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  • Day 86

    Afterthoughts

    September 5, 2020 in Germany ⋅ ☁️ 20 °C

    So wie letztes Jahr nach dem Aufstieg auf die Zugspitze ( Grüße an's Löckkli & Steinböckkli ), sollen auch diesmal einige Nachgedanken das kleine Abenteuer Schesaplana ergänzen.

    Und......, wie war's denn jetzt so?

    Ja wunderbar war's - wir haben fast alles richtig gemacht!

    Die Entscheidung, nach der 5stündigen Autofahrt in's Brandnertal, nur noch die rund 500 Höhenmeter von der Schattenlaganthütte über den Bösen Tritt zum Lünersee zu wandern, war genau richtig.

    Dort, direkt am See auf 1970 Meter, liegt die Douglass Hütte - eine mehr als überraschend gute Unterkunft.

    OK, die Zimmer sind schon basic, aber wir hatten ein Zweibettzimmer und keinen Schlafsaal.

    Zweifelsohne, ein unfassbarer Luxus für eine Berghütte und das noch mit einer 5 Sterne+ Aussicht auf den Stausee - traumhaft schön!

    Einen grandioseren Blick, daß behaupte ich jetzt einfach mal, hat man nicht einmal am Lago Maggiore.

    Sanitätsräume und überhaupt die Sauberkeit allgemein, konnten voll überzeugen - überhaupt kein Vergleich zu den beiden Hütten im Zugspitzgebiet in denen ich bereits zu Gast sein "musste".

    Da bekomme ich heute noch direkt Herpes - nur der Gedanke daran, reicht völlig!

    Ein weiterer Pluspunkt in der Douglass Hütte, ist auf jedenfall die gebuchte Halbpension.

    Auf das 3-Gänge Menü am Abend kann man sich wirklich freuen - genauso wie auf's kleine Frühstücks Buffet.

    Die Atmosphäre im Wirtsraum lädt zudem durch modernes Design ein - byebye versüfftes Hüttenambiente längst vergangener Tage.

    Und was hat's gekostet? Nun, die Übernachtung im Zweibettzimmer inkl. Halbpension schlägt mit 56 € pro Person zu Buche - das geht bei dieser Leistung und der exponierten Lage, vollkommen in Ordnung.

    Von der Douglass Hütte aus, lässt sich der Gipfel der Schesaplana bei gutem Wetter in rund fünf Stunden erreichen.

    Ob man die 1000 Höhenmeter dann am gleichen Tag auch wieder herunterstolpern will, bleibt jedem selbst überlassen!

    Alternativ dazu, bietet sich eine Übernachtung auf 2385 Meter an - Servus auf der Totalphütte!

    Durch den Abgang einer mächtigen Staublawine im Winter 2019, wurde selbige nahezu völlig zerstört und erstrahlt erst seit kurzem wieder in neuem Glanz.

    Natürlich zeigt sich jetzt das Interieur in zeitgemäßer, stylischer Optik - doch so ganz, hat mich die Atmosphäre auf knapp 2400 Metern nicht überzeugt.

    Irgendwie war es dort meiner Meinung nach immer viel zu laut, zu voll und durch die vielen Besucher, einfach auch zu eng - besonders beim Abendessen im großen Gastraum.

    Das atemberaubende Bergpanorama rund um die Totalphütte allerdings, sucht seinesgleichen.

    Das, genauso wie der technisch einfache Trail vom Lünersee aus, machen die Hochgebirgshütte zu einem der Top Ausflugsziele in Vorarlberg, vor allem auch für die Locals.

    Keine Ahnung, ob 1000 Gäste an einem sonnigen Sommertag reichen, aber allein beim heutigen Abstieg sind uns mindestens 200 Wanderer entgegen gekommen - und das zwischen 08.00 und 10.00 Uhr.

    Übrigens, der Preis für Übernachtung mit Halbpension ist identisch mit dem in der Douglass Hütte - jedoch, in einem Mehrbettzimmer!

    Zur Ausrüstung und Fitness gibt es diesmal nicht viel zu sagen.

    Das Equipment hat gepasst, die Knie haben durchgehalten - ich zufrieden.

    Na ja, etwas fitter geht ja immer, aber die mangelnde Erfahrung / Kondition eines Flachland Alpinisten, gleiche ich mit Willenskraft aus - bisher funktioniert das recht gut.

    Kommen wir nun zur next Generation!

    Jessi hat sich richtig gut gemacht bei ihrem ersten Gipfelsturm!

    Ganz so leicht..... wie waren nochmal ihre genauen Worte?

    Ach ja, "..... da kraxln wir halt hoch und gut isses"....., war es dann aber doch nicht!

    Jedoch, und das ist entscheidend, sie hat sich durchgebissen ( trotz zeitweiser Höhenangst ) und wollte auf den Gipfel - sehr gut gemacht!

    Körperlich und mental haben sie der Aufstieg und/oder Abstieg schon an ihre Grenzen geführt - jedoch, die Erschöpfung vergeht schnell, aber der Stolz über das Erreichte wird bleiben, genauso wie die Erinnerung an das gemeinsam erlebte Abenteuer.

    Gefühlt eine deutlich größere Herausforderung als der Gipfel, war für Jessi sicherlich die gestrige Nacht im Mehrbettzimmer.

    Fernab von Hüttenromantik aus Heimatfilmen der 50ziger Jahren, wird für's Kindi hoffentlich kein psychischer Schaden bleiben, den es zu therapieren gilt.

    Na ja, eine Übernachtung in einem Mehrbettzimmer einer Berghütte, ist halt kein 5***** Event, sondern feinster, subtiler Horror der lange anhält und das Leben verändert kann - definitiv eine prägende Erfahrung.

    Das sie damit nicht alleine dasteht, beweist ein Gespräch vor unserem Zimmer heute morgen im Freien.

    Allein für die völlig bescheuerte, sinnbefreite Frage des Bergführes an seine Gruppe..... "Und, hab's ihr alle gut geschlafen?“ würden in weniger zilivisierten Länder schon die Fäuste fliegen.

    Der dämliche, gut gelaunte Unterton um 07.00 Uhr, ist nach einer schlaflosen Nacht jedoch fast nicht kaum zu ertragen.

    Das dann aber ein gestandener Mann in den Vierzigern, einem schweren Nervenzusammenbruch nahe gesteht, er hätte mit Sicherheit die beschissenste Nacht seines Lebens hinter sich, spiegelt in fast schon tragischer Weise das gesamte Drama einer albtraumhaften Nacht.

    Mit "Keine Ahnung, woher ich jetzt die Energie nehmen soll auf diesen blöden Gipfel zu kommen"....., lässt sich so ein lustiger Bergführer kurz nach Sonnenaufgang, natürlich nicht aus der Ruhe bringen.

    "Die Kraft kommt im Berg"..... ist die passende Antwort, welche aber zu früher Morgenstunde niemand in der Gruppe zu einem Schmunzeln bewegt - schon gar nicht, besagten stark übermüdeten Herrn.

    Also Jessi, dir geht's wahrlich nicht allein so - wir alle erleben unsere Berghütten Dramen ( sofern wir diese besuchen ) und wir alle, sind danach nicht mehr dieselben!

    Nach einem Abenteuer, ist vor einem Abenteuer!
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