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  • Day 92

    Phnom Phen

    December 5, 2019 in Cambodia ⋅ ☁️ 27 °C

    Beim Frühstück traf ich den Holländer wieder, wir brachten zusammen unsere Wäsche und je nächste Wäscherei und er entschloss sich, mich ins Genozidmuseum zu begleiten. Wir entschieden uns hinzulaufen und alle Sehenswürdigkeiten auf dem Weg mitzunehmen. Mir gefiel Phnom Penh vom ersten Schritt an. Ab und zu spitzen Kolonialbauten hervor, dazwischen Khmer-Pagoden, es herrscht ein lebhaftes Treiben und das Ganze trotzdem relativ sauber, ohne den Gestank und mit geregelterem Verkehr als in anderen asiatischen Städten. Wir sahen uns ein paar Pagoden an. Bei einer fanden wir den Eingang nicht und sprangen kurzentschlossen über den Zaun. Später bemerkten wir, dass wir so den einen Dollar Eintritt gespart hatten. Vorbei ging es am Ufer des hier riesigen Mekongs zum Royal Palace, der allerdings wegen buddhistischer Zeremonien noch geschlossen war. Der Weg war dann doch schon ganz schön weit und Koen war ziemlich erschöpft als wir ankamen, kann wohl nicht mit meinem Schritttempo mithalten 😜 und das obwohl er Sport studiert hat. Das Genozidmuseum ist im ehemaligen Gefängnis S21, ursprünglich eine Schule, die unter den Khmer Rouge zu einem grausamen Gefängnis mit Folterkammern etc umfunktioniert wurde. 20000 Häftlinge kamen hier unter, bevor sie auf Killing Fields massenexekutiert wurden, nur eine Hand voll überlebte. Insassen waren Lehrer, Intellektuelle, Leute, die eine Fremdsprache beherrschten, Gegner der roten Khmer, reiche Städter...unter ihnen viele Kinder und Frauen! Pol Pot, der Anführer der roten Khmer wollte autarkes, kommunistisches Kambodscha der Bauern schaffen, enteignete alle Kambodschaner, ließ alle Stadtbewohner in ländliche Kommunen umsiedeln, trennte Familien (Kinder durften nur bis 3 Jahren bei der Mutter bleiben), zerstörte Kirchen und Pagoden, verpflichtete alle zu Zwangsarbeit auf den Feldern, um die Reisernte zu verdreifachen. Zunehmend paranoid, ließ er alle umbringen, die ihm gefährlich werden konnten, selbst Mitglieder seiner eigenen Familie, insgesamt 2 Millionen Kambodschaner, ein Viertel der Bevölkerung, und das alles in nur 4 Jahren! Eine weitere Million starb an Hunger, Krankheit und Einsamkeit. Junge, beeinflussbare Kinder bildete er zu seinen Gefolgsleuten aus. Auf zahlreichen Killingfields töteten sie die Opfer mit einfachsten Methoden wie Bambusstäben oder Äxten, Babys zerschlugen sie an Bäumen, Kugeln waren zu teuer. Pol Pot wurde noch jahrelang unter anderem von Deutschland als Staatsoberhaupt anerkannt! Ich finde es erschreckend, wie wenig wir im Westen darüber lernen, ist es doch vergleichbar mit Hitler und dem dritten Reich! Im Gefängnis konnte man die einzigen Zellen und Foltergeräte sehen, mit denen die Insassen gezwungen wurden, Familienangehörige zu beschuldigen und damit zum Tode zu verurteilen. Koen schien die Dramatik nicht ganz zu begreifen, er war etwas desinteressiert und machte Scherze. Daher entschloss ich mich alleine weiter zu den Killing Fields zu fahren. Ich nahm mir ein Tuktuk, die hier überall rumfahren. Ich liebe es! Du sitzt überdacht wie in einer kleinen Kutsche und wirst von einem Moped gezogen. Eine Stunde ging es so durch die Stadt. Die Killing Fields waren noch deprimierender als das Gefängnis. Tausende Menschen wurden einfach in eine Grube geprügelt, mit Gift übergossen, damit die letzten Lebenden starben und der Gestank übertönt wurde, und dann verscharrt. Einige der Massengräber wurden geöffnet, obduziert und die Schädel in einer Gedenkstupa ausgestellt, andere sind noch unverändert und ab und zu spitzen Knochen und Klamotten aus dem Boden. Ein sehr guter Audioguide untermalt das Ganze mit hilfreichen Informationen und herzergreifenden Berichten Überlebender. Ziemlich deprimiert ging es für mich zurück in die Stadt. Ich sah mir noch den Royal Palace an, der inzwischen geöffnet war - eine Gruppe prunkvoller Gebäude, gefüllt mit Kronjuwelen und Buddhastatuen. Dann schlenderte ich noch über den Nachtmarkt und holte mir eine Suppe. Hatte mich eigentlich mit Koen zum Pizzaessen verabredet, aber mein Magen grummelte und ich hatte Durchfall bekommen, deswegen dachte ich eine Suppe wäre sinnvoller. So bin ich immer noch der Linie treu geblieben, kein westliches Essen hier zu essen. Der Durchfall hielt bis am nächsten Morgen an und ich stopfte mich mit Immodium, Kohle- und Hefetabletten voll, um die sechsstündige Busfahrt nach Battambang zu überstehen. Das half ziemlich gut. Ich deckte mich noch am Markt mit frischer, warmer gesüßter Sojamilch, Sojapudding mit Ingwersirup, einem mit Ei gefüllten kleinen Hefekloß, einem Kokosmilch-Bohnen-Dessert und einem Bananenblattüberraschungsei ein (ich weiß, etwas übertrieben, aber ich habe immer Angst auf diesen Busfahrten zu verhungern) und dann ging's los in einem Bus voller Locals. Die Fahrt dauerte wie erwartet zwei Stunden länger, war aber ganz erträglich. Auf dem Weg konnte ich die Architektur der Häuser hier etwas genauer studieren. Viele stehen auf sehr hohen Stelzen, darunter stehen Autos oder Gerümpel. Überhaupt gibt es hier sehr viele Autos, auch sehr große SUVs, während man in Vietnam und Indonesien hauptsächlich Roller sieht. Aber hier gibt es auch sehr viel längere unbewohnte Strecken. Die Bushaltstelle war mal ausnahmsweise direkt neben meinem Hotel, Luxus! Das Hotel ist super sauber und ich habe hier für 4 Euro mein eigenes Zimmer, für Kambodscha echt billig! Im Zimmer angekommen gab's erstmal den Faile des Jahrtausends, ich habe nach über zwei Monaten täglichen Nutzens den PIN meiner Schlösser vergessen, mit denen ich immer meinen Backpack verschließe! Gottseidank war Lisa erreichbar und konnte sie mir sagen...Read more