Camino del Norte

April - May 2019
A 34-day adventure by Jana Read more
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  • Day 11

    Tschipfu tschipfu

    April 15, 2019 in Spain ⋅ ⛅ 21 °C

    Was für eine Nacht! So gut habe ich auf dem ganzen Camino noch nicht geschlafen. Perfekt erholt und mit einem guten Frühstück gestärkt ging es heute erst einmal an den Bahnhof. Man hatte die Wahl entweder verbotenerweise über die Eisenbahnbrücke zu gehen (was nicht ganz ungefährlich ist), 8km Umweg zu machen oder für 2 Minuten in den Zug zu steigen. Nach langen Diskussionen teilten wir uns auf und ich ging mit Val und Ronny auf den Zug. Da diese Variante selbst im Pilgerführer so empfohlen wird, hielt sich mein schlechtes Gewissen in Grenzen.
    Die Strecke war heute relativ unspektakulär. Landschaftlich erinnerte mich die Umgebung an das Schweizer Mittelland mit vielen grünen Hügeln und den verschneiten Bergen im Hintergrund. Am Morgen war ich mit Aria aus Deutschland unterwegs, die gestern in Santander eingestiegen ist und jetzt ein paar Tage auf dem Camino läuft. Es war schön, mit jemandem durch die ganzen Dörfer zu ziehen.
    Am Mittag trafen wir den Rest der Gruppe und haben mit denen was getrunken. Das Bier warf mich ein bisschen aus der Bahn und so ging es lustig und angeheitert in das nächste Städtchen Santillana del Mar. (An dieser Stelle wurde ich erinnert zu erwähnen, dass Ronny mich heldenhaft auf dem Rücken getragen hat. Ich war anscheinend so betrunken, dass ich davon nichts mehr mitgekriegt habe...)

    Nach dem Essen bin ich wieder ein Stück alleine gelaufen. Regen setzte ein. Plötzlich taucht man in die Tiefen seiner Gedankenwelt ab. So langsam fühlt es sich an, als ob es einen Umbruch gäbe. Die Gedanken drehen sich nicht mehr nur um: wo bin ich? Wo gehe ich heute hin? Wie viele Kilometer mache ich heute? Wieviel habe ich schon? Wann mache ich die nächste Pause? Wann gibt es wieder was zu essen? Die Gedanken drehen sich nicht mehr (nur) um das Laufen an sich, sondern man schweift immer mehr ab. Auf einmal macht man sich Gedanken, die im Alltag gar keinen Platz finden und man stellt sich Fragen, die normalerweise schnell wieder verdrängt werden. Auch wenn gesagt wird, man soll sich im Leben auf das Hier und Jetzt konzentrieren, überdenke ich momentan viel aus meiner Vergangenheit. Und das tut gut.
    Aber genug davon. Nach 30km angekommen in der Herberge ab unter die Dusche und ins Restaurant, wo heute wieder eine grössere Gruppe Leute zusammengekommen sind.
    Jetzt ab ins Bett, morgen haben wir einen langen Tag vor uns.
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  • Day 12

    Die Berge rufen...

    April 16, 2019 in Spain ⋅ ⛅ 14 °C

    Heute Morgen ging es im schönsten Sonnenschein los. Endlich wieder Meer in Sicht. Da läuft es sich einfach fast wie von allein. Im hübschen Städtchen Castillas gab es eine Kaffeepause. Man lief über grüne Hügel, hatte auf seiner Rechten die Küste und das Meer im Blick und auf seiner Linken hohe, schneebedeckte Berge. Was für ein Anblick! Wunderschön, auch wenn ich eigentlich nicht mit einem solchen Gebirge gerechnet habe. Darauf laufen wir jetzt seit ein paar Tagen schon zu und ich bin gespannt wie wir dieses umgehen werden (oder vielleicht sogar überqueren)?

