchaus ein raffiniertes Zusatzargument.

    Allerdings, stellte sich uns nach dem Besuch diverser Fachhändler für Krimskrams noch eine ganz andere Frage..... "Warum sehen beispielsweise alle Körbchen oder Flechtschalen, gleich aus"?

    Die Verkäufer hatten uns doch glaubhaft versichert, daß die kleinen Kunstwerke von der jeweils eigenen Mutti gebastelt wurden.

    Da man uns ebenso erklärte, daß die hübschen Handwerkswaren grundsätzlich aus der Stadt Assuan stammten, fragten wir uns zwangsläufig auch, ob dort wohl Ägyptens gestaltungsaffine Müttermasse, in einem Bastelkibbuz am Nil wohnt?

    Auch wäre es von großem Interesse zu erfahren, ob denn alle Handarbeitsheldinnen die selben Workshops besucht hatten, da die mühsam gefertigten Endprodukte ja iwie immer gleich aussehen!

    Wer bitte, leitet eigentlich diese Workshops, wenn es sie denn überhaupt gibt und..... wo finden selbige statt?

    Hat sich im Großraum Assuan eine Koriphäre für Handwerkskunst, oder vielleicht sogar eine Art Bastel Bhagwan niedergelassen, der seine begabten Jüngerinnen geduldig anleitet?

    Gibt es denn für die handwerklich geschickten Damen am Ende eines Workshops einen staatlich anerkannten Abschluß oder nur so ein ägyptisches Jodel Diplom?

    In welchem Arbeitgeber- / Arbeitnehmerverhältnis würden in so einem Fall eigentlich die genannten Parteien zueinander stehen?

    Müsste man sich in diesem Zusammenhang um die fleißigen Damen sorgen?

    Eine durchaus berechtigte Frage, finde ich!

    Erstaunlicherweise orientiert sich das ägyptische Arbeitsrecht zwar nach kontinentaleuropäischen Standards, jedoch..... ist die Dattelrepublik eher dafür bekannt, daß eine Vielzahl an prekären Arbeitsverhältnissen, verursacht durch eine hohe Umsetzungsbereitschaft gesetzlich vorhandener Befristungsmöglichkeiten der Arbeitgeber, vorherrschen.

    Vielleicht, sind aber all diese Geschichten am Ende gar ein Märchen aus 1001 Nacht und eine Art Übermutti, hat alles alleine gebastelt?

    In diesem Fall, wären aber die Erklärungen mit den benötigten Bastelzeiten für die jeweils kleinen Kunstwerke wiederum eine Unwahrheit.

    Selbst ein ägyptisches Kalenderjahr hat nicht annähernd so viele Wochen, um beispielsweise nur die "handgefertigten" Flusenteppiche zu weben, die in vielen Shops angeboten werden.

    Das wiederum, würde aber weitere unangenehme Fragen aufwerfen - ich höre jetzt am Besten damit auf.....!
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