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  • Day 347

    Ottawa

    August 8, 2019 in Canada ⋅ ⛅ 25 °C

    Kanadas Hauptstadt Ottawa ist kleiner als Toronto und wirkt auch um einiges gesetzter. Besonders, wenn man gerade aus dem bunten Toronto gepurzelt ist, kommt einem Ottawa etwas fad vor. Die alten, mit Tradition gefütterten Parlamentsgebäude bilden das historisch opulente Zentrum und wirken mit ihren kollosal hohen und üppig bestuckten Mauern sehr imposant. Trotz dessen es gerade restauriert wird und zum größten Teil hinter einem Gerüst verschwindet. Das Parlament ist provisorisch (und provisorisch heißt für die nächsten 10 Jahre) in einem ehemaligen Bahnhofsgebäude untergebracht. Das Nötigste wurde mit aus dem alten Gebäude mitgenommen, der Rest aufwendig improvisiert. Mit Marmor, Holz und Teppich. So regiert man in Kanada. 

    Rund um den Parliament Hill spielt sich gefühlt Ottawas gesamtes Leben ab. Mit all seinen wichtig aussehenden, namensschildbestückten Anzugträgern. Der Rest der Stadt scheint sich mit der Zeit darum gebastelt zu haben. Kantig, modern und grau. Und irgendwie hat sich dabei keine Balance zwischen Alt und Neu gefunden. 

    Trotz des politisch steifen Charmes, den die Stadt versprüht, sind ihre Bewohner freundlich und herzlich. Das hat sich bereits nach den ersten Schritten gezeigt, als wir von unserem Schlafparkplatz mit dem Bus in die Stadt fahren wollten. Verwöhnt davon, dass man hier selbst auf dem Markt mit Karte zahlen kann, sind die Busse hier noch traditionell unterwegs. Man bezahlt beim Fahrer immer bar. Ein Blick ins Portemonnaie und die beschämte Feststellung machte sich breit, dass wir nicht das richtige Wechselgeld dabei hatten. Das war für den gut gelaunten Samariter auf dem Fahrersitz kein Problem. Er hat uns die Tagestickets einfach geschenkt. Eine Geste, die einem sofort den Tag verschönert. Und mit der man sich gleich willkommen fühlt. Auch die Studentin, die uns durch das Parlament geführt hat, war unheimlich freundlich, geduldig und ansteckend begeistert. Eine der wirklich fantastischen Dinge an Kanada ist die Großzügigkeit, mit der man Interessierten entgegen tritt. Alle Führungen in politischen Gebäuden sind kostenlos. In jeder Provinz. Das hat uns auch die Möglichkeit gegeben, hinter die Kulissen von Kanadas höchster juristischer Instanz, dem Supreme Court, zu schmulen. Die Führungen dauern in der Regel eine gut mit Informationen gefüllte halbe Stunde. Und auch die Museen sind an manchen Abenden vom Eintritt befreit. Was auch der Grund ist, warum wir uns von unserem harten Starbucks-Stuhl trennen müssen, um noch einen Abstecher in die National Gallery of Canada zu machen.
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