    Irgendwann habe ich Ronny eingeholt und innerhalb kürzester Zeit kamen Val und Stefan hinterher. Wir sind noch zusammen am Strand entlang geschlendert und haben schliesslich in San Vincente del Barquera Mittag gegessen. Dabei kam ein spannendes Gesprächsthema auf. Stefan erklärte uns die Formel für Glück: Wo ich bin, will ich sein. Wenn du nicht da bist, wo du sein willst, dann ändere was. Wenn du nichts ändern willst, dann jammere nicht.

    Im Moment will ich gar nichts ändern. Alles ist perfekt! Ich glaube, es gibt sehr wenige Momente im Leben, wo man so etwas behaupten kann. Genau deshalb schätze ich die Momente hier auf dem Camino so sehr! Am Nachmittag sind wir alle wieder alleine gelaufen, wenn auch in Sichtdistanz. Auch heute hatte ich wieder viel Zeit zum Nachdenken. Was macht mich glücklich? Wieso bin ich hier so dermassen zufrieden? Und was macht den Unterschied zwischen hier und zu Hause?
    Auf eine eindeutige Antwort bin ich noch nicht gekommen, aber ich habe ja auch noch ein paar Wochen Zeit daran herumzustudieren...
    Nach 36.4 km sind wir dann endlich in der Herberge angekommen. Diese Herberge hat uns fast aus den Socken geworfen. Ich teile mir mit Ronny ein Doppelzimmer. Wie im 5 Sterne Hotel... und das ganze auf Spenden Basis... das kam mir vor wie eine Fata Morgana!
    Nach einer sehr ausgiebigen Dusche gingen wir noch 2 Flaschen Wein einkaufen und suchten uns ein Restaurant. Auch dort gab es ein grosses Bier. Da die eingekauften Flaschen Wein "leider" trotzdem noch geleert werden mussten (zu schwer um am nächsten Tag mitzuschleppen), nahmen wir diese mit auf unser Zimmer und tranken diese dort in unserer gemütlichen Runde. Die perfekte Runde! Stefan, Val, Ronny und Ich. Meine Camino Family. Die beste Camino Family, die man sich nur wünschen kann. Was wir hier alles lachen und erleben, das kann gar nicht in Worte gefasst werden. Man kennt die Leute eine gute Woche, aber es fühlt sich an wie Jahre. Unglaublich!

    In diesem Sinne allen eine gute Nacht.
    Wir freuen uns schon auf unseren kurzen Tag morgen: 25 km und hoffentlich wieder mal Zeit, alle Kleider zu waschen :-)
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  • Day 13

    Jeder Tag ist einzigartig

    April 17, 2019 in Spain ⋅ ☁️ 17 °C

    Jeder Tag ist einzigartig. An jedemTag sieht die Strecke auf dem Camino komplett anders aus. Jeden Tag nimmt man ganz neue Eindrücke wahr. Jeden Tag fühlt man sich anders. Man gewöhnt sich vielleicht an das Laufen, an die Laufen-Essen-Schlafen Routine. Aber so etwas wie einen geregelten Tagesablauf gibt es nicht. Man lässt einfach alles auf sich zukommen. Man ist offen für alles, was der Tag einem bringen mag. Auch wenn man sich am Morgen vielleicht auf etwas einstellt, kann ein einziger Tag so viel bringen, so viele Eindrücke und Gefühle, dass man schlussendlich am Abend im Bett liegt und einen komplett anderen Tag erlebt hat, als man es sich je hätte erträumen können.

    Heute war mit 25 km ein relativ kurzer Tag geplant. Der Weg verlief fast den ganzen Tag der Küste entlang. Diese war heute besonders schön. Ich war grösstenteils mit Valerie unterwegs. An der Küste fanden wir Spalten im Boden, die durch das Meerwasser aus dem Kalkstein erodiert wurden. Bei Flut und starkem Wellengang spritzt dort das Wasser teilweise bis 20 Meter in die Höhe. Heute hatten wir leider kein Glück. Obwohl aus den Löchern unheimliche Geräusche drangen und man sich nicht all zu nah heran traute, blieb das Wasser ruhig. Seinen Reiz hatten sie trotzdem.

