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  • Day 23

    Halong / Bai Tu Long

    April 1, 2017 in Vietnam ⋅ ☀️ 18 °C

    Am nächsten Morgen wurden wir ganz in der Frühe zu unserem Ausflug zu den beiden Buchten im Nordosten Vietnams abgeholt. Wir verbrachten die Zeit bis zum Mittag im Auto, nur unterbrochen von einer kurzen Pause in einer Art Raststätte, die ungemein scheußlich war. Sie war aufgebaut, wie eine gewaltige Souvenir-Manufaktur mit angeschlossenem Basar. Neben ein paar schönen Mitbringseln, wie den typischen Ein-Tassen-Kaffeefiltern oder den Essschälchen und Aufbewarungskisten, konnte man tausende kitschige Bilder mit Reisbauernnmotiven, hunderte Buddhaschlüsselanhänger und zahlreiche Plastikfächer erwerben. Der Garten des Gebäudes war mit großen Steinfiguren zugestellt, die man sich einfach per Schiff nach Hause liefern lassen konnte. Eine große Fotowand zeigte ein paar ausgewählte Neubesitzer neben ihren Statuen. So lernte man Claude aus Marseille kennen, der sich einen lebensgroßen Elefanten in seinen Garten gestellt hat.

    Als wir am Mittag in der Halong-Bucht ankamen, deren Name auf einen Drachen hinweist, der mit einem der Gründungsmythen Vietnams verbunden ist, war es schon Mittag. Unser Reiseveranstalter hatte allerdings etwas unglücklich geplant, so dass wir zwar bereits auf dem Boot waren, aber noch auf andere Mitreisende warten mussten, die aus anderen Richtungen kamen. Wir waren dann irgendwann die letzten im leergewordenen Hafenbecken und wurden dann noch von einem Problem mit dem Motor aufgehalten. Die Gruppe hatte sich inzwischen auf 14 Personen vergrößert, darunter eine Familie aus Stuttgart, deren Tochter im Sommer eingeschult wird. Sie haben also die Gelegenheit genutzt vorher nochmal für 3 Monate durch Indochina zu reisen.

    Wir starteten in die Bucht und bekamen direkt das Mittagessen serviert. Wie immer stellte man uns den ganzen Tisch zu und Silke und ich kauften einen Wein aus Da Lang, das das einzige Weinanbaugebiet Vietnams beherbergt. Die beiden größten Landwirtschaftsprodukte sind Reis und Kaffee, wobei hier hauptsächlich Robusta-Bohnen angebaut werden, die auf dem Weltmarkt nur eine Chance haben, weil sie deutlich günstiger sind als Arabica-Bohnen. Brasilien hat einmal, um ihre Kaffeeexporte stabil halten zu können gigantische Mengen an vietnamesischem Kaffee für den heimischen Markt eingekauft. Man kann sich also vorstellen, wie groß der Preisunterschied sein muss.

    Die Halong-Bucht ist seit 1994 als UNESCO-Weltnaturerbe gelistet und ist so berühmt, wegen ihrer im Wasser liegenden Felsformationen. Insgesamt 1969 Kalkfelsen aus dem Wasser, die zumeist dicht bewachsen sind. Auf einigen kann man sogar richtig dichten Dschungel sehen. In den felsen selbst befinden sich zahlreiche Höhlen, die von den gewaltigen Naturkräften über die letzten Jahrtausende in sie getrieben wurden. In einigen von ihnen wurden Flüchtlinge während des Vietamkriegs untergebracht. Sogar ein Krankenhaus mit mehreren Hundert Betten hat es hier gegeben.

    Einen guten Überblick erhält man von der Stelle, wo auch die meiste Schiffe liegen. Hier ist man von zahlreichen Felsen umgeben und kann verhältnismäßig weit gucken. Wir hatten allerdings etwas Pech mit dem Wetter und so sind leider nur verhältnismäßig wenige gute Fotos entstanden.

    Als wir auf dem Panoramadeck standen fiel uns plötzlich eine Frau in einem Ruderboot auf, das vollbeladen mit Snacks und getränken war. Offenbar ein lohendes Konzept so ein Kioskboot. Wir kauften, sehr zum missfallen der Crew unseres Schiffs noch eine Flasche des selben Weines wie zuvor, nur zur Hälfte des Preises für den nächsten Abend. Da wir aber so spät losgefahren waren und die 5 jährige Charlotte eine „Maus“ auf dem Schiff gesehen hatte und Vietnamesen ohnehin nicht dazu neigen Streit anzufangen, ließ man uns gewähren.

