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  • Day 63

    Monemvasia-das griechische Gibraltar

    October 21, 2020 in Greece ⋅ ⛅ 19 °C

    Die Nacht über hat es ordentlich gekachelt, und wir wurden ziemlich durchgerüttelt, dafür werden wir wieder mit strahlend blauem Himmel entschädigt. Ich frage mich in solchen Situationen immer wieder, wie das nur die Segler aushalten, die Boote schaukeln ja noch viel mehr, und obendrein bekommt man noch die chinesische Folter, das beständige Klimpern der Wanten, gratis dazu.
    Wir frühstücken und machen uns dann auf zur mächtigen Festungsanlage Monemvasia, die nur über einen Damm zu erreichen ist. Auch hier tost die Brandung, die Wellen klatschen gegen und über die Mauer. Wir finden auf halbem Weg an der zum alten Unterdorf führenden Straße einen Parkplatz und setzen den Weg von da zu Fuß fort. Bereits das ist ein Erlebnis, auf der einen Seite das rötliche, steil aufragende, schroffe und mit zahlreichen Höhlen versehene Felsmassiv, auf der anderen schlagen die Wellen gegen grauschwarz geriffelte, scharfkantige Felsbrocken. Über allem thront die mittelalterliche Festung, die immer besser ins Visier kommt, bis wir vor dem einzigen Eingang der mächtigen Festungsmauer stehen. („Moni emvasia“ = einziger Zugang, gab dem Ort den Namen). Bereits im 6. Jhdt war dies Zufluchtsort für die Menschen aus den Dörfern der Umgebung und wurde seitdem kontinuierlich ausgebaut. In byzantinischer Zeit errichtete man eine gigantische Burg auf der Kuppe des Massivs, und über Jahrhunderte galt die Festung als uneinnehmbar - innerhalb der Festungsanlage gab es sogar ein Kornfeld, das bei Belagerung für ausreichend Nahrung sorgte, so dass die Bevölkerung autark war. Erst 1249 nach dreijähriger Belagerung gelang die Eroberung schließlich doch, und danach wechselten sich Osmanen, Venezianer, Franken, der Papst und Piraten als Besatzer ab. Zeitweise lebten 12000 Menschen hier, und diese wechselvolle Geschichte spürt man, sobald man durch das massiv gesicherte Tor der Zitadelle das Unterdorf betritt. Enge, kleine Gassen mit extrem holprigem Kopfsteinpflaster, kleine Natursteinhäuser, die gestaffelt am Hang kleben, dazwischen immer wieder Kirchen und Kapellen (insgesamt 20!) - dass der Ort autofrei sein muss, wird uns schnell klar, verschachtelte Gassen, viele Treppengänge, kaum einen Meter breit, das Pflaster so holprig, dass man bei jedem Schritt aufpassen muss, wo man hintritt, Touristen müssen ihre Koffer tragen (lassen) oder mit speziellen Schubkarren transportieren. Für schwerere Lasten werden Maultiere oder Pferde eingesetzt - wir beobachten einen Mann, der mehrfach Bauschutt in auf dem Pferderücken hängenden Eimern durch die schmalen, oft weinberankten Gassen jongliert. Die Häuser wirken oft wie Puppenstuben, nett herausgeputzt und mit Blumenschmuck, natürlich überall Torbögen, viele Souvenirläden, Boutiquen, Galerien und gemütliche Tavernen, dazwischen immer wieder die Kuppeln der vielen kleinen Kirchen, aber auch Ferienwohnungen oder kleine Hotels. Je höher wir kommen, desto atemberaubender wird der Blick, zunächst nur über die roten Ziegeldächer, dann hat man zunehmend den gesamten Ort als Panorama vor dem blauen Meer und dem Gebirge im Hintergrund vor sich. Wir sind im absoluten (Foto-)Rausch und entdecken an jeder Ecke neue Motive. Wir müssen uns richtig bremsen, wohl wissend, was für eine Aufgabe in der Nachbearbeitung wieder auf uns zukommt.
    Schließlich gelangen wir in das Oberdorf, das früher die uneinnehmbare Festung war. Hier liegt noch alles in Ruinen, bis auf die restaurierte Kirche Hagia Sophia - ein Bau, der eine kleine Kopie der Hagia Sophia in Istanbul sein soll. Auch hier bieten sich einem immer wieder atemberaubende Ausblicke auf das Unterdorf, aber auch auf das Gebirge und Meer. Hier oben bekommen wir dann auch wieder den kräftigen Wind zu spüren, der uns auch weiterhin auf dem Rückweg durch das ganze Dorf begleitet, so dass wir beschließen, den kleinen Imbiss nicht hier, sondern im Hafen einzunehmen. Dorthin kehren wir mit dem Womo zurück und stehen direkt am Pier. Wir kehren in einer netten, kleinen Taverne ein, Saganaki für mich, ein süßes Baklavi mit Vanilleeis für Norbert. Da wir im Hafen dem Sturm die volle Breitseite bieten, fahren wir anschließend wieder zu unserem Stellplatz der letzten Nacht, doch auch da kachelt es kräftig. So füllt Norbert noch einmal kurz Frischwasser auf, bevor wir der Straße Richtung Süden folgen, auf der Suche nach einem nächtlichen Stellplatz, der uns eine schöne Aussicht, Ruhe und evtl. auch ein morgendliches Bad ermöglicht. Wir fahren einige idyllische, einsame Buchten an, teilweise mit grandioser Aussicht, doch stört entweder das allzu laute Rollen der Wellen, der Sturm, der direkt auf uns steht, oder die schiefe, nicht auszugleichende Lage. Doch letztendlich werden wir am endlos langen Abelakia Beach fündig, wo wir uns für die Nacht niederlassen - in der Hoffnung auf einen ruhigen Schlaf.
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