    Eingestellt auf diesen kurzen Tag begann sich die Strecke zu ziehen, sobald wir von der Küste wegkam. Die Sonne brannte. Meine Füsse brannten. Ich hatte unglaublichen Durst und meine 2 Liter waren leider bereits leer getrunken. Ich konnte das Ziel kaum erwarten. Umso schlimmer als wir dann bemerkten, dass wir einen sehr unnötigen Umweg eingeschlagen haben.
    Nach 27.6 km erreichten wir um 15 Uhr endlich unsere Herberge. So früh haben wir unser Ziel noch nie erreicht. Aber so kaputt habe ich mein Ziel auch selten erreicht. Nach einer herrlichen Dusche kamen auch schon Ronny, Stefan und Elena an. Ich ging mit Val ins Städtchen und wir genosseen es sehr, endlich mal genügend Zeit zu haben, um noch was vom Tag zu haben. Wir haben die Stadt besichtigt, sind noch ans Meer runter geschlendert, haben uns durch die Köstlichkeiten der Stadt probiert und liessen es uns einfach gut gehen. Daran könnte ich mich gewöhnen!
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  • Day 14

    Mit Händen und Füssen

    April 18, 2019 in Spain ⋅ ☁️ 14 °C

    Der Tag startete heute sehr früh. 6 Uhr aufstehen, packen, Müsliriegel rein und um 6.30 Uhr Abmarsch. Zusammen mit Val lief ich durch die noch dunkle Stadt Llanes. Der Mond schien hell und war riesig am Horizont sichtbar. Wunderschön. Bald kamen wir wieder an die Küste, welche auch heute wieder einfach nur schön war. Der Himmel war heute bedeckt, was zur Abwechslung auch mal ganz angenehm war. Da wir so früh starteten waren leider noch alle Cafés geschlossen und wir mussten weiter und weiter laufen. Meine Motivation begann langsam zu sinken. Plötzlich traf ich auf einen älteren spanischen Pilger: Juan. Der konnte mir meinen Wunsch wohl von den Augen ablesen. Auch wenn ich nicht jedes Wort verstanden habe, habe ich doch erstaunlich viel das Wort "café" aus seinen Sätzen herausgehört. Ich habe meinen ganzen spanischen Wortschatz ausgepackt und "Si! Si! Si!" gerufen! Wir sind dann zusammen an eine Autobahnraststätte mit einem erstaunlich hübschen Café gegangen und haben dort endlich unseren Kaffee erhalten. Da dies abseits des Caminos war, mussten wir danach wieder den richtigen Weg suchen. Dies gestaltete sich schwieriger als angenommen. Der Weg, den wir nahmen, verlief einfach ins Nichts. Plötzlich standen wir inmitten einer Kuhherde. Um die Wiese herum gab es nur noch dichtes Gestrüpp, wo wir nicht durchkamen. Wir haben uns dann schliesslich gegenseitig geholfen, über eine Friedhofsmauer zu klettern und landeten dann endlich wieder auf einer Strasse. Juan liess sich von alldem nicht beeindrucken. Er redete weiter munter auf mich ein in Spanisch. Ich habe erstaunlich viel verstanden. Mehr als "Si" konnte ich aber leider nicht antworten. Aber wir haben uns irgendwie trotzdem gut unterhalten. Mit Händen und Füssen. Sicher eine Stunde sind wir so nebeneinander hergegangen. Juans Lebensfreude hat mich begeistert. Bei einer schönen Blume wurde angehalten. Jeder Autofahrer wurde gegrüsst. Und mit jedem Fussgänger ein kleines Schwätzchen gehalten.