    Am selben Abend hatten wir, obwohl es schon dämmerte, noch die Gelegenheit, mit dem Kajak zwischen den Felsen umherzupaddeln. Das war wirklich beeindruckend. Grade die zunehmend dunkler werdende Umgebung verlieh der Bucht ein gespenstisches Ambiente.

    Nach dem Essen dann, behauptete ein mitreisender Brite, dass grade eine Ratte über eine der Gardinenstangen gelaufen sei. Ein paar Leute saßen nun mit hochgezogenen Beinen am Tisch. Auch in unserer Kabine hatte ich einen Schatten gesehen und wir haben Spuren der kleinen Nagetiere bemerkt, so dass wir peinlichst darauf geachtet haben, die Badezimmertür geschlossen zu halten. Das brachte uns übrigens einen kleinen Rabatt, von immerhin 16 Dollar, bei der Buchung unserer nächsten Tour ein und es klingt jetzt auch ein wenig schlimmer, als es war. Unser Schiff war nämlich eigentlich im guten Zustand, das Essen war etwas fettig, aber sehr reichhaltig und die Crew war sehr nett.

    Am nächsten Morgen dann, paddelten wir zu einer nahegelegenen Höhle, die wir durchquerten und die entstanden sein soll, als eine junge Frau, die zwangsverheiratet werden sollte, hierher floh. Ihr ebenfalls unglücklicher Geliebter soll zur Höhle gegenüber geworden sein. Als uns diese und eine andere Geschichte erzählt wurden, hatte ich das Gefühl, dass wir in Europa eine andere Geschichtenkultur haben. Selbst Germanische Sagen, bei denen etwa der Wolf Fenris die Sonne verschluckt, sind weniger abstrakt. Das kann aber natürlich auch nur an der Sprachbarriere liegen, wenn einem die Geschichte auf Englisch erzählt wird, geht natürlich vieles von dem, was eine Sprache ausmacht verloren.

    Zum Mittag waren wir wieder an Land, ein Teil der Gruppe verabschiedete sich und wir machten uns auf den Weg nach Bai Tu Long, einer weniger überlaufenen und beschaulicheren Version der Halong Bucht. Mit dabei war auch die Familie aus Stuttgart und zwei Niederländer, die als Expats in Singapur lebten und ein französisches Pärchen. Er hatte wohl vor ein paar Jahren einen Unfall und ist mit einem gebrochenen Halswirbel zunächst vom Krankenhaus abgewiesen worden und dann ein paar Tage mit der Verletzung herumgelaufen. Eine kleine OP-Narbe in seinem Nacken erinnerte daran. In der Bucht selbst trafen wir noch einen Österreicher, der die Gruppe komplettierte. Insgesamt war es ein wirklich netter Haufen.

    Wir fuhren mit dem Boot zu der Insel, auf der wir übernachten sollten und überquerten diese mit Fahrrädern. Wir trafen dort auf eine weniger sympathische Gruppe, einer von ihnen war ein deutscher Politikstudent, der ein Praktikum bei der UN in Thailand gemacht hatte und sich an die Expats ranwarf. Eigentlich eine spannende Sache, hätte er nicht ausgesehen, wie eine ausgedruckte Broschüre der Jungen Union. Ich habe, eingeschlossen eines NATO-Offiziers, diverser Manager und Ingeneure, auf keiner unserer Reisen einen Menschen getroffen, der bei 30 Grad mit einem Pullunder und einem Seitenscheitel rumgelaufen ist…

    Wir machten bei dem Kochkurs am Abend wieder Frühlingsrollen. Das konnten wir inzwischen richtig gut und für die beiden Kinder war das tatsächlich ganz nett auch mal helfen zu können. Nach dem Essen saßen wir noch eine Weile herum, tranken den Wein aus dem Bootskiosk und unterhielten uns. Der Österreicher, der zu uns gestoßen war, war grade auch in einem Sabbatjahr und erzählte uns von seinem Aufenthalt in Venezuela und Kolumbien und von Afrika.

    Am nächsten Tag dann fuhren wir wieder mit dem Boot in die Bucht hinaus, hatten endlich gutes Wetter und konnten mit dem Kajak durch eine Austernfarm fahren. Einige von uns sind auch schwimmen gegangen. Silke und ich fragten uns aber, wo die Abwässer der Muschelfarmer, die in einem kleinen Haus auf dem Wasser lebten hingeleitet wurden und verzichteten lieber...
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