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  • Day 324

    Manitoba

    July 16, 2019 in Canada ⋅ ⛅ 24 °C

    In nur vier Tagen sind wir von links nach rechts durch Manitoba bis nach Winnipeg gejuckelt. Entspannt und schnurstracks ließ es sich hier durchbrausen. Die Landschaft erinnert an die Saskatchewans, nur in grün. Flach, struppig, sumpfig und weit. Wir haben viel an und in Seen rum gelümmelt, haben Patrick Swayze mit Wasserakrobatik alt aussehen lassen, haben die Uhr eine Stunde zurück gestellt, waren mehr spazieren als wandern, haben dem Raps beim Wachsen zugesehen, Tim hat seine erste Naturdusche genossen und wir haben ein nächtliches Mückenklatschritual initiiert. 

    Die Menschen aus Manitoba scheinen auch mit Vorliebe in ihrer Region Urlaub zu machen. Warum auch nicht. Der See liegt ja quasi direkt vor der Haustür und die Sonne lässt sich hier auch gern blicken.

    Erst hier in Winnipeg, der Hauptstadt der Provinz, haben wir einen gezwungenermaßen längeren Stopp einlegen müssen, um auf ein Ersatzteil für Tims Kocher zu warten. 

    Die Tage haben wir primär mit Schlendern und Schwitzen verbracht. Mit Frisbee spielen und einem Abstecher in das einzige Human Rights Museum weltweit. Wo wir auch nach 3 Stunden nur die Hälfte der gesamten Ausstellung aufsaugen konnten. Das Gebäude an sich war schon ein ausgeklügeltes Labyrinth moderner Architektur, mit meterlangen Mamorgängen, die von Etage zu Etage geführt haben. 

    Und auch inhaltlich hat das Museum viel Futter für den Kopf gegeben. Und ungeschönt einen Blick auf Kanadas Geschichte geworfen, die von religiöser bis rassistischer Verfolgung auch einige dunkle Kapitel gefüllt hat. Besonders der Umgang mit seinen eigenen indigenen Völkern ist in Kanada eine immer noch sehr erschreckende Geschichte. Vor allem hier in Manitoba, wo man vermehrt auf Menschen mit indigenem Hintergrund trifft, fällt auf, dass diese uns vorrangig mit ungewohnter Zurückhaltung begegnen. Diese Skepsis ist, in Anbetracht der Geschichte, die die Ureinwohner mit "dem weißen Mann" hatten, gesund und begründet. Mit der Kolonisierung durch die Europäer wurden die Völker ihrer Länder beraubt, Familien getrennt, Frauen vergewaltigt. Es wurden Decken und Taschentücher an indigene Stämme verteilt, die mit Pocken infiziert waren, um sich "des Problems zu entledigen". Selbst in den 60er Jahren, als Kanada mit erhobenem Zeigefinger gegen die Apartheid in Südafrika polterte, wurden im "Sixties Scoop" etwa 20.000 Kinder unter fadenscheinigen oder gar keinen Gründen von ihren Familien getrennt und in kanadische Adoptivfamilien gesteckt, um sie in "sozialen mittelständischen Strukturen" aufwachsen zu lassen. Viele der Kinder haben ihre Eltern nicht wieder gefunden. Auch in den Schulen wurde darauf geachtet, dass die Kinder ihre Sprache und Riten nicht ausüben. Diese Praxis wurde bis in die 80er betrieben. 

    Und auch heute noch fühlt es sich nicht nach kultureller und gesellschaftlicher Gleichberechtigung an, wenn eine Gruppe Indigener in Trachten für eine Schar weißer Menschen, darunter die Premiers aller Provinzen tanzt, um sie zu unterhalten.
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