    Diese Freude an den kleinen Dingen wirkt ansteckend. Ich will mir auch wieder mehr Zeit für solche Dinge nehmen. Der heutige Lifestyle, wo immer alles schneller, höher, weiter sein muss, findet man auch auf dem Camino. Immer noch einen Kilometer mehr, noch ein Dorf weiter, noch eine Stunde länger wandern. Hauptsache möglichst schnell am Ziel. Auch ich bemerke dieses Denken bei mir selber, aber ich hoffe, das ein bisschen abstellen zu können. Ich kann mir ja schliesslich alle Zeit der Welt lassen und Natur und Leute in vollen Zügen geniessen. Ich werde noch bis Gijon mit meiner Gruppe mitziehen (falls es meine Blasen erlauben). Dann fliegt Ronny wieder nach Hause und ab dann werde wohl auch ich mich ein bisschen von der Gruppe absetzen. Nicht dass ich das will, im Gegenteil, es bricht mir das Herz, meine Gruppe ziehen zu lassen, aber ich bemerke, wie es immer mehr zum Camino unserer Gruppe wird und nicht mehr wirklich mein Camino ist. Heute Nachmittag bin ich mit Elena gewandert und sie hat mir genau das gleiche erzählt. Auch sie will ab Gijon einen Gang runter schalten. Dann werde ich immerhin sie vermutlich ab und zu noch treffen. Val und Stefan machen mir auf Dauer zu weite Distanzen, die beiden werde ich wohl oder übel wohl ziehen lassen müssen. Aber so ist das wohl auf dem Camino wie auch im echten Leben. Leute kommen und gehen. Die wirklich wichtigen jedoch werden bleiben, egal ob sie jetzt gerade mit dir wandern oder nicht.
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  • Day 15

    Wie man 38 km läuft...

    April 19, 2019 in Spain ⋅ ☁️ 15 °C

    Eigentlich habe ich ja gerade erst gestern entschieden, von nun an kürzere Etappen zu machen. Heute hat mich Ronny aber nochmals dazu überredet, 38 km zu gehen. Es soll in der nächsten Herberge eine Gitarre haben. Der Typ weiss genau, wie er mich kriegt.

    Der Weg war sehr schön. Endlich mal wieder mehr Feldwege und weniger Asphalt. Heute war ich fast den ganzen Tag mit Ronny unterwegs. Val und Stefan waren eigentlich auch immer in der Nähe. Es war schön noch einmal so richtig mit der Gruppe zu laufen. Auch die Pausen haben wir alle zusammen gemacht. Ich habe den Tag heute richtig genossen.

    Bis Kilometer 30 geht meistens eigentlich alles gut. Ab 30 Kilometern wird der Körper langsam müde. Ab 32 Kilometern schmerzen dann die Füsse schon ziemlich heftig. Ab 34 Kilometern läuft man dann bereits mehr mit den Wanderstöcken als mit den Füssen. Ab Kilometer 36 betet man bei jedem Schritt einfach nur noch darum, endlich anzukommen. Wenn man dann nach 38 Kilometern sein Ziel endlich erreicht, liegt man einfach nur noch auf den Boden und bewegt sich nicht mehr vom Fleck. Ronny würde jetzt sagen, ich soll mich nicht so anstellen. Da wir aber heute herausgefunden haben, dass er selbst eigentlich gar nicht an Beinschmerzen sondern einfach nur an der Männerkrankheit leidet, darf auch ich hier mal kurz ein bisschen jammern.

    Die Herberge heute war der Hammer. So eine freundliche, liebe und lustige Hospitalera hatten wir selten. Am Abend wurde Gitarre gespielt und gesungen. Sogar die Besitzer haben mitgemacht. Solche Momente machen den Camino magisch.

    Morgen geht es nach Gijon, der nächsten Grossstadt. Dort werde ich wohl Abschied nehmen müssen von der Gruppe. Ronny fliegt zurück nach Dresden, Val und Stefan laufen weiter und ich werde in Gijon einen Pausentag einlegen. Das heisst, der morgige Tag muss nochmals in vollsten Zügen genossen werden. Ich freu mich schon!
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  • Day 16

    Der Härtetest

    April 20, 2019 in Spain ⋅ ☀️ 18 °C

    Gestern wurde ich nochmals richtig auf die Probe gestellt. Die Etappe ging von Villaviciosa nach Gijon. 30 km weit, eigentlich nicht weiter schlimm. Dazwischen lagen noch ein 400 und 300 Meter hoher Hügel. Nicht wenig, aber sollte eigentlich zu bewältigen sein. So weit so gut.
    Am Morgen gingen wir um 8:30 los, was reativ spät war. Val und Stefan setzten sich bald ab und Ronny lief irgendwo hinter mir. Den Hügel ging man ziemlich direkt entlang der Falllinie nach hoch, was anstrengend aber machbar war. Oben angekommen machte ich eine kurze Pause und Ronny holte mich ein und wir liefen zusammen weiter. Danach ging es den Hügel wieder runter. Wir waren da vielleicht bei Kilometer 10 oder so, aber meine Füsse schmerzten bereits ziemlich. Ausserdem zwickte ab und zu mein Knie. Nicht schlimm, aber mit meiner Vorgeschichte kriege ich bereits bei den kleinsten Anzeichen ein komisches Gefühl. Wir waren bereits ziemlich am Ende und schleppten uns in das einzige Restaurant weit und breit und assen und tranken dort etwas. Conny und Micha aus Deutschland kamen dazu, welche wir am Vorabend im der Herberge kennengelernt haben.

    Nach dem Essen ging es den nächsten Hügel hoch. Auch hier war der Aufstieg eigentlich schnell geschafft, aber der Abstieg war die reinste Qual. Und es zog und zog sich. Unendlich. Um ca. 17 Uhr haben wir es endlich an den Stadtrand von Gijon geschafft. Der kurze Check auf dem Navi liess das letzte Fünkchen Motivation ersticken: noch weitere 8 km bzw. 2h sind zu gehen bis zu unserem Hotel. Wir konnte nicht mehr. Wir redeten nicht mehr viel. Die ganze übrig gebliebene Kraft brauchten wir, um uns zu konzentrieren. Einen Schritt nach dem anderen. Die Füsse schmerzten höllisch. Zu mehr als Gänseschritten waren wir nicht mehr in der Lage. Zum Teil schloss ich beim Gehen meine Augen. Es war kaum mehr erträglich. Alle 100 Meter schauten wir aufs Navi, wie weit es noch ist und jede 100 Meter fühlten sich an wie 10 km. Irgendwann sahen wir dann endlich unser Hotel. Wie eine Fata Morgana. Um 19:30 Uhr kamen wir an. Schlussendlich waren es 35 km. Stefan und Val empfingen uns. Wir teilten uns zu viert ein Zweierzimmer. Wir wollten erzählen von unserem schlimmen Tag, aber nicht mal mehr zum Reden war ich gross in der Lage. Was für ein Tag. Als ob der Weg gewusst hatte, dass ich in Gijon eine Pause machen wollte, und mich noch einmal auf die Probe stellen wollte. Als ob ich mir den Tag Pause noch richtig verdienen musste.

    Nach einer herrlichen Dusche gingen wir neben dem Hotel noch was essen. Elena kam extra aus der Innenstadt mit dem Bus zu uns dazu. Danach gingen wir zurück ins Hotel und machten es uns zu fünft im Zimmer gemütlich. Unser letzter Abend mit der kompletten Gruppe. So schön. Irgendwann nahm Elena ein Taxi zurück zu ihrer Pension und wir fielen einfach nur noch tot ins Bett. Was für ein Tag!
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  • Day 18

    Vivir la Vida

    April 22, 2019 in Spain ⋅ ☀️ 17 °C

    Jeder Tag hier auf dem Camino ist einzigartig und endet immer komplett anders als man eigentlich erwartet hat. Der gestrige Tag ist das perfekte Beispiel dafür. Was da alles passiert ist, glaubt mir keiner!

    Alles begann mit einem ausgiebigem Frühstück zusammen mit Elena in Gijon. Da für den gestrigen Tag nur 25 km bis nach Aviles geplant waren, konnten wir uns schön Zeit lassen. Die Strecke gestern bestand eigentlich einfach daraus, aus der einen Stadt raus- und in die nächste Stadt reinzulaufen. Wahrscheinlich wollte mein Unterbewusstsein diese asphaltreiche Strecke möglichst schnell hinter sich bringen, denn bereits um 14 Uhr waren wir da. Körperlich ging es mir nach dem gestrigen Pausentag wieder sehr gut. Mental weniger, ich vermisse die Gruppe. Es fühlt sich an wie ein anderer Weg. Wir planten also um und wollten noch 6 km weiter ins nächste Dorf gehen, aber vorher gabs noch ein Eis.

    Als wir dann aber die Innenstadt von Aviles betraten, sahen wir plötzlich tausende Menschen auf den Strassen. Durch die Mitte der Strasse verlief eine schier unendliche Reihe von Tischen und überall sassen die Spanier und assen dort ihr mitgebrachtes Essen, tranken und tanzten. So feiert man in Aviles also den Ostermontag. Die Stimmung war ausgelassen und ansteckend. Wir folgten den Tischen und wurden plötzlich von einer Frau angesprochen. Wir sollten mitkommen. Es gäbe Essen. Was in der Schweiz höflich abgelehnt würde, liessen wir hier einfach mit uns geschehen. Den Spaniern vertraut man einfach. Wir folgten der Frau durch die Gassen der Stadt, überall war alles voll mit Tischen und Leuten. Unterwegs wurden wir noch von anderen Spaniern angehalten, um mit ihnen kurz einen Sidra zu trinken. Wir folgten der Frau weiter, bis sie in ein Haus abbog und dort die Treppe hochstieg. Oben angekommen befand sich ein Raum voll mit Menschen und eine riesige Pfanne Paella. Uns wurde ein gehäufter Teller in die Hand gedrückt und ein Glas Wein und so setzten wir uns zu den anderen dazu. Ich, die Meeresfrüchte so verabscheue, habe freiwillig Crevetten gegessen und ich mochte sie sogar. Unterhalten haben wir uns wie immer einfach mit Händen und Füssen. Sogar ein Dessert und Kaffee wurden uns aufgetischt. Unglaublich diese Gastfreundschaft! Die wollten uns gar nicht mehr gehen lassen.

    Auf der Strasse ging die Party weiter. Als wir weiterziehen wollten (wir hatten schliesslich noch 6km zu bewältigen), und uns mit unseren Rucksäcken durch die Menschenmenge kämpften, wurden wir von einer Frauengruppe angehalten und auf ein Bier eingeladen. Und noch eins. Und noch eins. Irgendwann entschieden wir, nicht mehr weiterzugehen, sondern in der Stadt zu bleiben und das Fest zu geniessen. Um 19 Uhr haben wir uns dann endlich noch ein Zimmer in einem Hotel gesucht. Kurz die Rucksäcke abgeladen und gleich wieder zurück ins Getümmel. Hier war die Party bereits voll im Gange. Wir tanzten mit Jung und Alt. Das Alter spielt hier keine Rolle, tanzen tun alle. Irgendwann fängt es an zu regnen. Immer mehr. Und wir tanzen weiter. Das Gefühl von Freiheit war noch nie so stark wie genau in diesem Moment. Wir tanzten im Regen und vergassen die ganze Welt um uns herum.
    Wann wir ins Bett kamen weiss ich gar nicht mehr, muss so um 2, 3, 4 Uhr gewesen sein. Was für eine Nacht. Unglaublich!
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  • Day 19

    Wer saufen kann, kann laufen...

    April 23, 2019 in Spain ⋅ ☁️ 12 °C

    Der Titel sagt ja eigentlich schon alles. Und wer den Bericht über den gestrigen Tag gelesen hat, kann sich ja ungefähr vorstellen, wie es uns heute Morgen gegangen ist. Besch...eiden. Aber daran sind wir ja selbst schuld!

    Um 9:30 Uhr (so spät wie noch nie) schlurften Elena und ich los. 25 km bis nach El Pito lagen vor uns. In unserem Zustand gar nicht so einfach. Nach 6 km brauchten wir bereits eine Pause, wir waren völlig zerstört. Bis 12 Uhr blieben wir sitzen. Wir wurden sogar noch von einer älteren Dame auf einen Kaffee eingeladen. Dann rafften wir uns wieder auf und liefen weiter. Von Stunde zu Stunde ging es besser und am Nachmittag war dann eigentlich auch wieder alles gut. Körperlich. Seelisch war ich heute am Boden. Ich vermisse meine Gruppe unglaublich fest. Ich fühle mich alleine, obwohl ich mit Elena unterwegs bin. Aber Ronny, Val und Stefan fehlen. Ich habe mir sogar schon überlegt, ob ich meinen Plan mit den kürzeren Etappen über Bord schmeissen soll und versuchen soll, Val und Stefan wieder einzuholen. Ein Blick auf die Karte jedoch zeigt mir, dass dies ein Ding der Unmöglichkeit ist. Mir war bewusst, dass es weh tun wird, diese tollen Leute gehen zu lassen. Mir war aber nicht bewusst, mit was für einer Wucht der Schlag kommt. Dieser Weg fordert wirklich alles von einem. Wenn die körperlichen Aspekte irgendwann in den Hintergrund treten, sind es die seelischen, die einen auf den Boden zwingen. Ich hoffe, ich finde meine Motivation bald wieder...
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  • Day 20

    Petrus, was treibst du da?

    April 24, 2019 in Spain ⋅ ⛅ 10 °C

    Petrus, Petrus...
    Dass das Küstenwetter sehr abwechslungsreich sein kann und auch ab und zu mal ein Regen auftreten kann, war mir bewusst. Bis jetzt war das Wetter auch immer abwechslungsreich und selten mehr als zwei Tage lang gleich, weder Sonne noch Regen.

    Was gestern und heute aber hier abging, bleibt hoffentlich nicht lange so. Gestern wurde ich am Nachmittag plötzlich von einem so heftigen Platzregen überrascht, dass ich klatschnass war, bevor überhaupt die Regenausrüstung montiert war. Kurz darauf folgte der Hagel und wenige Minuten später fing es an zu donnern. Der Donner kam in einer derartigen Lautstärke, dass ich mich nicht mehr getraute meine Stöcke auf den Boden zu stellen. Metall leitet... Während dieser Zeit befand ich mich auf einer Brücke über einen Fluss und danach im Wald, ziemlich abgeschieden und ohne jegliche Möglichkeit irgendwo unterzustehen. Als ich eine Stunde später in der Herberge ankam, tropfte ich wie ein begossener Pudel.

    Heute begann der Tag kurzzeitig trocken. Mit Betonung auf kurzzeitig. Der Regen setzte bald wieder ein, wenn auch deutlich schwächer wie gestern. Kurz darauf hörte er wieder auf. Kurz darauf setzte er wieder ein. Kurz darauf hörte er wieder auf. So ging das etwa im 5 Minuten Takt. Was eigentlich gar kein Problem gewesen wäre. Eigentlich. Denn heute hatten wir einiges an Höhenmetern zu bewältigen. Trägt man da eine Regenjacke ist man sehr schnell von innen nässer wie von aussen. Also wurde die Jacke nach jedem Regenstopp wieder ausgezogen. Das heisst, auch diese musste alle 5 Minuten im Takt des Regens an- und wieder ausgezogen werden. Gegen Nachmittag kamen dann noch Sturm und Sonne dazu. Also ich weiss nicht, was im Moment los ist mit Petrus, aber er scheint mir etwas launisch zu sein.

    Ansonsten lief es heute endlich wieder super gut. Der Weg führte hauptsächlich über Waldwege. Da laufen sich die 34 km einfach wie auf Wolken verglichen mit Asphaltstrassen.
    Heute konnte man auswählen, ob man 18 km über einen Berg oder 20 km entlang der Küste gehen will. Elena nahm den Berg, ich das Meer. Wir trennten uns also für die nächsten 20 km und verabredeten uns für den Abend im nächsten Dorf. Ich genoss die Einsamkeir heute und hatte viel Zeit zum Nachdenken. Leider haben wir uns am Abend aber verpasst und Elena ging noch ein Dorf weiter. Ich habe neue Leute kennengelernt und bin mit denen Nachtessen gegangen. Unter anderem war da Ernst aus der Schweiz dabei, der mittlerweile bereits der 6. Schweizer ist, den ich auf dem Weg getroffen habe. Keine Ahnung wieso so viele Schweizer hier sind. Ernst ist auf jeden Fall "ganz en glatte Cheib", aber da er weniger Kilometer am Tag macht, werden wir uns wahrscheinlich nicht mehr sehen. War trotzdem ein schöner Abend!
    Morgen wird wohl ein langer Tag, denn ich will versuchen Elena einzuholen. Minimum 35 km, vielleicht auch mehr, aber ich freue mich sehr!
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  • Day 21

    Ballast abwerfen

    April 25, 2019 in Spain ⋅ ⛅ 13 °C

    So einen Camino zu laufen ist körperlich schon sehr anstrengend, mental hingegen etwas vom Entspannendsten, was es gibt. Man hat so viel Zeit, über alles nachzudenken und einiges abzuschliessen, einfach Ballast abzuwerfen. Mein Hirn hat dies irgendwie aber falsch verstanden und wirft momentan nicht mentalen, sondern materiellen Ballast ab. Was ich schon alles auf dem Weg verloren habe, man glaubt es kaum:
    - Kulturbeutel
    - Kugelschreiber
    - Ladegerät
    - Mütze
    und beinahe meine Stöcke. Die habe ich aber zum Glück bald schon vermisst beim Gehen und konnte nochmals umkehren.
    Keine Ahnung was los ist, mein Kopf scheint sich dermassen zu entspannen, dass alles drum herum vergessen wird, so auch diese Gegenstände.

    Ansonsten lief der heutige Tag sehr gut. Die ersten 15km bis Luarca zogen sich zwar ziemlich, aber nach einer langen Pause in der Hafenstadt kam ich sehr gut voran und spürte die schlussendlich 35km kaum in den Beinen. Dies hat sicher auch viel damit zu tun, dass man wieder mehr auf Waldwegen statt Asphaltstrassen läuft.

    Petrus allerdings habe ich mit meinem gestrigen Blogeintrag wohl ziemlich aufgebracht. Heute hat es stark gestürmt mit Böen, die mich teilweise fast umgeschmissen haben. Der Himmel war ziemlich dunkel, es herrschte Weltuntergangsstimmung. Der Regen setzte zum Glück erst 5 Minuten nachdem ich in der Herberge angekommen bin ein. Glück gehabt. In der Herberge in Navia lerne ich heute bereits den 7. Schweizer kennen. Ausserdem habe ich endlich Elena wieder eingeholt und der Italiener Fabio, ist auch hier. Eigentlich habe ich gedacht, der sei bereits über alle Berge. Schön, ein paar (wenige) bekannte Gesichter wiederzusehen. 😊
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